Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)
Sachen auf, die mir am wichtigsten sind: das flauschige, hässliche Schlüsselanhängerpüppchen, das meine Mutter als kleines Mädchen hatte, das Medaillon mit einer Locke meines Babyhaars. Meggies goldenen Ring. Dazwischen liegt ein neuerer Schatz auf dem abgewetzten rosa Samt: der Schlüssel zu Meggies Zimmer. Ich nehme ihn heraus und lege ihn auf meine Handfläche.
Unzählige Fragen schwirren durch meinen Kopf: Wer hat Meggie getötet, warum ist Triti am Strand, bin ich in Danny verliebt? Und wenn ja, bedeutet das, dass ich jetzt komplett durchgeknallt bin?
Zuerst hat sich der Schlüssel eiskalt angefühlt, jetzt aber ist er heiß. Glühend heiß.
So heiß, dass ich ihn fallen lasse und anschließend den Teppich danach absuchen muss. Ich taste unter dem Bett herum, aber ich finde ihn nicht. Schließlich legen sich meine Finger um etwas anderes. Etwas, von dem ich sicher war, es weggeworfen zu haben.
Lewis’ Visitenkarte mit ihrer teuren, leicht samtigen Textur und der auf die Rückseite gekritzelten Nachricht.
Ruf mich an, jederzeit. Ich weiß, ich könnte dir helfen. L.
Ach ja, meinst du, du Nerd? Tja, vielleicht bist du tatsächlich meine letzte Hoffnung.
Appetit ist so ein trivial klingendes Wort und doch bestimmt es unser gesamtes Leben.
Hunger ist besser. Nur weil Meggie nicht mehr hier ist, bedeutet das nicht, dass ich mich nicht mehr nach ihr verzehre.
Vielleicht habe ich überstürzt gehandelt, aber damals hatte ich das Gefühl, keine Alternative zu haben.
In letzter Zeit kommt mir immer öfter der Gedanke, dass es einen Weg geben könnte, wieder glücklich zu werden. Vielleicht war Alice von Anfang an die bessere Schwester.
Intelligenter. Loyaler … Empfänglicher.
Nach einer Zeit des Fastens ist mein Appetit schließlich zurückgekehrt. Wenn es mir diesmal gelingt, ihn zu zähmen, meine extremsten Bedürfnisse zu beherrschen, dann kann ich den Höhepunkt des Mahls vielleicht umso mehr genießen.
46
Lewis könnte wenigstens so tun, als wäre er überrascht, als ich ihn anrufe.
»Hast du es dir anders überlegt, Alice? Dachte ich’s mir doch.«
»Tja, so berechenbar bin ich also?«
»Na ja, so wie ich das sehe, hast du keine andere Wahl.«
»Genau, ich würde mich nicht melden, wenn ich nicht am Rande der Verzweiflung wäre.«
»Also sind wir wohl so was wie ein Traumpaar, denn ich helfe dir schließlich nur, um einem Kumpel einen Gefallen zu tun.«
»Na, dann ist ja wohl alles klar, Lewis.«
»Wie Kloßbrühe, Alice.«
Er kommt am Nachmittag zu mir, bevor im Fernsehen die Hommage für Meggie gesendet wird. Ich schätze mal, sein Kalender ist nicht gerade vollgepackt mit sozialen Verpflichtungen.
Mum ist so begeistert darüber, mich mit einem Jungen zu sehen – was für sie wahrscheinlich meine Rückkehr zur Normalität oder so was symbolisiert –, dass sie uns allein in mein Zimmer gehen lässt und uns sogar zwei Sorten teure belgische Schokoladenkekse mitgibt.
Ich setze mich aufs Bett und er nimmt mit meinem rosa Schreibtischstuhl vorlieb, auch wenn der viel zu klein für ihn ist.
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Er hat sich etwas schicker gemacht als sonst, wahrscheinlich meiner Eltern wegen: Er trägt eine sauberere Ausführung derselben Sneakers wie beim letzten Mal und hat sogar versucht, sein wild zu Berge stehendes Haar ein wenig zu glätten. Scheint, als wäre ihm genauso unbehaglich zumute wie mir. Sicher ist er nicht oft in irgendwelchen Mädchenzimmern zu Gast. Ach, vermutlich interessiert er sich sowieso für nichts, auf dem man nicht World of Warcraft spielen kann.
»Nettes Teil«, sagt er und nickt in Richtung meines Laptops. »Der hat ’ne richtig gute Grafikkarte. Hätte dich nicht für eine Gamerin gehalten.«
Tja, du weißt eben nicht alles, mein Bester. Ich liebe die virtuellen Welten, in denen ich mich rumtreibe, sogar so sehr, dass ich mich in einen Typen verknallt habe, der überhaupt nicht existieren kann. »Ich hab ihn bloß wegen der Glitzertastatur genommen«, erkläre ich.
Was gelogen ist. In Wahrheit habe ich mich nach gründlicher Recherche für dieses Modell entschieden, weil ich eben manchmal auch ein ganz schöner Nerd sein kann, aber das werde ich ihm bestimmt nicht auf die Nase binden.
Er zieht die Augenbrauen hoch, als wollte er sagen: Mädchen wie du sollten solche Laptops gar nicht besitzen dürfen. Aber dann bemerkt er stattdessen: »Wenn du die Stirn runzelst, siehst du deiner Schwester ziemlich ähnlich.«
Die Atmosphäre im
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