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Sonntags bei Tiffany

Sonntags bei Tiffany

Titel: Sonntags bei Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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schien. Der Gedanke, dass mich Michael lieben und trotzdem verlassen würde, war mir nie in den Sinn gekommen. Ich wusste nicht, ob ich mir Sorgen machen oder wütend sein sollte oder ob mir das Herz gebrochen war.
    Â»Michael«, flüsterte ich ins leere Zimmer. »Michael, wie konntest du nur? Liebst du mich nicht? Du warst der einzige Mensch, der es getan hat …« O Gott, das war’s,
was er mir hatte sagen wollen, oder? Der Grund, warum er nicht mehr hatte schlafen können.
    Er hatte mich wegen eines anderen Kindes verlassen. Er war für jemand anderes der imaginäre Freund.
    Wie eine Wahnsinnige rannte ich durch die beiden Zimmer. Alles von ihm war weg, auch seine Reisetasche. Ich riss Schubladen und Schranktüren auf – nichts drin, was Michael gehörte. Kein Anzeichen, dass er hier gewesen war.
    Ich blickte aus dem Fenster. Der Tag war strahlend schön wie alle anderen auch, die wir in Nantucket verbracht hatten. Ein perfekter Tag, um eine Radtour zu machen und Trödel zu kaufen, bei Ozzie und Ed zu Mittag zu essen und mit jemandem zusammen zu sein, den man mehr liebte als das Leben.
    Â»O Michael«, sagte ich, »wie konntest du mich nur allein lassen? Zum zweiten Mal?«
    Diesmal würde ich ihn nicht vergessen, weil ich ihm nie würde verzeihen können – dafür, dass er mir zweimal mein Herz gebrochen hatte.

EINUNDSIEBZIG
    M änner sind Schweine! Selbst die imaginären.
    Als ich am selben Tag in New York eintraf, fühlte ich mich in meiner eigenen Wohnung wie eine Fremde. Alles sah aus, als gehörte es nicht mir, sondern jemand anderem. Waren dies meine Möbel? Hatte ich die Bilder an den Wänden ausgewählt? Wer hat sich für diese Vorhänge entschieden? Ach, Moment. Es gab einen Grund, warum die Wohnung mir fremd vorkam, als stünde ich zum Beispiel in Viviennes Wohnung.
    Und wer ist das dort im Flurspiegel? Es waren nicht nur die dunklen Schatten unter meinen Augen, die mich zweifeln ließen. Ich war so dünn!
    Ich schleppte mein Reisebündel ins Schlafzimmer und setzte mich aufs Bett. Mein getrübter Blick glitt zum Nachttischchen. Die beiden Gardenien, die ich von Michael bekommen hatte, waren weg. Meine Putzfrau musste die verwelkten Blumen fortgeworfen haben.
    Neue Tränen traten in meine Augen – und ich hatte gedacht, ich hätte mir bereits die Seele aus dem Leib geheult.
    Ach, da ist noch so einiges möglich, Jane-Herzchen!
    Plötzlich wurde mir speiübel. Mein Magen verkrampfte sich, und ein brennendes Gefühl breitete sich aus. Ich
schaffte es gerade noch ins Bad, wo ich mich vor die Toilette kniete und die leckeren Muscheln aus Nantucket von mir gab.
    Als die Welle schließlich abebbte und ich mein Gesicht wusch, zitterten meine Hände noch immer. Ich war blass und etwas grün im Gesicht. Lebensmittelvergiftung, genau das, was ich brauchte.
    Als ich mich einigermaßen erholt hatte, hörte ich meine Nachrichten entgegen jeglicher Hoffnung ab, Michael könnte angerufen und eine Erklärung hinterlassen haben. Aber die erste Nachricht stammte natürlich von meiner Mutter. »Jane-Herzchen, ich mache mir Sorgen um dich. Ernsthafte Sorgen. Bitte ruf mich an. Mich, deine Mutter.«
    Und tatsächlich hatte ich plötzlich das Bedürfnis, Vivienne anzurufen, auch wenn sie wegen meines Verschwindens einen Schlaganfall bekommen würde. Eigentlich war ich überrascht – das meine ich auch so -, dass sie mir keinen Detektiv auf den Hals gehetzt hat.
    Ich tippte die Kurzwahltaste für Viviennes Nummer. Es meldete sich keiner ihrer beiden Hausangestellten, sondern nur der Anrufbeantworter.
    Â»Hier ist der Anschluss von Vivienne Margaux …«
    Während ich ihrer Ansage lauschte, überlegte ich, was ich sagen wollte. Dann piepste es.
    Doch auf einmal brach ich innerlich zusammen, und meine wohl überlegten Worte wurden über Bord geworfen.
    Â»Mama, ich bin’s, Jane. Hör zu. Michael hat mich verlassen. Bitte ruf mich an. Ich liebe dich.«

    Im Moment brauchte ich unbedingt einen Kuss von meiner Mutter. Mehr als je zuvor in meinem Leben.
    Danach brachte ich kein Wort mehr heraus, also drückte ich die Austaste und legte das Telefon aufs Bett. Wieder begann ich zu schluchzen, aber auch zu husten, und mein Herz tat mir weh.
    Die nächste Welle der Übelkeit ließ sich nicht unterdrücken. Ich stolperte ins Bad und übergab mich. Die Übelkeit

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