Sophies Kurs
Einsätze und übermittelt Nachrichten und Botschaften. Als Meister der Zunft schließlich kommt er, um zwischen den Reisen auszuruhen und einen Humpen oder zwei zu trinken, um den Gürtel zu lockern, den Kragenknopf zu öffnen und Sorgen und Nöte seiner Berufung von den Schultern gleiten zu lassen. Im Saloon und den privaten Speiseräumen kann er die Gesellschaft von Freunden und Kollegen suchen. Ein großer Teil des Geschäftlichen wird an der Bar und auf der Veranda abgewickelt. Das schöne Geschlecht hat keinen Zutritt, nicht zur Gilde und nicht zu ihrem Heiligtum: weder die Frauen selbst noch Unterhaltungen über Frauen – obwohl diese alte Regel tagtäglich mißachtet wird.
Auf diese Weise hat jeder Pilot im System Gelegenheit, sich im Aeryie zu präsentieren. Ein paar leben praktisch hier. In dem kühlen, geräumigen Foyer stehen, vor der Sonne geschützt, großzügig bemessene Ottomanen, wo man sich als Mitglied nur hinzusetzen und zu warten braucht, bis jeder, den man sehen möchte, irgendwann über den gelben Teppich herbeischlendert. Und genau da finden wir Captain Arthur Thrace von der
Unco Stratagem.
Er sitzt da und beobachtet das Treiben ringsum.
Heute sind mehr Müßiggänger anwesend als gewöhnlich, lesen Zeitung oder tratschen vor den Anschlagtafeln. Gestern abend hat Habbakuk aus dem Unteren Nordwesten die Silbermedaille der Gildenmeister verliehen bekommen, und es herrschte allgemein eine ausgelassene Stimmung. Mr. Habbakuk hatte es nicht geschafft, einen Krug Bier mit einem Zug zu leeren, und das Porträt des Hochmeisters war aus einem Soda-Siphon besprüht und völlig durchnäßt worden. Jetzt noch sind die Sklaven bei den Aufräum-und Reinigungsarbeiten. Der Hochmeister Lord Lychworthy, 28. Earl von Io, war bei der Zeremonie nicht persönlich anwesend. Sein Emissär Mr. Cox nahm sie stellvertretend für ihn vor. Seine Lordschaft ist nur selten hier, aber Captain Thrace entdeckt trotzdem einen passenden Repräsentanten der Erhabenen und Ehrenwerten: Commodore Delauney redet auf einen Träger ein, hält ihn zweifellos dazu an, ein Auge auf seinen Sohn zu haben; der Sarkar von Neu-Borneo nickt respektvoll, während er an den alten Raumfahrern mit ihren grimmigen, hageren Gesichtern vorbeigeht, die natürlich die besten Plätze an der Bar belegt haben. Schon ihr bloßer Anblick macht klar, daß diese narbengezeichneten alten Männer jeden Inch des Flux kennen; ihre Knochen sind vom ständigen Wehen des Solarwindes ausgehöhlt.
Um sie herum sammeln sich wie immer die Kerle mit den Halstüchern, die blassen, gewöhnlichen Inhaber der muffigen Innenräume des Aeryie. Schwerfällig und mundfaul, lümmeln sie den ganzen Tag in den niedrigen Armsesseln und trinken Scotch und Soda. Dabei tragen sie ihre purpurnen Augenblenden, ohne je die Sonne zu sehen, wie sie wirklich ist. Schaut doch nur, da kommt dieser Ophiq-Steward mit dem Durchschlag-Heft in seiner großen Faust, um mit einem von ihnen über eine ausstehende Rechnung zu sprechen. Und dort drüben, in der Halle bei der Treppe – habt ihr den weißen Satinmatel aufschimmern sehen? Das ist ein Sternenmann auf seinem Weg nach oben zum Gebet. Eine ganze Etage im Ostflügel ist den Meditationsräumen vorbehalten – jeder mit seinem einzelnen weißen Chrysanthemum oder der kleinen gehämmerten Kupferschale. Sternenmänner sind bis auf die Knochen Asketen, begeisterte Verehrer der Inneren Arkana des Mysteriums. Sie sind die reinherzigsten Ritter des Raums und mißbilligen bei ihren bescheideneren Brüdern das Desinteresse an irgendwelchen spirituellen Läuterungen. Die Sternenmänner glauben, die innige Hingabe der Subsolar-Piloten an die physische Welt sei es, die sie in den Untiefen des Raums herumpaddeln ließe.
Und doch hat diese schlanke Gestalt im weißen Cape, die so leichtfüßig nach oben entschwebt, mehr mit den Spöttern und Faulpelzen hier unten gemein, als ihr lieb ist. Alle sind sie Romantiker, die Weltenspringer wie die Sternenmänner. Alle Piloten sind Romantiker. Diese Männer mit ihren Canopan-Zigarren oder ihren Zen-Sitzungen – sie alle werden in den nächsten drei Tagen verschwunden sein. Dann müßt ihr schon unterhalb von Ceres nach ihnen Ausschau halten, draußen, auf ihren Wegen in die unendliche Weite. Dann werdet ihr sie erleben, wie sie wirklich sind, in vollem Ornat auf der Brücke irgendeines Sechsmasters stehend. Wenn sie ihre goldbetreßten Mützen über den Augenbrauen zurechtrücken und ihr geistiges Auge auf
Weitere Kostenlose Bücher