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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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meintwegen in großem Schrecken gewesen, als der Eseltreiber zurückgekommen, und habe geglaubt, ich werde nun sicher umkommen, da ich allein ohne Waffen in der Insel herumlaufe. Der Mauleseltreiberjunge, mein Begleiter, sagte er mir zum Trost, sei völlig von der Paste wieder genesen, und er habe die zwei Unzen, bis auf den Abzug einiger Kleinigkeiten, ihm wieder herausgeben müssen. Gut, dachte ich; also wieder zwei Unzen gerettet; ich kann sie brauchen. Sogleich nach seiner Ankunft in Palermo habe er sich nach meinem Wirtshause erkundigt und es bald erfahren. Nun sei er seit acht Tagen täglich da gewesen, um nachzufragen. Heute früh habe er meine Ankunft erfahren und sei sogleich hierher zu mir geeilt. Nun lud er mich ein, zu ihm in sein Haus zu ziehen. Das war mir indessen nicht ganz recht, denn ich wäre lieber geblieben, wo ich war. Aber der Mann bat so freundlich, war so besorgt gewesen; ich packte also ein und ließ hintragen. Er wohnte vor dem Tore nach Montreale. Wir aßen, und seine Frau, eine heiße zelotische und nicht unfeine Sizilianerin, fing nun meine Bekehrung an. Das Examen ging über Tische und zum Dessert von Artikel zu Artikel, von dem Papste und den Mönchen bis auf die unbefleckte Empfängnis. Das Letzte war das Allerheiligste, von dem ich nichts wußte. Die gute Frau hätte, wie es schien, lieber ihre eigene Keuschheit in Gefahr gesetzt, als das geringste von der Jungfernschaft Mariens aufgegeben. Man sprach mit aller Wärme und Salbung, mich zu überzeugen; aber vergebens. Man fing nun an, mir Aussichten zu eröffnen: ja, lieber Gott, wenn ich ein anderer Kerl wäre, als ich bin, könnte ich im Vaterlande Aussichten haben, wo man sie doch am liebsten hat.
Don Juan, fatevi cristiano, e statevi in Sicilia. – Ma lo sono. – Ma non siete cattolico. – Io sono bene cosi; non si puo megliò
. Die Frau aß im Eifer Bonbons und trank Wein und war heftig; und da ich denn trocken halsstarrig fortblieb, rief sie in heiliger Wut aus, indem sie den Teller von sich stieß:
»Ma voi altri voi siete tutti baroni f-t-ti.
« Über diese Naivität erschrak ich und wäre jetzt für zwei Unzen gern zurück in meinem Wirtshause gewesen. Nach Tische ging ich zu Rosalien, wie ich Dir erzählte. Ich glaubte, das Haus meines neuen Wirtes recht gut gemerkt zu haben, und irrte mich doch: ich kam in ein unrechtes. Nun wollte ich eben fragen, ob hier Don Filippo wohne, als ein Kerl
Ladro, briccone, furfante
herausschrie und wütend mit dem Messer auf mich zustürzte. Ich hob so schnell ich konnte die Eisenzwinge meines Knotenstocks, flüchtete ebenso schnell zum Hause hinaus und eilte die finstere Gasse hinunter. Die Nachbarschaft geriet in Lärm; eine schöne Nachbarschaft, dachte ich, und ging in mein altes Gasthaus. Dort war ich sehr willkommen. Ich hatte mich eben zu Bette gelegt, als der Herr Steuerrevisor kam und mich aufsuchte. Er hatte den Lärm gehört und war meinetwegen in Todesangst. Ich erzählte ihm mein Abenteuer und sagte, daß ich in einer solchen Nachbarschaft nicht wohnen möchte; er ließ aber nicht nach, bis ich ihm versprach, morgen wieder zu ihm zu kommen, denn diesen Abend war ich nicht wieder aus dem Bette zu bringen. Den andern Morgen war er wieder sehr früh da und holte mich ab. Nun lebten wir leidlich ordentlich einig Tage, das Vorgefallene wurde bedauert und meine Ketzerei weiter nicht mehr als nur im allgemeinen in Anspruch genommen. Aber wenn wir zuweilen zusammen ausgingen, welches der Herr sehr gut zu veranstalten wußte, hatte er immer etwas zu kaufen und kein Geld bei sich; ich war also ziemlich stark in Auslage und bezahlte jede Mahlzeit dadurch sehr teuer. Ich mußte Geld haben von dem Kaufmann, und er erbot sich sogar, meine Geschäfte bei ihm zu machen, da ich doch der Sprache nicht recht mächtig wäre. Aber dazu war ich bei aller meiner indolenten Gutherzigkeit denn doch schon zu sehr gewitzigt, dankte und verbat seine Mühewaltung und holte meine Barschaft nicht eher, als bis ich abreisen wollte. Er half mir zuletzt noch manches besorgen, und da er sich meinetwegen bei Nacht etwas enrhümiert hatte, mußte ich bei dem schlechten Wetter mit ihm doch wohl einen Wagen nehmen. Hier erzählte mir der Mann sehr naiv etwas näher seine Amtsbeschäftigungen. Wir müssen, sagte er, in der Insel herumreisen, die rückständigen Steuern einzutreiben, und im Namen des Königs den Leuten Kleider, Betten und das übrige Hausgerät wegnehmen, wenn sie nicht bezahlen können. Es packte

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