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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Holz unter Hölzern. Unauffällig. An einer Stelle, die kein Mensch mit dem Tod des Studenten in Verbindung bringen würde. Da konnte die Polizei lange suchen. Der Kottenforst erstreckte sich über mehrere Tausend Hektar.
    Viel Spaß, dachte er und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
    Eine Frau in den mittleren Jahren, die lauter Einkaufstüten aus den edelsten Boutiquen trug, sah ihm direkt in die Augen. Sie verlangsamte ihre Schritte und beantwortete sein Grinsen mit einem Lächeln, das ihn einlud, sie anzusprechen.
    Er zog sich die Mütze tiefer ins Gesicht und schob die Schultern vor, als wäre ihm kalt. So würde sie sich nicht an seine Größe erinnern und sein Gewicht nicht schätzen können.
    Du bist zu vorsichtig, sagte er sich. Du übertreibst.
    Er war froh, als er an ihr vorbei war.
    Wahrscheinlich schaute sie ihm nicht nach. Sie gehörte zu der Art Frau, die ihre Gefühle nicht zeigt und Neugier für einen Charakterfehler hält. Dennoch bildete er sich ein, ihre Blicke im Rücken zu spüren.
    Verdammt, dachte er.
    Wie aus dem Nichts tauchte er auf, tat seine Pflicht und verschwand im Nirgendwo.
    Daran würde auch dieser kleine unkontrollierte Augenblick nichts ändern.
    *
    Es war die Briefträgerin gewesen, die Erik Sammer gefunden hatte. Blass und in sich gekehrt hatte sie vor dem Haus in ihrem Wagen gesessen und auf die Kollegen von der Schutzpolizei gewartet. Doch es hatte über eine Stunde gedauert, bis sie sich so weit gefasst hatte, dass sie befragt werden konnte.
    Sie hatten sich dazu ins Haus zurückgezogen, und Bert beobachtete, mit welcher Feinfühligkeit es Titus Rosenbaum gelang, die junge Frau zum Reden zu bringen.
    » Wir hatten ein Abkommen«, erklärte sie leise. » Wenn keiner von den Studenten zu Hause war, habe ich größere Sendungen wie Pakete und Päckchen hinten in dem kleinen Gartenhaus abgelegt.«
    Titus Rosenbaum nickte und unterbrach sie nicht. Er war offensichtlich froh, dass sie überhaupt endlich sprechen konnte. Viele Menschen, die eine Leiche gefunden hatten, waren dazu nicht in der Lage. Die jähe Konfrontation mit dem Tod bewirkte die unterschiedlichsten Reaktionen. Manche verstummten, manche verfielen in einen Weinkrampf, anderen merkte man nichts an, bis sie schließlich zusammenklappten.
    Schock war nicht kalkulierbar.
    » Erik bekam oft Pakete«, berichtete die Briefträgerin. » Meistens Bücher. Man sieht es den Leuten an, ob sie viel lesen, finde ich. Auch dem Erik hat man’s angesehn. Er hatte so ein… empfindsames Gesicht.«
    Sie war einundzwanzig. Die Kollegen von der Schutzpolizei hatten ihre Personalien aufgenommen. Bert hätte sie noch jünger geschätzt.
    Allmählich kehrte die Farbe auf ihre Wangen zurück und ihre Augen bekamen wieder Glanz. Sie war hübsch. Auch Rick schien das nicht entgangen zu sein. Er ließ sie nicht aus den Augen.
    Ihre Zunge war gepierct. Bert meinte, ab und zu ein leises Klacken an ihren Zähnen zu hören, doch vielleicht bildete er sich das auch bloß ein. Es dauerte nicht lange und alles in seinem Mund tat ihm weh.
    » Weil ich heute mehrere Sendungen hatte, bin ich zweimal zwischen Auto und Gartenhaus hin und her. Und da hab ich gesehen, dass die Balkontür von Eriks Apartment offen stand. Also musste er doch da sein. Er machte die Tür immer zu, wissen Sie. Vor allem bei dieser Kälte.«
    Sie leckte sich nervös über die Lippen. Das Piercing blitzte auf und Bert unterdrückte ein Stöhnen. Allein die Vorstellung, jemand könnte seine Zunge mit einer Nadel durchbohren, regte seinen Fluchtreflex an.
    » Ich hab mehrmals geklingelt, dann bin ich wieder in den Garten und hab gerufen. Und dann… bin ich die Katzenleiter rauf und… ich hab geahnt, dass was passiert ist…«
    » Ganz ruhig«, sagte Rick mit der Stimme, die er für gut aussehende, hilflose Frauen und Mädchen reserviert hatte, ein bisschen tiefer als sonst und mit einem schwer zu definierenden Unterton von Sonne, Sand und Abenteuer.
    Rick, der Drachentöter.
    » Katzenleiter?«, fragte Titus Rosenbaum.
    » Eine Holzleiter, die Erik an den Balkon gestellt hat, damit seine Katze jederzeit rein und raus konnte… auch wenn er nicht zu Hause war. In der Balkontür ist eine Katzenklappe.«
    » Und dann?«, fragte Titus Rosenbaum sanft.
    » Dann bin ich über die Brüstung und hab leise nach Erik gerufen. Aber er hat nicht geantwortet, und da bin ich… zum Badezimmer, und die Tür war auf, und da lag er in der Dusche, nackt… und… voller Blut.«
    Die junge

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