Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)
Mahlmaschine steht. Wusstest du das? Tolles Ding. Oben schüttest du die Bohnen rein, dann kannst du zwischen vier verschiedenen Mahlstufen wählen.«
Knutsson brummte freundlich zur Bestätigung. Sein Sonntag hatte eine unerwartete Wendung genommen. Gudrun und Holger Erlandsson waren gerade beim Essen, als er geklingelt hatte, also sollte er sich an ihre Sonntagstafel setzen. Erst hatte er noch gesagt, er habe nur drei kurze Fragen oder könne später wiederkommen. Aber sie wollten ihn auf keinen Fall gehen lassen, und der Schweinebraten stand auch schon auf dem Tisch. Viele Fragen hatte Knutsson dann erst einmal nicht gestellt, zum einen, weil er essen musste, und zum anderen, weil die Erlandssons so viel wissen wollten. Es hatte Krustenbraten, Kartoffelbrei und Butterbohnen gegeben. Und als krönenden Abschluss hatte Gudrun noch eine Schichttorte angeschnitten und ihren Kaffee dazu serviert. Knutsson hatte es fast noch besser geschmeckt als zu Hause bei Lisa. Schließlich erinnerte er sich daran, dass er ja auch noch etwas fragen musste.
»Ihr wart also gestern Abend auf einem Familienfest, in Öjaby?«
»Jo. War der Fünfzigste von Gudruns Bruder.«
Holger Erlandsson wischte sich mit der Hand den Mund ab. An seinem Schnurrbart blieb trotzdem Kaffeesahne hängen. Er legte die Hände auf seinem Bauch ab wie auf einem Kissen.
»Wir haben ein Taxi bestellt. Auf Viertel vor sechs. Halb sieben sollte das Essen losgehen.«
»In Öjaby?«
»Jo. Wir wollten schließlich pünktlich sein. Aber daraus wurde nichts. An uns lag das nicht. Der Taxifahrer kam zu spät. War ein Ausländer.«
Knutsson rutschte auf dem Stuhl hin und her.
»Ein Einwanderer-Schwede, meinst du?«
»Jo. Ein Ausländer. Gibt einige von denen, die Taxis fahren. Jedenfalls war der schuld, dass wir zu spät kamen. Viertel vor sechs, hatten wir extra gesagt am Telefon, 17.45 Uhr heißt das bei denen. Mit genug Luft nach hinten. Jo. Jedenfalls war der um Schlag sechs immer noch nicht hier. Ich bleibe bei so etwas ja ruhig, aber Gudrun war mit den Nerven am Ende. Und das wegen dieses Ausländers! Wie der schon geredet hat! Kaum verstehen konnte man den!«
Gudrun nickte heftig, lächelte und zuckte mit den Schultern. Dann hielt sie ihm fragend die Kaffeekanne entgegen.
Knutsson schüttelte den Kopf. Jetzt war ihm nicht mehr nach Kaffee.
»Ja-ha«, sagte er.
Etwas anderes fiel ihm nicht ein. Er wusste, dass er eigentlich etwas anderes hätte sagen sollen. Und auch wollen. Etwas über Rassismus und Toleranz. Über eine schwedische Gesellschaft, zu der alle gehören, gleich welchen Namen sie tragen. Über Taxifahrer in Göteborg, die Svensson oder Karlsson heißen und nicht nur zu spät kommen, sondern mit Absicht einen riesigen Umweg fahren, um den doppelten Preis zu kassieren. War ihm schon passiert. Aber alles, was er herausbrachte, war: »Ja-ha.« Das allerdings auch noch ein drittes Mal: »Ja-ha.« Dann fiel ihm doch noch etwas anderes ein:
»Der Taxifahrer – hat er sich entschuldigt für seine Verspätung?«
Erlandssons sahen sich an. Holger antwortete: »Jo. Das hat er. Hat gesagt, er habe sich verfahren. Verfahren! Hier draußen, wie soll man sich hier verfahren? Es gibt ja nur die eine Straße. Sollen sie halt Schweden einstellen, die finden den Weg. Außerdem: Was sollten wir mit so einer Entschuldigung? Vor der ganzen Familie haben wir uns blamiert. Mitten ins Essen sind wir reingeplatzt. Das dürfen wir uns noch in zehn Jahren anhören. Wegen so eines ...«
Gudrun nickte wieder heftig.
Knutsson brummelte innerlich. Dann kam ihm ein Gedanke.
»Kurz nach sechs seid ihr abgeholt worden?«
»Jo.«
Kurz nach sechs. Sechs Uhr war die Tatzeit. Das war jedenfalls die vorläufige Schätzung von Ann-Vivika Kimsel gewesen.
»Als ihr losgefahren seid, oder vorher, als ihr gewartethabt – ist da noch ein anderes Auto hier den Weg heruntergefahren? Oder ist euch auf dem Weg zur Landstraße ein Auto entgegengekommen? Oder etwas anderes? Ein Spaziergänger? Ein Fahrradfahrer?«
Beide Erlandssons wiegten die Köpfe hin und her. Nichts. Keiner. Alles leer. Kein Auto, kein Fußgänger, kein Fahrrad.
Holger Erlandsson sah konzentriert aus dem Fenster, übers Feld auf den Waldweg, als könne er so nachprüfen, ob seine Angaben stimmten, dass sie gestern Abend niemanden gesehen hatten.
»Euer Nachbar ... der alte Mann mit seinen Schmetterlingen. Der jetzt tot in seinem Glashaus liegt. Und ihr, also ... kanntet ihr ihn gut? Was war das für
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