Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)
dass ich den armen Jungen gefälligst in Ruhe lassen soll, weil ich mich so nur zum Affen mache. Wenn es um meine Gefühle für jemanden geht, bin ich selbst leider meist die Letzte, bei der der Groschen fällt.
Wir gehen immer weiter, bis sich das ewige Geplapper am Strand zu einem Flüstern senkt und sich vor uns nur noch leerer Sand erstreckt. Hier wirkt der Soul Beach irgendwie weniger echt, so als hätte der Schöpfer dieses Orts am Ende keine Ideen oder keine Zeit mehr gehabt und die Farben und Formen nur noch grob skizziert. Als ich nach unten sehe, sind keine einzelnen Sandkörnchen mehr zu erkennen, und der Schaum auf den Wellen stockt immer wieder und wirkt pixelig, wie ein Videospiel, das auf einem alten Computer nicht richtig läuft.
»Das dürfte reichen«, sagt Meggie. Sie setzt sich unter eine verschwommene Palme und ich nehme neben ihr Platz.
»Worum geht’s denn?« Vielleicht ist es ja gar nicht Danny. Vielleicht will sie nur wissen, ob ich schon in Greenwich war und Tim ein Geständnis entlocken konnte.
Sie seufzt. »Um Triti. Ihr geht’s echt mies.«
»Triti?« Ich denke an das letzte Mal, als ich sie gesehen habe, so unglaublich einsam inmitten all der Fröhlichkeit. »Was ist passiert?«
»Sie macht andauernd … solche Sachen. Wie mit dem Kopf voran vom großen Felsen springen, auch wenn sie natürlich nie ertrinkt. Sie hat sogar versucht, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Ich meine, es blutet zwar, aber die Haut verheilt innerhalb von Sekunden, und trotzdem tut sie es immer wieder, als würde sie es irgendwann schaffen, wenn sie es nur oft genug probiert.«
Das Geräusch der Wellen klingt plötzlich wie ein hastig schlagender Puls. »Aber das wird sie doch nicht, oder?«
Meggie erschaudert. »Nein. Aber das Problem ist, dass sie damit andere Leute völlig fertigmacht. Diejenigen, die wirklich ertrunken sind, die sich wirklich die Pulsadern aufgeschnitten haben. Es ist, als würde sie ihnen immer wieder vorspielen, was sie sich angetan haben. Das ist einfach nicht fair.«
Ich höre die Wut in ihrer Stimme. Ist sie wütend auf die arme Triti oder eher frustriert, weil sie genau weiß, dass sie im selben Boot sitzt?
»Ich weiß, Meggie.«
Sie starrt mich an und ihre Augen sind blauer und realer als alles andere am Strand. »Du kannst ihr helfen.«
Ich nicke. »Das will ich ja. Wirklich.« Aber wieso sollte ausgerechnet ich das können, wenn mich schon eine dämliche Schwärmerei in eine stammelnde Idiotin verwandelt? Ich traue mir doch nicht mal zu, einer alten Frau über die Straße zu helfen, von diesem ganzen Kram, bei dem es um Leben und Tod geht, mal ganz zu schweigen.
Und doch ist es, wie Danny gesagt hat: Möglicherweise bin ich die Einzige, die überhaupt eine Chance hat.
»Na ja, könntest du dann vielleicht versuchen, dich ein bisschen zu beeilen, Florrie? Das hier ist echt wichtig. Sie muss weg von diesem verdammten Strand, nicht nur um ihret-, sondern auch um unseretwillen.« Sie hat denselben Kommandoton drauf wie damals, als sie mir befohlen hat, mit dem Nägelkauen aufzuhören, weil kein Junge sich für ein Mädchen interessiert, das dauernd an sich rumnagt.
»Ich bin dran«, sage ich, fest entschlossen, sofort mit dem Fall weiterzumachen, wenn ich mich vom Strand auslogge. Schließlich würde auch meine Schwester davon profitieren, wenn ich Triti helfe. »Ich hab versucht, sie im Internet zu finden, aber da gab’s nichts. Es ist, als hätte sie gar nicht existiert.« Einen Moment lang wirkt es, als wollte Meggie mir eine weitere Standpauke halten. Dann aber passiert etwas viel Schlimmeres: Sie läuft rot an, so dunkel wie vergossenes Blut, vom Haaransatz bis zur Brust. Sogar ihre Augen verfärben sich purpurn.
Wie beim letzten Mal.
»Meggie? Meggie, was ist los?«
Und dann – es kann nur ein paar Sekunden gedauert haben, obwohl es mir vorkommt wie Stunden – blinzelt sie und die Farbe verblasst wieder, bis nur noch ihre übliche makellose Bräune und der schwache Versuch eines Lächelns übrig sind.
»Entschuldige, Florrie. Ich hatte gerade das Gefühl …«
»Lebendig begraben zu werden?«
Sie starrt mich an und nickt schließlich. »Ich … bitte sag so was nicht. Ich will nicht darüber nachdenken.«
»Tut mir leid.«
»Nein, nein, du kannst ja nichts dafür. Ich bin nur … egal, wir haben über Triti geredet. Ich vertraue dir, Schwesterherz. Du schaffst das schon. Also bitte, versuch es weiter. Tu es für sie. Und für uns alle.«
Ich verfluche
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