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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Bildfläche verschwand.
    »Alle einchecken, die an Land wollen«, dröhnten die Abflug-Roboter.
     
    In einer VIP-Suite, abgeschieden vom Tumult der Transithalle, bereiteten sich die letzten Mafiosi, Offworld-Steuerschamanen und zwielichtigen Datenchirurgen darauf vor, die schattige Orbitalstation zu verlassen, in der sie sich so gut eingerichtet hatten. Fachberater trafen verdeckte und schweißtreibende Vereinbarungen, bei denen es um Überlebensanzüge und Bewaffnung ging, derweil ihre Assistentinnen hin und her eilten, um ihnen Plätze auf dem letzten Kaledonischen Blitz zu sichern.

    In der Ecke abseits von dieser Geschäftigkeit stand ein männlicher Mensch in maßgeschneidertem Grau, schick, aber schlicht, und verfolgte alles durch eine randlose Brille. Er hatte als Einziger kein Gepäck und auch sonst nichts dabei, auch zeigte er keine sichtbaren Anzeichen von Panik; seine Assistentin, wenn sie denn eine war, kauerte angeleint neben ihm am Boden.
    Eine bis aufs Skelett abgemagerte Frau packte ihn beim Arm. »Henderson, du bleibst nicht?« Ihre Augen waren riesengroß, Basedowaugen, üppig mit Schwarz umrandet.
    Der Mann namens Henderson nickte kurz.
    »Du bist verrückt«, sagte sie. »Ich habe immer gewusst, dass du verrückt bist.«
    Der Mann hob unbekümmert das Kinn.
    Jemand rief, die Frau stieß einen spitzen Schrei aus und verschwand wieder im Gedränge, man hörte sie Anweisungen rufen.
    Der Mann sah weiter zu und streichelte seine Begleiterin.
    Eine vespanische Frau, eine Waffenhändlerin, massig wie ein Rhinozeros, schwankte auf ihn zu. »Kersch«, polterte sie. »Meins du, dies Gegend kann wirklich fliege?«
    »Hat sie bis jetzt ganz ordentlich gemacht«, sagte Henderson, der jetzt Kersch genannt wurde.
    Sie musterte ihn, schnaufte und verdrehte die Scheinaugen. »Kersch, du bis schon weg!«, erklärte sie, warf sich herum und schaukelte von dannen, schlug sich an die wulstige Stirn und furzte in munterer Empörung aus mehreren Gasblasen gleichzeitig.
    Ein gelber männlicher Mensch hätte den Mann in Grau fast umgerannt, die Faust voller Jetons. Als er den Mann erkannte, zeigte er alle Anzeichen von Panik und erstarrte in einer Haltung äußerster Vorsicht. »Nick!«, sagte er in einem Tonfall, der
vor Gewalt warnte. »Du bekommst dein Geld! Sobald man uns an Bord nimmt, Nick, ich verspreche es!« Seine Hand hatte automatisch versucht, die Jetons nach und nach in die Tasche seiner orange gefütterten Sportjacke zu schieben.
    Der Mann, den man erst Henderson, dann Kersch und jetzt Nick genannt hatte, lächelte angesichts des verräterischen Benehmens seines Gegenübers und winkte ab. »Behalte es«, sagte er. »Lege es für mich an.«
    Dem gelben Mann blieb der Mund offen stehen. Er war so erschrocken, dass er sein Drohen, Überreden, ja, seine Panik vergaß. »Du gehst ?«, fragte er. »Mit dieser Frau?«
    Die Frau an der Leine reagierte nicht. Sie wusste, dass sie nicht gemeint war.
    Der gelbe Mann war so erschrocken, dass er zu lachen begann. Es war ein spöttisches Lachen, das mit Juwelen besetzte Zähne entblößte. »Nick, du bist wirklich ein verrückter Kerl!«
    Der Mann zuckte mit den Schultern. Er wirkte beinahe selbstzufrieden. Die nüchterne rote Krawatte und das saubere weiße Hemd glänzten im sanften Licht der Biofluoreszenzröhren. Der Pilot im Kaledonischen Blitz meldete eine Verzögerung des Abflugs, er klang erschöpft und mürrisch. Die Waffenhändlerin war steckengeblieben, in der Passagierbrücke.
     
    Mit einem Ruck, als ob sich zwei Riesenmagnete plötzlich abstoßen, wurde der Asteroid losgelassen. Unmerklich setzte sich das exotische Schiff in Bewegung. Als es Fahrt aufnahm, begannen die Sterne von den Rändern der Docköffnung zur Mitte zu driften.
    Zwanzig subjektive Minuten später erklang das Horn. Zur selben Zeit piepste es an Tabeas Handgelenk: ein Anruf vom Hecktor.

    »Hier Käpt’n Jute«, sagte sie. »Was gibt es?«
    »Eine Freimacher-Charisma, Käpt’n«, antwortete der Beobachter. »Kommt ziemlich schnell rein.«
    Käpt’n Jute pfiff einen Hoverjeep heran, der sie und Sarah zum Ausguck brachte. Tabea stand auf, lehnte sich an die Windschutzscheibe und blickte über die geschwärzte Landerampe und durch den hauchdünnen Energievorhang. Man konnte das einlaufende Fahrzeug schon mit bloßem Auge sehen, ein schwarzer Schemen vor schwarzem Hintergrund. Es raste auf sie zu.
    »Was zum...?«
    »Identifizieren«, plärrte das Sicherheitssystem.

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