Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802
ärmliche Stücke, die man in Rom kaum aufstellen würde. Übrigens ist die Gegend um Rom selbst mehr eine Wiege der Kunst. Die Natur hat ihren Zauber hingegossen, den man nicht wegtragen kann. Man hat zwar die Namen Frascati und Tivoli nach Paris gebracht und alles schön genug eingerichtet, aber Frascati und Tivoli selbst werden für den Maler dort bleiben, wenn man auch alles umher zerstört. Der Fall, die Grotte, die Kaskadellen und die magischen Berge können nicht verrückt werden und stehen noch jetzt wie vor zweitausend Jahren, mit dem ganzen Zauber des Altertums. Das Haus des Mäzen verfällt wie die Häuser des Flaccus und Catullus, man zieht keine Musen mehr aus ihrem Schutt hervor; aber die Gegend hat noch tausend Reizungen ohne sie. Man hat in Paris keinen Albaner See, kein Subiaco, kein Terni in der Nähe. Der Gelehrte gehe nach Paris; der Künstler wird zur Vollendung immer nach Rom gehen, wenn er gleich für sein Fach auch hier an der Seine jetzt zehnmal mehr findet als vorher. Sobald die Franzosen Raphaele und Buonaroti haben werden, sind sie die Koryphäen der Kunst, und man wird zu ihnen wallfahrten wie ins Vatikan.
Függer und David scheinen mir indessen die einzigen großen Figurenmaler zu sein. Die Italiener haben, soviel ich weiß, keinen Mann, den sie diesen beiden an die Seite stellen können. Dafür haben die andern keinen Canova. Ein großer Verlust für die Kunst ist Drouais Tod, und es gibt nicht gemeine Kritiker, die seinen Marius allen Arbeiten seines Lehrers vorziehen.
Den zweiten Tag trennte sich der Weg, und ohne weiteren Unterricht schlug ich die Straße rechts ein, war aber diesmal nicht dem besten Genius gefolgt. Sie war sehr öde und unfruchtbar, die Dörfer waren dünn und mager, und es ward nicht eher wieder komfortabel, bis die Straßen bei Chalons wieder zusammenfielen. Ich verlor dadurch einen großen Strich von Champagne und die schönen Rebhühneraugen in Epernay, auf die ich mich schon beim Estest in Montefiascone gefreut hatte. Das liebe Gut, das man mir dort in den Wirtshäusern unter dem Namen Champagner gab, kann ich nicht empfehlen. Einige Stunden von Chalons schlief ich die Nacht an einem Ort, der Pogny heißt, und der seinem Namen nach vielleicht der Ort sein kann, wo Attila sehr tragisch das Nonplusultra seiner Züge machte. Dann übernachtete ich in Longchamp, dann in Ligne en Barrois. In Nancy, wo ich vormittags ankam, besah ich nachmittags das Schloß und die Gärten, welche jetzt einen angenehmen öffentlichen Spaziergang gewähren und ziemlich gut unterhalten werden. Hier hatte ich den 26. Juli schon reife, ziemlich gute Weintrauben. Der Professor Wilmet, den ich mit einem Briefe von Paris besuchte macht seinem holländischen Namen durch wahre Philanthropie Ehre, ob er gleich weder Deutsch noch Holländisch spricht. Er ist Millins Pflegevater und spricht mit vieler Zärtlichkeit von ihm, sowie dieser oft mit kindlicher Dankbar in Paris den Professor nannte. Wilmet war mit der deutschen Literatur und besonders mit dem Zustande der Chemie und Naturgeschichte in Deutschland sehr gut bekannt und schätzte die Genauigkeit und Gründlichkeit der deutschen Untersuchungen.
Von da ging ich über Toul immer nach Straßburg herauf. Von Nancy aus pflegt man die Notiz auf den Wirtshausschildern in französischer und deutscher Sprache zu setzen, wo denn das Deutsche zuweilen toll genug aussieht. Da ich den letzten Abend noch gern nach Straßburg wollte, nahm ich die letzte Station Extrapost und ließ mich in die Stadt Lion bringen. Das Wetter ward mir wieder zu heiß, und ich wollte den andern Morgen mit der Diligence nach Mainz fahren; aber des alten, wackern Oberlins Höflichkeit und einige neue angenehme Bekanntschaften hielten mich noch einige Tage länger bis zur nächsten Abfahrt. Oberlin traf ich auf der Bibliothek, und er hatte die Güte, mir ihre Schätze selbst zu zeigen. Unter den bronzenen Stücken ist mir ein kleiner weiblicher Satyr aufgefallen, der nicht übel gearbeitet war. Die Seltenheit solcher Exemplare erhöht vielleicht den Wert. Der alte verstorbene Hermann hatte auf der Bibliothek die Stücke der verstümmelten Statuen vom Münster mit sarkastischen Inschriften auf die vandalischen Zerstörer aufbewahrt, wo Rühl und einige andere sich nicht über ihre Enkomien freuen würden. Das schöne Wetter lockte mich mit einer Gesellschaft über den Rhein herüber, und ich betrat nach meiner Pilgerschaft bei Kehl zuerst wieder den vaterländischen Boden
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