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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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irritieren. »O Gott, ich
weiß nicht«, sagte Sarah und kletterte unbekümmert die Wand hinauf. »Marco stand auf Autos«, sagte sie. »Ein großes«, schlug sie vor, »mit ganz vielen Blinklichtern.«
    Tabea langte hinauf und streichelte ihre schlanke Wade. Es war lustig, sich manchmal klarzumachen, wie jung sie war. »Ich frage Dorcas«, meinte Tabea. Sie hatte früher einmal für Dorcas’ Schwester gearbeitet, als Bedienstete. »Sie weiß, wie man an so was kommt.«
    Der Lift verfügte über ein funktionierendes Fon. Sie rief Dorcas an. »Hör mal, könntest du mir ein Auto besorgen? Ein großes«, sagte sie und sah ihre Gefährtin an, »und einen Fahrer. Ja. Ja, zur Abwechslung kann mal jemand anderes ans Steuer.«
     
    Sie erreichten die Docks, jenes düstere, verwirrende Labyrinth aus Maschinen und Liegeplätzen, das die untersten Emporen der Station einnahm und an den unansehnlichen Boden eines Schildkrötenpanzers erinnerte. In der Abteilung für Transitreisende drängten die Leute immer noch in die ablegenden Raumfahrzeuge - Leute, die glaubten, noch ein Zuhause zu haben und es unbedingt erreichen wollten. Käpt’n Jute tat sich schwer, sie zu verstehen. Schon als Mädchen hatte sie keine feste Adresse mehr gehabt. Ihr einziges Zuhause war ihr Frachter gewesen, die nach einem gewissen Lewis Carroll benannte Alice Liddell , und die existierte nicht mehr.
    Die Menge hatte sich deutlich gelichtet, stellte Tabea fest. Sie zitierte einen der Abflug-Roboter herbei, ein schlichtes Abfertigungsmodell, gebaut, um warmen Körpern freie Plätze zuzuweisen. Er rollte auf sie zu, seine Antennen rotierten während des Erkennungsprozesses.
    »Dein Bericht«, sagte Tabea.
    »Ausschiffung zu 86,3% erfolgt«, psalmodierte der Roboter.

    »Die müssen raus hier, alle«, sagte Tabea und ließ den Blick über die unglücklichen Gesichter schweifen, das sperrige Gepäck und die ramponierten Souvenirs. »Keiner soll länger als nötig hier herumhängen.«
    »Du führst Selbstgespräche«, sagte Sarah.
    Auch Sarah Zodiak lebte im Dauer-Exil. Sie war ein Flüchtling, einzige Überlebende, und wurde als Mensch angesehen. Nie wollte sie in den Experimentaltrakt von Abraxas zurück, wo die Seraphim sie und ihre unglückseligen Geschwister gezüchtet hatten. Seit sie mit Xtaska dem Cherub und ihrem letzten Bruder Mogul geflohen war, war sie dauernd unterwegs gewesen - mit der kriminellen Varieteeshow von Marco Metz. Sarah hatte keine andere Bleibe als an Tabeas Seite.
    Tabeas Blick fiel durch ein Fenster; in einem separaten Raum tigerte eine haarige blaue Gestalt in der Uniform eines Aufsehers auf und ab, wobei sie mit der Schulter immerzu die Wand streifte.
    »Was soll das?«, fragte sie den Roboter. »Wen habt ihr da?«
    »Er ist mit der letzten Schiffsladung von 000013 gekommen«, sagte der Roboter.
    Sie tastete die Tür auf und ging hinein.
    Der Eladeldi warf sich winselnd vor ihre Füße. »Nein«, sagte sie und trat einen Schritt zurück. »Keine Bullen!«
    Der Roboter summte, suchte in seiner Datenbank.
    Man hatte erst die überlebenden Frasqui ausgesetzt und gleich danach die Polizisten, allesamt. Die Zyklopenhelme hatten böse geflackert, als man die Hüter der suspendierten Gesetze in die Strafkolonie verfrachtet hatte; erleichterte Bewohner und befreite Sträflinge hatten sie verhöhnt und mit Steinen und Schuhen beworfen.
    Mister Spinner war nicht glücklich gewesen über diesen Austausch.
»Meinen Sie nicht, wir hätten schon genug Kriminelle an Bord?«
    Doch Käpt’n Jute war irgendwie durch den Wind gewesen. Oder es hatte an ihrer frühen Karriere als jugendliche Straftäterin gelegen. Jedenfalls hatte sie fröhlich »Nein« gesagt. »Nein, man kann nie genug Kriminelle haben!«
    Und Sarah war ihr beigesprungen. »Kriminelle sind so interessant. Wir waren selber welche«, hatte sie dem versteinerten Ersten Offizier eröffnet, »Marco und Mogul und Xtaska und ich.«
    Tabea hatte sie geküsst und ihren langen, harten Kopf gestreichelt. »Jetzt sind wir alle Kriminelle«, hatte sie gesagt.
    Der Lift brachte sie an den Boden der Docks und entließ sie in einen ohrenbetäubenden Lärm aus Klirren, Kreischen und Donnern. Durch das Hecktor war brauner, vom Flutlicht gebleichter Fels zu sehen: die Oberfläche von Asteroid 000013 im Griff der Traktorstrahlen von Plenty. Dahinter pendelten neugierige Schiffe, erstaunlich viele inzwischen, vor den Sternen hin und her und warteten, dass dieses hässliche Monsterschiff von der

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