Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)
zumindest. Außerdem parkt da immer so ein Auto vor unserem Haus. Um ehrlich zu sein, mich macht es auch ziemlich nervös.«
Es ist eine absurde Vorstellung: Detektive, die Tim von der Bibliothek zum Supermarkt an der Ecke und von dort zu dem schmierigen Café folgen, das er Starbucks immer vorgezogen hat. Die müssen sich doch zu Tode langweilen. Es sei denn, ich habe mich in ihm getäuscht und in Wirklichkeit foltert er den ganzen Tag lang Tauben und bereitet sich auf den nächsten Mord vor.
»Mein Gott.«
»Das muss gerade ein ziemlicher Schock sein, nach allem, was du durchgemacht hast.« Seine Stimme klingt so freundlich.
»Ein bisschen schon, ja.« Mir fällt wieder ein, was Sahara gesagt hat – dass die beiden sich wegen Tim streiten. »Glaubst du, dass er es getan hat, Adrian?«
Pause.
Um mich herum huschen die letzten Schüler ins Gebäude, unter dem wachsamen Blick der stellvertretenden Direktorin, die immer besonders scharf auf ein paar neue Namen für ihre Zuspätkommerliste ist, damit sie den Betreffenden eine Woche Schulhofdienst aufbrummen kann.
Adrian seufzt. »Ich würde sagen, ich bin zu neunundneunzig Prozent davon überzeugt, dass er unschuldig ist, sonst würde ich wohl kaum noch mit ihm zusammenwohnen wollen.« Er versucht zu lachen. »Da war ich allerdings auch der Einzige. Aber die Vorteile sind, dass er gut kocht und immer schön das Klo putzt. Putzen Mörder vielleicht das Klo?«
Ich ringe mir ein Lachen ab, frage mich aber insgeheim, wie Tim damit klarkommt, plötzlich so berüchtigt zu sein. Er hat nie gern im Mittelpunkt gestanden. »Und was ist mit dem einen Prozent? Dem Teil von dir, der sich nicht so sicher ist?«
»Die Sache ist die, Alice. Seit deine Schwester gestorben ist, bin ich mir bei nichts und niemandem mehr hundertprozentig sicher. Auch bei guten Freunden nicht.«
»Ich weiß genau, wie das ist.«
»Das kann ich mir vorstellen. Also, habe ich das Richtige getan? Das Letzte, was ich will, ist, dir noch mehr Kummer zu bereiten.«
»Ja, ja, auf jeden Fall. Danke. Ich will ihn definitiv sehen, also wie gehen wir jetzt weiter vor?«
»Er muss schauen, wann er sich sicher fühlt. Ich schicke dir dann eine SMS; er glaubt nämlich, dass sie auch sein Telefon anzapfen.«
»Dürfen die so was denn überhaupt?«
»Ich schätze mal, alles ist in Ordnung, solange sie meinen, dass es dabei hilft, Meggies Mörder zu fassen.«
Ich nicke gedankenverloren. »Kann sein. Dann meldet er sich bald, ja?«
»Ich rede mit ihm. Ich glaube, er hat ganz schön Bammel davor, dich zu treffen.«
»Vielen Dank, Adrian, dass du das für mich machst. Sag ihm … sag ihm, ich will nur die Wahrheit wissen.«
»Das wollen wir doch alle, Alice. Bis dann.«
Er legt auf und ich starre auf mein Handy, bis ich ein missbilligendes Schnauben höre und sehe, wie die stellvertretende Direktorin auf mich zukommt. »Nur weil du jetzt in der Oberstufe bist, heißt das noch lange nicht, dass du vom Schulhofdienst ausgeschlossen bist, Alice. Ich zähle bis drei, dann bist du drin. Eins …«
Ich sause durch das Tor, auch wenn mir der Schulhofdienst oder ein Eintrag ins Klassenbuch herzlich egal sind. Als ich vor Mr Bryants Klasse ankomme, warten alle anderen auch noch auf dem Flur, weil er anscheinend selbst spät dran ist.
Ellie stellt sich neben mich. »Na, hast du Samstag schon was vor?«
Ich starre sie ungläubig an. Außer Cara will niemand mehr etwas mit mir unternehmen und selbst sie ist kurz davor aufzugeben. Wahrscheinlich ist am Samstag irgendwo so eine blöde Facebook-Party, zu der sie mich einladen wollen, quasi als Sozialfall. Oder als Freakshow.
»Ich mache mir ’nen ruhigen Abend zu Hause, wie immer«, antworte ich und bete, dass Mr Bryant bald auftaucht. Als er es endlich tut, stoße ich einen erleichterten Seufzer aus, während er beim Kramen nach dem Schlüssel einen Stapel Papier fallen lässt.
Die anderen glotzen mich an, als wäre ich eine Außerirdische. Nur, weil ich keine Lust habe, mich mit ihnen zu besaufen und dann die Annäherungsversuche unbeholfener Typen von der Jungenschule oder der verschwitzten großen Brüder meiner Klassenkameradinnen abwehren zu müssen.
Ich finde wirklich nicht, dass ich hier der Freak bin.
44
Als ich nach Hause komme, parken zwei dunkle Kombis in unserer Auffahrt. Wahrscheinlich hat Mum mal wieder ein paar von ihren Trauerkameraden eingeladen.
Ich ziehe meine Schuhe schon draußen im Windfang aus, in der Hoffnung, mich unbemerkt
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