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Späte Familie

Späte Familie

Titel: Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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das war eine angenehmere Lage als die, in der ich mich jetzt befinde, als unerwünschte Besucherin, als zweifelhafte neue Frau, die man schon in der ersten Woche satt hat.
    Er hat dich ganz anders beschrieben, beschwert sie sich, als wäre sie reingelegt worden, er hat gesagt, du seist so stark und selbstständig, und ich muss sagen, dass du mir nicht weniger zerbrechlich und bedürftig vorkommst als Michal,der Ärmste, ich glaube nicht, dass er genügend Kraft für eine zweite solche Frau hat, und sie spricht diese Worte, zerbrechlich, bedürftig, voller Abscheu und Missbilligung aus, und ich weiche zitternd vor dem Bild zurück, das sie von mir hat, doch innerlich lehne ich mich auf, ich möchte dich in solch einer Situation sehen, wenn du dein Zuhause und deine Familie für einen Mann aufgegeben hast, der über Nacht fremd und feindselig wird, und ich tue so, als hätte ich bereits vergessen, dass ich Amnon nicht seinetwegen verlassen habe, als wäre die Trennung erst mit dem Verkauf der Wohnung vollzogen worden, mit meinem Umzug in die Gasse der Bußgebete.
    Du bist doch nicht böse, wenn ich dir das sage, vergewissert sie sich schnell, ich weiß, dass ich manchmal übertreibe, aus einer Art Drang, den Leuten die Augen zu öffnen, lass mich den Kohl fertig schneiden, sie schiebt mich zur Seite und verwandelt die groben Stücke in winzige Schnipsel und kippt sie schnell in die Schüssel, verschwindet von hier, Kinder, Süßigkeiten gibt es erst nach dem Essen, Dani, wie lange brauchst du noch, um den Tisch zu decken? Sie zieht ein duftendes Blech aus dem Herd, Huhn mit Rosmarin, verkündet sie, und für die Kinder habe ich Frikadellen gemacht, und sofort erscheinen auf dem Tisch auch gebackene Kartoffeln mit saurem Rahm und der Salat, zu dem ich nur wenig beigetragen habe. Das ist doch mehr als genug zu essen, warum hast du mich nach Nazareth gejagt, beklagt sich Dani und sucht auf dem Tisch nach einem freien Platz für die Schüssel mit Chumus, gießt Olivenöl darüber und bestreut das Ganze mit Petersilie, Ella, warum stehst du da so rum, fragt er, setz dich neben Oded, aber Maja schreit sofort, ich sitze neben Papa, und auf der anderen Seite sitzt schon Jotam, also setze ich mich ihnen gegenüber ans Tischende, neben die schweigsame Tochter, sie scheint umsoweniger zu reden, je mehr ihre Mutter es tut, ich sitze Oded gegenüber, der nach ein paar Gläsern Bier ruhiger wirkt.
    Ich beobachte ihn traurig, als hätte ich ihn schon verloren, und überlege, ob ich ihn noch einmal wählen würde, diesen nicht mehr jungen Mann, mit seiner rauen Haut, den scharfen Falten im Gesicht, den malerischen Lippen, deren Schönheit nicht sofort auffällt, den verschatteten Augen, die mir ausweichen, ich höre seine weiche Stimme, die die Worte in die Länge zieht, und bekomme kaum etwas mit von dem, was gesprochen wird, früher habe auch ich mal vernünftige Bemerkungen zur allgemeinen politischen Lage von mir gegeben, über Ursachen und Schuldige, aber in den letzten Monaten scheint mir diese Fähigkeit abhanden gekommen zu sein, ich bin wie eine Kranke, die sich nur auf ihre Krankheit konzentriert und immer nur darüber spricht, was in ihrer Seele vorgeht, während jedes andere Thema sie gleichgültig lässt. Ein ohrenbetäubender Lärm trifft mich plötzlich, aber der Hausherr beruhigt mich sofort, keine Angst, das sind bloß startende Flugzeuge, wir sind direkt neben einem Luftwaffenflugplatz, im Norden passiert etwas, und zufrieden fügt er hinzu, endlich fällt es diesen impotenten Kerlen ein zu reagieren, doch sofort wird er von seiner Frau unterbrochen, und was hast du davon, wenn sie reagieren, schimpft sie, noch mehr Gewalt? Man muss diesen Teufelskreis einmal durchbrechen, und er verteidigt sich, aber wenn wir nicht reagieren, ist das ein Zeichen von Schwäche, und jegliche Schwäche fordert ihre Angriffslust heraus, das ist dir doch klar, oder?
    Es wird langsam Zeit, großzügiger auf sie zuzugehen, sagt Oded, wir haben alle Fehler gemacht, lasst uns eine neue Seite aufschlagen, und ich frage mich, ob er jetzt zu mir spricht, über uns, und Dani greift ihn an, wie kannst du dich einen Psychiater nennen, wenn du so etwas Elementaresüber die Natur des Menschen nicht begreifst, das sind alles Machtkämpfe, der Starke gewinnt, nicht der Großzügige, und Orna deutet spöttisch auf ihn, da

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