SOULMATE (German Edition)
seinen Wangen auftauchen.
»Und das ist Valerie! Meine einzig wahre Liebe.« Patrick gab mir in seiner typisch theatralischen Art einen schmatzenden Handkuss und machte scherzend einen auf galanten Gentleman.
»Hi«, sagte Finn. »Patrick glaubt, dass du außer Louise die einzige Person bist, die ihm eine Niere spenden würde.«
Er sprach mit einem kaum merklichen amerikanischen Akzent, aber dafür war seine Stimme absolut Gänsehaut tauglich, nämlich tief und samtig und erinnerte mich an eine schöne Synchronstimme.
Meine Aufregung wuchs ins Unermessliche. Ich war wohl doch zu lange allein , schoss es mir durch den Kopf.
»Was, dem soll ich meine Niere spenden?«, versuchte ich zu scherzen und bemerkte im selben Moment, dass Patrick, der Fuchs, bereits alles gecheckt hatte. Er sah mich mit seinem breiten, dreckigen Grinsen an und nickte wissend.
Dann ging allgemeines Geschrei los, alles umarmte und küsste sich, Sektkorken knallten, ganz offensichtlich hatte das neue Jahr begonnen. Patrick, Louise, Lenny, Kai und Samantha und ich wünschten uns in unserer gewohnt schwer handgreiflichen Art ein frohes neues Jahr, viel Glück und das Ganze.
Finn sah uns amüsiert zu, wurde dann ebenso mit Umarmungen von Patrick und Lenny attackiert, was er schmunzelnd über sich ergehen ließ. Kai und Samantha mischten sich unter die Gruppe von Leuten, die nach draußen gehen und dem Feuerwerk zusehen wollten. Patrick, Louise und Lenny aber lösten sich zu meiner Verwunderung so ganz plötzlich in Luft auf.
Folglich stand ich mit Finn alleine da und konnte meine extreme Nervosität nicht begreifen. Meine schwer antrainierte Coolness - in Berlin eine überlebensnotwendige Eigenschaft - ließ mich gnadenlos im Stich. Ich fühlte mich … paradox! Genau so!
»Also, frohes, neues Jahr«, sagte ich schüchtern wie ein Landei.
»Yeah, frohes, neues Jahr und viel Glück für die Zukunft«, antwortete er.
Wir schnappten uns eine Sektflasche, die rumging und tranken gemeinsam »… auf unsere Bekanntschaft ... das Leben … und natürlich den Weltfrieden …« und mussten sehr darüber lachen, was die Situation für mich ein klein wenig erträglicher machte.
»Wo hast du so gut Deutsch gelernt?«, fragte ich ihn anschließend und biss mir im selben Augenblick auf die Lippen. Es war eine blöde Frage, weil er sie bestimmt dauernd zu hören bekam.
»So gut spreche ich eigentlich nicht«, behauptete er.
»Find ich schon«, säuselte ich.
Er senkte kurz den Blick, bevor er mich schief lächelnd wieder ansah.
»Findest du, ja?«
»Mhm.« Oh je, ich fühlte mich elektrisiert und kam mir vor wie vierzehn.
Ich erfuhr, dass sich seine Eltern in Berlin kennengelernt hatten und ein paar Jahre später nach New York übergesiedelt waren, als Finn drei Jahre alt war. Sein Vater arbeitete als freiberuflicher Studiomusiker und privater Musiklehrer, soviel ich verstanden hatte. Was er in knappen Sätzen über seine Mutter zu sagen hatte, entging mir leider im aufgeregten Stimmengewirr und im Dickicht der lauten Musik um uns herum - die ‚Foo Fighters‘ legten sich gerade mit »Pretender« mächtig ins Zeug. Lediglich, dass sie eine Deutsche, eine gebürtige Berlinerin, sei, bekam ich noch mit.
Ganz unmerklich stellte ich mich ein wenig näher zu ihm, so viel Mut konnte ich doch noch aufbringen, außerdem half der Sekt ganz gut, etwas lockerer zu werden.
Er hatte zum Unmut seiner Eltern - sie drehten ihm gnadenlos den Geldhahn zu - Literatur und Philosophie studiert, anstatt, wie sie es sich gewünscht hätten, einen zukunftssicheren, vernünftigen Beruf zu erlernen. Nach dem College hatte er entschieden, nur freiberufliche Jobs anzunehmen, um unabhängig zu bleiben und eine Weile durch Europa zu reisen, war in Spanien, Frankreich und Irland gewesen und schließlich einige Monate in London und jetzt in Berlin hängengeblieben. Ab und zu verkaufte er journalistische Beiträge zu aktuellen Themen - Reportagen, Glossen, auch Kritiken - was er schon seit seiner Schulzeit tat und verdiente damit, für seine Zwecke und Ansprüche, ausreichend eigenes Geld, wie er behauptete. Er brauche daher sein Erbe nicht antasten, sagte er lapidar.
Auf meinen erstaunten Gesichtsausdruck an dieser Stelle ging er zum Glück nicht ein … Aber, Geld, tja … Geld sei ihm nicht wichtig, fügte er mit einem energischen Unterton hinzu. Und ich war begeistert über diese Einstellung, da ich mich inmitten einer radikalen Phase befand, in der ich mit aller
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