Spieglein, Spieglein an der Wand
über die beiden verlierst!“
„Über wen?“
„Juliane und ihr Kuscheltier.“ Veronica knüllt das Plakat zusammen und trifft aus zehn Metern Entfernung den Papierkorb. „Ich zähle auf dich, Mateus. Ich bin seit drei Jahren Mitglied im Partykomitee, seit zwei Jahren Vorsitzende. Und ich habe nicht vor, mich mit einer Frühjahrsparty zu verabschieden, die total aus dem Ruder läuft.“
„Sie wird nicht aus dem Ruder laufen.“
„Nein, das tut sie nicht, denn du sorgst dafür, dass die beiden nicht auf dumme Ideen kommen. In diesem Jahr wollen wir keine Zusammenbrüche oder Ähnliches erleben. Ist das klar?“
„Alles im Griff!“, sage ich und unterdrücke den Impuls, die Hacken zusammenzuschlagen.
„Das ist gut.“ Ein weiterer Blick über die Wangenknochen, der mich wie ein Laserstrahl trifft. „Ich rechne mit dir, Mateus.“
Dann dreht sie sich um und läuft im Stechschritt zur Kantine. Ihr Pferdeschwanz winkt mir zum Abschied in kontrolliertem Takt zu.
„Ballons!“, ruft Rasmus eifrig, als ich eine halbe Stunde später in einer Sporthalle in Frederiksberg stehe.
„Welche Ballons?“, frage ich und begrüße Juliane, die an der Musikanlage herumfummelt.
„Wir pusten ein paar hundert Ballons auf und legen sie in einem Netz über das Publikum. Wenn die Nummer endet und die Leute wie verrückt klatschen, schweben die Ballons auf sie hinab.“
„Und wer soll so viele Ballons aufpusten?“
„Da werden wir schon jemanden finden.“
„Und wo willst du ein so großes Netz hernehmen? Und wie willst du es an der Decke befestigen?“
„Ach, das werden wir schon irgendwie hinkriegen“, antwortet Juliane.
„Die Leute werden den ganzen Abend nichts anderes tun, als auf die Ballons zu schießen. Nur dass du gewarnt bist.“
Rasmus runzelt missmutig die Stirn. Er hasst es, wenn seine unrealistischen Pläne auseinandergepflückt werden.
„Ich kapiere gar nicht, warum du überhaupt Bock hast, dich da so reinzuhängen“, sage ich und setze mich an die Wand. Ich friere. Es ist mein erster Tag ohne Winterjacke, und obwohl der Kalender bald den 1. April zeigen wird, ist der Winter noch nicht auf dem Rückzug.
„Nein, denn du hast ja wohl überhaupt keinen Bock, dich für irgendwas zu engagieren“, faucht Rasmus gereizt. „Weil es nichts gibt, für das du brennst!“
„So ein Schwachsinn. Nur weil ich keine Lust habe, Ballons aufzupusten.“
Innerhalb von zehn Sekunden sind wir wieder bei unserem Streit vom Samstag. Und dann flippt Rasmus aus: „Ich habe vor, eine Show zu liefern, über die die Leute noch viele Jahre lang reden werden! Das ist wichtig für mich. Und es ist so was von nervig, dass du allem gegenüber immer so scheißarrogant bist.“
„Das bin ich doch gar nicht.“
„Es gibt nichts, was dir etwas bedeutet.“
„Nur weil ich mich nicht für deine Homo-Show begeistern will?“
„Dann könntest du wenigstens so tun, als ob!“
„Jungs, jetzt hört doch auf, euch so in die Haare zu kriegen.“ Juliane geht zu Rasmus und legt ihren Arm um ihn. „In Wirklichkeit wollen wir doch alle dasselbe. Oder, Mateus?“
„Und was wollen wir?“
„Eine Show organisieren, auf die wir stolz sein können.“
„Ja, dann lasst mal sehen, wie weit ihr gekommen seid.“
Juliane spurtet zur Anlage zurück. „Für die Choreografie bin ich verantwortlich, aber die können wir auch noch ändern. Du sollst einfach nur deine ehrliche Meinung sagen.“
„Wenn sie positiv ist“, murrt Rasmus und schreitet mit dramatisch erhobenem Kopf über den Hallenboden: When I was just a little girl …
Als er fertig ist, blickt Juliane mich an: „Na, was sagst du jetzt?“
„Nicht schlecht.“
„Jetzt überschlag dich mal nicht vor Begeisterung“, raunzt Rasmus.
„Es ist gut“, sage ich und meine es ernst.
Zwei Stunden später ist die Choreografie perfekt, aber Juliane und Rasmus wiederholen die Nummer trotzdem unaufhörlich. Ich bin es jetzt richtig leid, Rasmus noch länger anzusehen und betrachte stattdessen Juliane. Heute wirkt sie sehr lebendig und lächelt viel. Keine Spur mehr von dem Mädchen, das noch vor Kurzem in einer Bar saß und mir sagte, dass es nie richtig glücklich war im Leben.
Gestern habe ich Nick von ihr erzählt. Es war auf dem Basketballplatz und wir beide waren allein. Nicht weiter verwunderlich, denn das Wetter war fies, eiskalter Nieselregen. Wir warfen ein paar Bälle in Richtung Korb, während Nick meinen Zweifeln in Bezug auf Juliane lauschte.
„Also,
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