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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Heterosexuellen, Schwulen und Lesben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Leonards und Sammys Tod damit zusammenhing, dass sie schwul gewesen waren, ließ sich dennoch nicht ignorieren. Sie mussten sich damit auseinandersetzen.
    Maxim nahm Gesprächsfetzen wahr.
    Taten eines kranken Hirns … ein Schwulenhasser … wann es auch die Lesben trifft … jemand aus der Uni …
    Dann ließ ihn ein Satz aufmerken.
    » So was kann die Schwulen wieder in die Isolation treiben. Deshalb müssen wir uns offen solidarisieren.«
    » Und wie?«
    » Indem wir auf keinen Fall abtauchen. Im Gegenteil. Wir sollten eine Trauerfeier für Leonard und Sammy organisieren.«
    » Das ist eine geniale Idee. Lasst uns das gleich jetzt und hier überlegen.«
    Maxim war sich nicht sicher, ob die Idee wirklich so gut war. Wenn es tatsächlich jemanden gab, der, aus welch perversem Grund auch immer, Schwule umbrachte, sollte man ihn vielleicht besser nicht reizen.
    » Sie muss schnell stattfinden«, sagte Björn, » damit sie in direktem Zusammenhang zu Leonards und Sammys Tod steht.«
    Er war Feuer und Flamme für den Vorschlag und hatte wieder ein wenig Farbe bekommen, als hätte er ihn aus seinem Schockzustand erlöst.
    » Und wenn der Schuss nach hinten losgeht?«, warf Maxim ein.
    Sie drehten sich nach ihm um.
    » Wie meinst du das?«, fragte Björn.
    » Wenn dieser Scheißkerl es auf Schwule abgesehen hat, dann wird ein Akt der Solidarität mit seinen Opfern ihn womöglich zu Reaktionen treiben.«
    » Du glaubst, er wird wütend?«
    » Ja.«
    » Und mordet weiter?«
    » Richtig. Und wir machen es ihm leicht, sich neue Opfer zu suchen, indem wir uns schön übersichtlich in der Öffentlichkeit präsentieren.«
    Eine Weile schwiegen sie und jeder dachte über Maxims Einwand nach. Inzwischen waren alle in der Küche zusammengekommen.
    Sie waren schon jetzt eine Einheit.
    Niemand und nichts würde sie auseinanderdividieren.
    » Trotzdem«, antwortete schließlich Josch, der den Einfall mit der Trauerfeier gehabt hatte. » Ich möchte Leonard und Sammy mit der Feier wiedergeben, was der Mörder ihnen genommen hat. Ihre Würde.«
    Da hatte er recht. Gleichgültig, wie gefährlich ihre Aktion auch sein mochte– sie mussten handeln, um dem Wahnsinnigen etwas entgegenzusetzen.
    » Und wenn es mehrere Täter sind?«, gab Maxim zu bedenken. » Unterschiedliche sogar? Wenn es gar nicht um einen einzelnen geht?«
    » Würde das etwas ändern?«, fragte Björn.
    Und wie er so dastand, zutiefst entsetzt und dennoch fest entschlossen, wusste Maxim plötzlich ganz sicher, dass es keine Alternative gab. Erst die Furcht des Kaninchens vor der Schlange gab der Schlange Macht.
    » Nein«, sagte er. » Das würde nichts ändern. Legen wir los. Ich bin dabei.«

11
    Schmuddelbuch, Freitag, 4. März, drei Uhr
    Eben ist Cal gegangen. Wir haben geredet und geredet. Er fühlt sich zwischen Lusina und mir zerrissen. Sagt, er kann nicht mehr schlafen, nicht essen. Tatsächlich lagen dunkle Schatten unter seinen Augen und er konnte die Hände nicht ruhig halten. Ständig zupfte er an seinen Fingern, verschränkte sie ineinander, rieb sich über die Knie.
    » Was erwartest du von mir?«, hab ich ihn gefragt.
    Es tat so weh, ihn vor mir zu sehen, ganz nah, und ihn nicht anfassen zu können wie früher. Mir vorzustellen, dass ein paar Stunden zuvor ein anderes Mädchen ihn berührt hatte.
    Ein anderes Mädchen.
    Es fällt mir leichter, diese drei Worte zu denken als ihren Namen. Ihr Name folgt mir wie ein böser Geist.
    » Ich will dich nicht verlieren«, hat Cal gesagt.
    » Und… Lusina?«
    Darauf hat er geschwiegen. Und er war so unglücklich, dass ich ihn sofort in die Arme nehmen wollte, um ihn zu trösten. Gleichzeitig machte sein Schweigen mich so wütend, dass ich ihm am liebsten eine gescheuert hätte.
    » Ich brauche euch beide, Romy.«
    Er hat die Hand nach mir ausgestreckt. Ich bin aufgesprungen und hab fast den Stuhl dabei umgestoßen.
    » Fass mich nicht an!«
    Er ist zurückgezuckt, als hätte ich ihm eine Vogelspinne unter die Nase gehalten. Dann ist er langsam aufgestanden, hat sich umgedreht und ist gegangen.
    Seitdem sitze ich im Dunkeln und heule mir die Augen aus dem Kopf. Der Schmerz wegen Cal, dieAngst um Björn, meine Eifersucht…
    Und ausgerechnet jetzt bekomme ich eine SMS von meiner Mutter: Denk gerade an dich. Küsschen, Mom.
    Andere haben Mütter, bei denen sie sich ausweinen können. Ich habe eine, die von ihrer

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