Special Edition: Alarmstufe Blond & Vor Liebe wird gewarnt (German Edition)
Verkehr immer spärlicher.
»Wohin sie wohl will?«, fragte Nikita, doch keiner der Verfolger konnte ihr darauf eine zufriedenstellende Antwort geben. Sie spekulierten ein wenig ins Blaue hinein, der Kameramann tippte auf einen Geliebten, der Fahrer auf einen Drogendeal. Aber beides wäre in der Stadt wahrscheinlicher gewesen. Nikita schlug ein verschollenes Familienmitglied vor und dann einen Einkauf in einem Bio-Bauernhof, aber beides wurde von ihren Mitfahrern als unsinnig abgetan.
Sie mussten nicht lange warten, bis sich das Rätsel löste. Als Antonia an einem beschrankten Bahnübergang ankam, parkte sie das Auto mitten auf den Schienen. Dann stieg sie aus.
In der Ferne waren winzige, zwei funkelnde Lichter zu sehen, die beständig größer wurden. Gleich darauf schlossen sich die Schranken. Antonia stand seelenruhig am Rand und schien auf etwas zu warten.
»Was macht sie da?«, flüsterte der Fahrer des Verfolgerautos, der den Wagen unter einem Baum versteckt geparkt hatte. »Ist sie wahnsinnig? Wenn sie das Auto da stehenlässt, ist es Schrott.«
»Ich habe keine Ahnung, was sie beabsichtigt«, flüsterte Nikita zurück.
»Wir müssen was dagegen tun!«, forderte sie der Fahrer auf.
»Das geht nicht!«, konterte Nikita. »Wir dürfen uns nicht zu erkennen geben.«
»Aber wenn Gefahr im Verzug ist?«
»Auch dann nicht.«
»Das kann Ärger geben, wenn etwas passiert und wir haben es nicht verhindert. Ich habe keine Lust, verklagt zu werden.«
Das zog. »Ich glaube, ich steige mal aus und spreche sie an«, sagte Nikita.
Sie kletterte aus dem Wagen und ging zu Antonia, die hinter der Schranke stand und gebannt zu warten schien. Die Lichter des Zuges funkelten inzwischen groß und drohend, man konnte bereits sein Rattern hören.
Nikita war herangekommen und wollte Antonia ansprechen, doch in diesem Moment hatte der Zug den Übergang erreicht. Lautes Hupen ertönte, dann prallte er auf den Jaguar. Funken stoben, Eisen klirrte. Das Auto wurde ein paar Meter auf den Gleisen entlanggeschoben, dann krachte es vom Bahndamm und blieb als ein zermalmter Haufen aus Metall und Glas liegen. Der Güterzug bremste langsam ab.
»Was haben Sie getan?«, fragte Nikita atemlos, die mit Antonia ein paar Schritte zurückgewichen war.
Die Frau erschrak zutiefst, als sie Nikita erblickte, fing sich aber erstaunlich schnell. »Das dämliche Auto wollte einfach nicht mehr weiterfahren. Ich musste aussteigen.«
Sie log wirklich gut, musste Nikita zugeben.
»Es sah eher aus, als wollten Sie das Auto Ihres Mannes in Schrott verwandeln«, entgegnete die Moderatorin.
Antonia lächelte fein. »Was für eine schöne Idee! Sie hätte von mir stammen können. Zumal der Mistkerl heute meine Konten und die Kreditkarte gesperrt hat. Aber leider bin ich viel zu fantasielos für solche Vorhaben. Das Ding ist einfach von alleine stehengeblieben.«
Nikita gab sich geschlagen. »Ich verstehe. Wir nehmen Sie mit zurück in die Stadt, wenn Sie wollen.«
»Das wäre sehr nett.«
Die beiden Frauen gingen zurück zum Wagen des Fernsehteams, wo der Kameramann die Kamera schnell unter einem Haufen Jacken verbarg. Bevor sie einstiegen, hielt Antonia Nikita jedoch fest. »Ich gehe davon aus, dass Sie mir meine Worte nicht im Munde umdrehen. Das Auto ist von alleine liegengeblieben, bin ich deutlich genug?!«
»Das ist selbstverständlich. Wir sind eine ehrenhafte Show.«
»Natürlich. Wenn Sie wollen, erscheinen Sie doch morgen Abend zu unserer kleinen Familienfeier. Mein Sohn kommt für ein paar Wochen aus Harvard zurück, für ihn geben wir eine kleine Willkommensparty. Betrachten Sie sich als eingeladen.«
Nikita strahlte. »Das ist sehr nett, vielen Dank!«
Sie öffnete die Tür zum Wagen mit den getönten Scheiben. »Das Auto ist einfach auf den Schienen stehengeblieben«, erklärte sie den Insassen.
»Und wenn der Mistkerl nicht aufpasst, erleiden seine anderen Wagen ein ähnliches Schicksal«, fügte Antonia hinzu.
Werbepause.
Der Sohn der Jansens entpuppte sich als pickliger Typ mit Halbglatze. Er hatte weder das elegante Auftreten seiner Mutter noch die Lässigkeit seines Vaters geerbt. Um ehrlich zu sein, glich er eher einem zurückgebliebenen Pennäler als einem Millionenerben. Aber Gene kann man sich wohl nicht aussuchen.
Dafür staunte Nikita nicht schlecht, als sie die »kleine Familienfeier« betrat, die sich als großes Fest mit etwa hundert Gästen entpuppte. Ein Dekorateur hatte das Haus der Jansens
Weitere Kostenlose Bücher