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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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mich bei diesen trockenen Worten eine Kälte, daß ich im Wagen meine Reisejacke dichter anzog und unwillkürlich nach meinem Halstuche griff. Die zwei Unzen wurde vergessen, und ich erinnerte nicht, ob ich sie gleich nun lieber dem Mauleseltreiber gelassen hätte, der so großen unglücklichen Appetit an der Paste hatte. Überdies war ich mit vielem in Auslage, und es war mir sehr lieb, als der Kapitän an Bord rufen ließ. Er begleitete mich bis ans Wasser im Wagen mit seinen beiden kleinen Mädchen, die in der Tat allerliebst niedliche Geschöpfchen waren. Beim Abschied in meiner Kajüte bat er sich noch eine Unze zum Geschenk für diese aus; ich ungalanter Kerl zog mürrisch die Börse und gab ihm schweigend das Goldstück hin. Er hatte mir es sehr verübelt, daß ich mir auf dem Paketboote ein Zimmer für mich genommen und mich an die Tafel des Kapitäns verdungen hatte. Das war, nach seiner Meinung, Verschwendung, und ich hätte für das Viertel der Summe mich lieber unter die Takelage des Raums sollen werfen lassen. Ein erbaulicher Wirt, der Herr Steuerrevisor! Der Wind blieb widrig, wir fuhren nicht ab, und ich zog lieber wieder hinaus ins Wirtshaus; sogleich suchte er mich wieder auf und wollte mich wieder zu sich haben. Der Mensch ward endlich unerträglich zudringlich und weggeworfen unverschämt, und ich mußte noch bei einigen Partien für ihn bezahlen. Um mich aber endlich recht bestimmt, nach der schicklichsten Weise für ihn, zu benehmen, aß ich in einem Speisehause unbefangen mit großem Appetit ein Gericht nach dem andern, ohne ihn einzuladen oder für ihn zu bestellen. Nun wünschte er mir endlich gute Reise, und ich sah ihn nicht wieder, den Herrn Steuerrevisor Don Filippo – – seinen Geschlechtsnamen will ich vergessen. Sterzinger, mit dem ich nachher noch sprach, kannte ihn und lachte. Er hatte in der Welt mehrere gelehrte und merkantilische Metamorphosen gemacht, bis er zu seiner witzigen Würde gedieh. Der Himmel lasse ihn meine Unzen zur Besserung bekommen!
    Das Gebäude des botanischen Gartens hinter der Flora am Hafen ist nun fertig. Der Franzose Julieu hat es gezeichnet, und ein Palermitaner es nach dem Riß aufgeführt. Die Sizilianer sind mit der Ausführung, aber nicht mit der Idee zufrieden. Wo man rechts und links, auf der Insel und dem festen Lande, noch so viele Monumente griechischer Kunst hat, ist man freilich etwas schwierig. Die Säulen sind nicht rein und oben und unten verziert. Der Saal ist nach der Anlage des Linneischen in Schweden und vielleicht einer der prächtigsten dieser Art. Rundumher stehen die Büsten der großen Männer des Fachs in Nischen, von Theophrast bis zu Büffon. Dem Zeichner des Gebäudes hat man die Ehre angetan, sein Gesicht unter einem andern alten Namen mit darunter zu setzen, eine eigene sonderbare Art von Belohnung!
    Der alte Cassero oder Corso, in allen italienischen Städten von Bedeutung die Hauptstraße, hat jetzt seinen Namen verändert und heißt Toledo nach der Hauptstraße von Neapel, vermutlich dem anwesenden Hofe eine Schmeichelei zu machen. Übrigens muß der Hof eben nicht außerordentlich geliebt sein, denn ich habe oft gehört, daß man nie so schlechtes Wetter auf der Insel gehabt als die vier Jahre, solange der Hof hier sei.
    Die Polizei scheint hier nicht sehr genau zu sein oder berechnet Dinge nicht, die es doch wohl verdienten. Vor einigen Tagen führte man auf einer breiten Gasse öffentlich ein Banditendrama auf. Es war sogar Militärwache dabei, um Ordnung zu halten, und die ganze Gasse war gedrängt voll Zuschauer. Die Schauspieler arbeiteten gräßlich schön, und der Held hätte dem Handwerk Ehre gemacht. Freilich wird er mit poetischer Gerechtigkeit wohl im Stücke seine Strafe erhalten, aber dergleichen Szenen, wo noch so viel natürliche heroische Kraft und Deklamation ist, sind zu blendend, um in Unteritalien auf öffentlichen Plätzen unter dem größten Zulauf gegeben zu werden. Man zahlt nichts, jeder tritt hin und schaut und nimmt was und wie viel er will. Haben doch sogar Schillers Räuber einmal Unfug bei uns angerichtet. Auf diese Weise kommt man dem siedenden Blute nicht wenig entgegen. Auch ist das Messer noch ebensosehr im Gebrauch und vielleicht noch mehr als vor zwanzig Jahren. Ich hatte vor einigen Tagen ein Schauspiel davon. Ich ging den Morgen aus; ein Kerl schoß blutig an mir vorbei und anderer mit dem Dolche hinter ihm her. Es sammelte sich Volk, und in einigen Minuten war einer erstochen und der

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