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Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013

Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013

Titel: Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Puhl (Vorwort)
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eine innere Leere zurück, die sich nie mehr ausfüllen lässt.“
    Im Widerstand hatte Mandela gelernt, in militärischen Kategorien zu denken. Er studierte Schriften, die mit Revolution und Kriegsführung zu tun hatten: Clausewitz, Mao, Che Guevara. Eines seiner Lieblingsbücher war „Die Kunst des Krieges“ des chinesischen Feldherrn Sun Tzi. Darin findet sich einer seiner Leitgedanken: „Wenn du den Feind und dich selbst kennst, brauchst du das Ergebnis von hundert Schlachten nicht zu fürchten.“
    Mandela kannte seine Feinde genau. Er versetzte sich in sie hinein, er analysierte ihre Mentalität, ihre Sitten, und er lernte Afrikaans, die Sprache der Unterdrücker. Du musst deinen Gegner genau lesen - diesen taktischen Grundsatz hatte er bereits als junger Amateurboxer in Soweto verinnerlicht.
    Seine ärgsten Widersacher, die maßgeblichen Politiker und Generäle der Apartheid, kapitulierten schließlich vor diesem Zeitgenossen, der ihnen so kenntnisreich und hoheitsvoll, ja gebieterisch entgegentrat und dennoch eine entwaffnende Menschlichkeit ausstrahlte.
    Schon als kleiner Junge habe er beim Stockkampf gelernt, seine Gegner zu bezwingen, ohne sie zu entehren, schreibt Mandela in seinen Memoiren. Er wurde 1918 im Gebiet Transkei geboren, man gab ihm den Namen Rolihlahla. Das bedeutet wörtlich „der, der am Zweig eines Baumes reißt“ und im übertragenen Sinn „Unruhestifter“.
    Die Erziehung an einem traditionellen Königshof prägte sein aristokratisches Selbstwertgefühl, er fühlt sich schon früh zum Herrscher geboren. Das spürten auch die weißen Gefängniswärter, die ihn anfänglich als „Kaffer“ beschimpft hatten. Am Ende redeten sie ihn mit „Mister Mandela“ an. Selbst Piet Badenhorst, der brutale Kommandant der Haftanstalt, streckte vor ihm die Waffen. „Er benahm sich wie eine Bestie, weil er für bestialisches Verhalten belohnt wurde“, so Mandela. Auch Badenhorst habe einen „anständigen Kern“ gehabt. Mandela sprach vom „Schimmer der Humanität“ in jedem Menschen.
    Er sah auch die Weißen, die Rassisten, die Ausbeuter, die Folterknechte als Opfer einer verblendeten Ideologie: „Der Unterdrücker und der Unterdrückte sind gleichermaßen ihrer Freiheit beraubt.“
    Irgendwann in den Kerkerjahren führten die Gefangenen die „Antigone“ des Sophokles auf, ein Lehrstück über den Aufstand des Individuums gegen den ungerechten Staat: Der weise König Kreon wird im Ringen um Thebens Thron zum Tyrannen. Antigone lehnt sich gegen den Herrscher auf.
    „Antigone widersetzt sich, weil es ein höheres Gesetz als das des Staates gibt“, schrieb Mandela, „sie war das Symbol für unseren Kampf.“ Die ungebildeten Wärter auf Robben Island begriffen nicht, dass die Häftlinge hinter dem Paravent der griechischen Tragödie über das System der Apartheid richteten. Mandela spielte den Kreon - eine Rolle über die Fehlbarkeit der Macht.
    Im wirklichen Staat erprobte er sich erstmals Ostern 1993. Nach der Ermordung des Kommunistenführers Chris Hani durch einen rechtsextremen Weißen waren in den Townships Unruhen ausgebrochen. Hunderttausende Schwarze riefen nach Rache, die ersten Weißen wurden gelyncht. Frederik Willem de Klerk, der letzte weiße Präsident Südafrikas, wirkte konfus und ratlos.
    Am Abend trat ANC-Chef Mandela im Fernsehen vor die Nation. „Heute spreche ich aus tiefstem Herzen zu jedem einzelnen Südafrikaner, schwarzen und weißen“, sagte er. Die Zeit sei gekommen, um zusammenzuhalten gegen die Kräfte, die die Freiheit zerstören wollen.
    Es war eine der eindringlichsten Reden, die Mandela je gehalten hat. Es gelang ihm, den drohenden Rassenkrieg abzuwenden. An diesem Abend wurde er zum wahren Präsidenten des neuen Südafrika, noch ehe ein einziger Wähler für ihn gestimmt hatte.
    Im April 1994, in der Endphase des Wahlkampfs, hatte Mandela seinen letzten großen Auftritt in KwaMashu, einer gewaltgeplagten Township bei Durban. Auf dem Weg dorthin geriet ich in eine Radarfalle.
    „Wohin so eilig?“, fragte der Polizist, ein Bure.
    „Zu Präsident Mandela“, sagte ich.
    „Was sagen Sie da? Mandela? Präsident?“
    Dann öffnete er ganz langsam sein Halfter, zog die Dienstpistole - und reichte sie mir durch das Autofenster. „Hier. Nehmen Sie die Waffe. Erledigen Sie die Sache für mich!“
    Das Ergebnis der ersten freien Wahlen in der Geschichte des Landes, an denen alle Bürger teilnehmen durften, stand von vornherein fest: Am 27. April 1994

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