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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Vakuum hinzog, das sie hinterließ.
    »SCHON IN ORDNUNG, KÄPT’N«, sagte Alice und begann Käpt’n Jute noch einmal an die Prinzipien der Parallelverarbeitung zu erinnern und daran, dass alles auf dieser grauen Platte, die in der Maschine neben ihrem Sessel steckte, mit fünffacher Redundanz gesichert war und bereits das Erzeugen jener Entität, die diese Worte von sich gab, die Ego-Platte über die Maßen strapaziert hätte.
    »Das heißt, ich kann dich mitnehmen«, sagte Käpt’n Jute.
    »WENN DU UNBEDINGT MÖCHTEST«, meinte das Ego freundlich.
    Käpt’n Jute warf die Ego-Platte aus und ließ sie in die Tasche fallen, wo sie sich zu Sonnenbrille, Steckschlüssel, Reserveschlüpfer und all dem anderen Plunder gesellte. Ohne diese graue Platte, Bergen Seriennummer 5N179476.900, Ego-Name Alice, wäre niemand von uns hier, sagte sich Tabea, um ihre sinnlose Handlung zu rechtfertigen. Ohne 5N179476.900 und eine abgedrehte tiefgekühlte Alte namens Hannah würde Plenty noch um die Erde kreisen; und wir wären Zombies in den Gärten von Charon, weil sich capellanische Larven durch unsere Hirne fräßen.
    Im Foyer bemerkte sie Schriftzüge des Kryo-Unternehmens, das zuvor die Kuppel genutzt hatte:
    Schlaf-der-Gerechten Der Gerechtenschlaf verleiht würdevollen Aufschub.
    »Das kann weg«, ordnete Tabea Jute an.
    Sofort kletterten Leute hinauf, um die Schriftzüge zu entfernen. »Nicht beschädigen!«, schrie ein fettleibiger Mensch mit vorstehenden Zähnen. »So was ist eines Tages wertvoll!«
    Im Lift war ein Schrante, ein bildhübscher Mann mit goldenen Augen und den Gliedern eines Z-Ball-Spielers. Er grüßte mit einer Drehung seines Katzenkopfs. Es waren ziemlich viele an Bord, war ihr aufgefallen. Hoffentlich wurden sie nicht zum Problem. Schranten und Kecks, überlegte sie, verdammter Mist. Womöglich fraßen sie einander. Durfte man sich da einmischen?
    Auf nach Proxima Centauri!
     
    Sarah Zodiak saß in ihrem blauen Seidenpyjama auf Tabeas Bett. Neben ihr stand ein völlig geplündertes Frühstückstablett. Für eine derart dünne Person hatte sie einen Mordsappetit.
    Sarah übte ein paar Tricks. Den Laufmaschentrick, das Dreifarbenproblem und das Froschrätsel. Der Frosch, ein orangefarbener Winzling, saß auf ihrer Handfläche und zirpte kurz, bevor er verschwand. Sarah war traurig. Für den Rest ihres Lebens würde sie jedes Mal, wenn sie das Froschrätsel vorführte, ihren Bruder vermissen. Sie hatten immer zusammen geübt vor einer Show. Jeder war für den anderen ein Spiegel gewesen; und so wirkten sie auch auf andere, denn angezogen hatte man sie nicht unterscheiden können.
    Der letzte Zodiak-Klon rekelte sich auf dem herrlichen Bett. Seufzend produzierte sie den Frosch wieder, dann lenkte sie die Servierdrohne mit der freien Hand ab.

    »Du hast nichts gesehen, hörst du?«
    Die Drohne blinzelte mit zwölf LEDs und zwitscherte fragend.
     
    Käpt’n Jute kam nach Hause, um ihren Mantel zu holen. Sie hatte den langen schwarzen Ledermantel irgendwo aufgelesen, in einem verwaisten Apartment oder nach einer Party. Er war nicht neu, nein, er war sogar ziemlich schäbig. Die Ärmel waren ein bisschen kurz und die Taschen zu klein, um die Hände aufzunehmen. Aber sie mochte ihn und trug ihn überall. Er schlug und flog in der künstlichen Schwere, während sie und ihr magischer Lover die Morgenstern-Straße zu den Zentralliften hinunterrannten. Sarah gewann natürlich.
    Die Liftkabine kroch langsam, aber stetig die riesige, zentrale Kluft hinunter, die Plenty vom Bug bis zum Heck teilte, vom Merkur-Palast ganz oben bis ganz unten zum Dach der Kaverne, in der die Docks lagen. Überall wurde gearbeitet, Leute aller Spezies schufteten im Schweiße ihres Angesichts oder dirigierten Maschinen. Tote Bereiche ohne Luft und Strom hatte man bereits mit Zement oder Polyfilmgeneratoren versiegelt. In den Straßentunneln wurde die Vegetation zurückgeschnitten und die schlimmsten Schäden behoben, die entstanden waren, als die Station sich plötzlich aus dem Orbit losgerissen hatte.
    Je tiefer sie kamen, umso heißer schien es zu werden. Tabea presste die Akrobatin gegen die Kabinenwand und küsste sie inbrünstig. »Ich sollte ein Auto haben«, sagte sie.
    Sarah bog selbstgefällig den Hals zurück. »Du bist der Käpt’n«, meinte sie. »Du solltest eine ganze Flotte von Autos haben.«
    »Ja, ich sollte in der Tat«, sagte Tabea. »Und was meinst du, was ich haben sollte?«
    Die Frage schien ihre Gefährtin zu

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