Spiel der Herzen (German Edition)
lachten, und Annabel und Mrs. Lake gingen mit den Kindern zur Treppe, ohne ihrem Gequengel Beachtung zu schenken, während Jarret sich wieder an den Tisch setzte. Als er seine Karten aufnahm, merkte er, dass Lake ihn prüfend musterte.
»Was beschäftigt Sie, Sir?«, fragte er.
Lake ließ die Karten sinken. »Verzeihen Sie mir meine Unverblümtheit, Sir, aber warum haben Sie beschlossen, herzukommen und uns zu helfen? Selbst wenn der Plan aufgeht, springt für die Brauerei Plumtree kein großer Gewinn heraus.«
Jarret ordnete seine Karten. »Da muss ich Ihnen widersprechen. Allsopps Erfolg sagt mir, dass es auf Dauer ein einträgliches Geschäft für uns beide werden könnte.«
»Wenn ich den Betrieb halten kann«, sagte Lake mit besorgter Miene. »Was keineswegs sicher ist.«
Jarret wog seine Worte sorgfältig ab. »Ich habe diese Woche viel Zeit mit Ihnen verbracht und erkannt, dass das, was Ihre Schwester über Sie sagt, wahr ist. Sie haben wirklich einen guten Geschäftssinn, aber Sie vertrauen nicht auf Ihren Instinkt.«
»Sie sehen doch, wie nahe Lake Ale dem Abgrund ist«, entgegnete Lake. »Lässt das etwa auf einen guten Geschäftssinn schließen?«
»Das Problem ist nicht Ihr Geschäftssinn, sondern Ihr Hang, ihn im Alkohol zu ertränken.«
Lake blickte zwar verärgert drein, aber er leugnete es nicht. »Meine Trinkerei ist nicht die Ursache für den Einbruch des russischen Marktes. Und sie ist auch nicht für die gestiegenen Preise für Fässer und Hopfen verantwortlich.«
»Das ist richtig. Aber die Stärke eines Mannes wird daran gemessen, wie er auf die Herausforderungen des Lebens reagiert. Und bisher haben Sie nicht besonders gut darauf reagiert.«
»Sie müssten eigentlich wissen, wie das ist«, erwiderte Lake. »Soweit ich gehört habe, reagieren Sie auf die ›Herausforderungen des Lebens‹, indem Sie ihnen aus dem Weg gehen und sich an den Spieltisch flüchten.«
Jarret biss die Zähne zusammen. Dieser Vorwurf ließ sich nicht zurückweisen. Sicher, er hatte nie eine Familie ernähren müssen und keinen Grund gehabt, in der Brauerei zu arbeiten, als seine Großmutter die Zügel noch fest in der Hand hatte – aber er hätte es versuchen können.
Wie wäre sein Leben wohl verlaufen, wenn er seine Großmutter vor zehn Jahren gebeten hätte, ihm eine Chance zu geben? Seinerzeit hatte er es für töricht gehalten, seine Energie in eine solche Aufgabe zu stecken, weil ihm all seine Mühen immer nur Kummer und Leid einbrachten.
Nun begann er sich zu fragen, ob diese Einschätzung womöglich falsch gewesen war. Es nicht zu versuchen, hatte ihm nichts gebracht, denn nun, zehn Jahre später, leitete er die Brauerei ohnehin. Hätte er früher angefangen, hätte er einigen Problemen, die es wegen des russischen Marktes gab, vielleicht vorbauen können. Er hätte womöglich sogar das Ultimatum verhindern können, das seine Großmutter ihren Enkeln aus purer Verärgerung gestellt hatte.
Dieser Gedanke war in höchstem Maß ernüchternd.
»Sie haben recht«, sagte er. »Es steht mir nicht zu, anderen zu erklären, was man mit den Karten anfängt, die das Schicksal einem zuteilt. Aber ich lerne aus meinen Fehlern, und ich habe gelernt, dass es nichts bringt, sich vor etwas zu drücken. Es zögert das Unvermeidliche nur hinaus. Es ist besser, einen Versuch zu unternehmen und zu scheitern, als gar nichts zu unternehmen.«
Es war die Wahrheit. Diese eine Woche, in der sie eine Zukunft für die beiden Brauereien aufgebaut hatten, hatte ihm mehr Hoffnung und Freude beschert als die vielen Jahre des Glücksspiels. Es war zwar unvorhersehbar, was für ein Blatt man bekam, aber was man aus seinen Karten machte, konnte alles ändern.
Lakes Verärgerung war verflogen, aber er beobachtete Jarret immer noch so aufmerksam wie ein Fuchs den Jäger. »Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Warum sind Sie hergekommen? Wie hat Annie Sie dazu gebracht, eine Zusammenarbeit überhaupt in Erwägung zu ziehen?«
»Ihre Schwester kann sehr überzeugend sein«, entgegnete er ausweichend.
Lake nickte. »Und sie ist auch sehr hübsch, wie Sie sicherlich bemerkt haben.«
»Man müsste blind sein, um es nicht zu bemerken.« Solange er nicht wusste, worauf Lake hinauswollte, hielt er sich lieber bedeckt.
»Mir ist jedenfalls nicht entgangen, dass Sie länger in Burton geblieben sind, als es für unseren Geschäftsabschluss nötig war. Gibt es einen Grund dafür?«
Jarret war das Katz-und-Maus-Spiel allmählich leid.
Weitere Kostenlose Bücher