Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
fragte Jan aufgebracht. „Sie hat mich als Sprungbrett benutzt. Keine zwei Monate, nachdem sie hier war, hat sie eine eindeutige Anzeige aufgegeben, in der sie einen anderen Mann sucht! Das ist doch Wahnsinn, oder?" Sein Blick wanderte zwischen dem Bildschirm und Sam hin und her.
„Kann sie vielleicht einfach ein früheres Datum eingetragen haben?“, startete Sam einen schwachen Versuch.
„In keinem Fall, Samantha, das Datum wird vom System gesetzt, wenn du dich anmeldest. Ich habe das ausprobiert, weil ich es nicht glauben konnte.“
Mit einer hektischen Bewegung stand er auf. „Das wollte ich dir nur zeigen“, sagte er. „Jetzt sag' du mir bitte, was sich eine Frau denkt, die so was macht!“
„Lass' uns runtergehen“, erwiderte sie mit ruhiger Stimme.
„Ja, gehen wir runter. Und dann sagst du mir bitte, was eine Frau denkt, die einen Mann so ausnutzt. Ich habe ihr den Flug bezahlt, sogar eine Krankenversicherung habe ich für sie abgeschlossen. Um die Visumsverlängerung habe ich mich gekümmert, als sie längst auf der Suche nach einem Anderen war. Meinst du, sie hat jetzt schon einen Neuen? Wahrscheinlich einen, der mehr Geld hat als ich, oder? Ist es das, was sich Frauen dabei denken?“
„Es sind nicht alle Frauen so, Jan, und das weißt du auch.“ Noch bevor sie fertig gesprochen hatte, bereute sie das Gesagte.
„Nein, das weiß ich nicht, Samantha. Es gab bisher keine Frau in meinem Leben, die mir gezeigt hat, dass Frauen auch anständig sein können.“ Sie waren im Wohnzimmer angelangt und setzten sich auf die Couch.
Sam versuchte, ihn ein wenig aufzumuntern. „Und was ist mit mir?“, fragte sie, und zwang sich zu einem verschmitzten Lächeln, was ihr sogar gelang.
„Du? Du bist doch keine Frau, Samantha, du bist eine Domina!“
Ihr Lächeln verschwand schlagartig und ihre Gesichtszüge versteinerten.
„Ja“, fuhr er mit hektischer Stimme fort, „du bist ein guter Freund, aber als Frau kann ich dich nicht sehen. Wer weiß, vielleicht sollte ich mir eine Domina suchen. Ihr scheint anders zu sein. Ich bekomme Panik, wenn ich all deine Apparaturen sehe, aber ich würde mich tausendmal lieber an dein verdammtes schwarzes Kreuz nageln lassen, als noch einmal so was wie mit Deborah zu erleben.“
Sam schluckte den Stich ins Herz hinunter. Innerhalb einer Sekunde hatte sie den plötzlich auftretenden Schmerz niedergekämpft und sagte: „Probiere es einfach aus. Ich habe eine nette Kollegin …“ Sie war sicher, dass er nicht bemerkte, wie sehr er sie getroffen hatte. Das war gut so.
„Stell' sie mir mal vor“, antwortete er, noch immer mit seiner lauten, aufgeregten Stimme. Dann, eine Spur leiser: „Ich halte das nicht aus, Samantha. Hast du etwas zu trinken?“ Dabei sah er sie an. Seine Augen flackerten, und Sam meinte eine Spur Wahnsinn darin zu erkennen. Er konnte nicht für alles verantwortlich gemacht werden, was er in diesem Zustand sagte. Dennoch hatte er es geschafft, sie zu verletzen, und sie würde sich ihm gegenüber ein wenig verschließen.
Mit einem Nicken stand sie auf und holte ihm einen Wodka. Kurz überlegte sie, ob sie auch einen trinken sollte, entschied sich aber dagegen. Jan leerte das Glas in einem Zug, und Sam schenkte nach. Dann wurde er langsam ruhiger.
„Wie soll ich jemals wieder einer Frau vertrauen? Das kann doch alles nicht wahr sein, oder?“
„Es ist wirklich unglaublich“, stimmte sie ihm zu. „Ich habe es selbst gesehen, und glaube es trotzdem kaum.“
„Weißt du, was das Schlimmste ist?“, fragte er. Ohne ihre Antwort abzuwarten, sprach er weiter: „Dass ich sie noch immer liebe. Ist das nicht irre? Sie benutzt mich, sucht sich andere Männer, kurz nachdem sie hier ist, verlässt mich wegen eines anderen, und ich liebe diese Frau immer noch. Kann man denn dümmer sein als ich?“
Einem Impuls folgend legte sie ihren Arm um seine Schulter, zog ihn zu sich, drückte ihn und hielt ihn ganz fest. „Du bist nicht dumm, Jan. Im Gegenteil. Du bist einfach ein Mensch, der in der Lage ist, Gefühle zu zeigen.“
„Schlimm genug“, flüsterte er und unternahm keinen Versuch, sich aus ihren Armen zu befreien. „Warum kann ich nicht so sein wie du?“, fragte er dann leise.
Die folgenden zwei Stunden drehten sich ihre Gespräche im Kreis. Beiden war es unerklärlich, wie jemand so etwas tun konnte. Aber Sam hatte schon wesentlich Schlimmeres gesehen, als dass sie davon schockiert sein konnte. Schockiert war sie nur von dem
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