Spiegel der Offenbarung
kleine Grube an der Schulter, nicht geschützt durch den Bauchpanzer, nicht prall von Muskeln. Vielleicht der Ansatz für eine erste Wunde, an der sie dann in gemeinschaftlicher Arbeit weiterarbeiten konnten. Manchmal brauchte es eben viele kleine Schritte, um einen großen Effekt zu erzielen. Akuró hatte vor, eine Öffnung zu schaffen, die groß genug war, um hineinzuschlüpfen und sich dann durch den riesigen Körper zu bewegen, bis er das Herz fand.
Blutgier loderte aus seinen Augen, er konnte es kaum mehr erwarten. Er sammelte Kraft für den Sprung, um den Hieb mit voller Wucht ausführen zu können. Nicht mehr weit ...
Da umgab ihn plötzlich ein Wirbel aus Rot und Schwarz, dem nicht einmal seine Augen folgen konnten, und dann prallte er gegen einen Widerstand und wurde in hohem Bogen durch die Luft zurückgeschleudert.
Mit einem Ächzen schlug der schwere Körper des Königs auf den Boden, und er rutschte noch ein paar Schrittlängen weiter, bis er zur Ruhe kam. Er schüttelte den Kopf, spuckte Staub aus und stellte die Ohren nach vorn.
»Na, sieh mal einer an!«, sagte er, federte auf die Beine und klopfte sich ab.
Zwei mächtige geflügelte Gestalten standen vor ihm, ein Vampir und ein ... ja, Monster , noch größer als er selbst.
»Die Königin und ihr Prinzgemahl, nach denen der Schattenlord so lange sucht«, fuhr Akuró verächtlich fort. »Freut mich, endlich eure Bekanntschaft zu machen. Und jetzt geht mir aus dem Weg!«
Die beiden gefangen zu nehmen war Sache des Schattenlords. Akuró war an ihnen nicht interessiert; sie waren Fleisch wie alle anderen und würden genauso an die Reihe kommen.
»Du kommst diesem Wesen nicht zu nahe«, knurrte das rot-schwarze, dämonische Monster. »Ich bin die Schöpferin.«
»Aber nicht die meine! «, schrie Akuró. »Du hast mir überhaupt nichts zu befehlen, verstanden?«
»Du befindest dich in meinem Reich«, stieß Lan-an-Schie drohend hervor. Ihre Zähne waren länger als seine.
»Das glaubst nur du«, spottete Akuró. »Hast du die Verkündigung nicht gehört? Dies ist längst das Reich des Schattenlords. Du wirst dich ihm unterwerfen müssen, wenn du weiter Bestand haben willst. Aber warum nicht? Abscheulichkeiten wie dich können wir gut gebrauchen. Wer weiß, welche Nachkommen wir beide zeugen könnten, die ...«
»Also gut«, unterbrach die Schöpferin. »Also gut.« Sie sah ruckartig hoch, als ein Schatten über sie fiel.
Akuró stieß ein wütendes Knurren aus, sowie er das fliegende Schiff erkannte.
»Ahoi, da unten!«, erklang die Stimme des Korsaren. »Sieben Stürme gefällig?«
»Untersteh dich!«, brüllte der Werwolf.
»Danke«, sagte Lan-an-Schie. »Aber das ist nicht notwendig, ich verfüge über meine eigenen dienstbaren Winde. Aber halte dich bereit.«
»Sind schon bei den Vorbereitungen!«
Akuró merkte, dass die Sache jetzt ganz gewaltig aus dem Ruder lief. Warum hatte ihm niemand gesagt, dass die Schöpferin frei war? Sie konnte ihm zwar nichts anhaben, vermutlich aber seinen Soldaten. Er griff nach seiner Axt, die er bei dem Sturz verloren hatte, und überlegte, ob er den Sprung aus dem Stand wagen konnte. Riskant, aber vielleicht nicht unmöglich ... Er musste es beenden, und zwar schnell.
Der Titanendactyle kam plötzlich zur Ruhe. Er wusste, dass seine Schöpferin gekommen war, um ihn zu schützen. Ihn zu retten.
Die Krieger Morgenrötes konnten jetzt ohne Gefahr an ihn herankommen. Als die Gog/Magog sie daran hindern wollten, griffen Veda und die Flugschar ein.
»Zieh deine Leute zurück, oder ich werde andere Saiten aufziehen«, drohte die Schöpferin. Sie machte eine magische Bewegung, und hinter ihr zog eine Sturmfront schwarzer Wolken auf.
»Ich werde dafür sorgen, dass du mit Blitzen beschossen wirst, bis du nicht mehr ausweichen kannst. Ich werde deine Soldaten fortwirbeln lassen, bis sie sich Hunderte Meilen entfernt irgendwo wiederfinden, zerschmettert zwischen den Felsen eines Gebirges.
Ich bin Lan-an-Schie, ich habe meinen Vater Sinenomen besiegt, ich bin die Schöpferin dieses Reiches, ich bin Furie, Dämon, Vampir, ich bin tausendmal älter als du. Du bist zwar nicht mein Geschöpf, aber du hast meinen Zorn erweckt, und das tut niemand ungestraft und ohne zu bereuen. Deswegen werde ich dich bestrafen, wenn du nicht sofort die Schlacht beendest und dich mit deinen Soldaten zurückziehst. Fordere mich also nicht heraus.«
Sie trat einen Schritt nach vorn und wiederholte mit machtvoller Stimme, die alles
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