Spiel der Herzen (German Edition)
einmal mit ihr zusammen sein, verdammt! Noch einmal und immer wieder, sooft er konnte. Das Schlimmste war für ihn das Wissen, dass sie sich auch nach ihm sehnte. Er erkannte es an der Art, wie sie ihn in unbeobachteten Augenblicken ansah.
Doch weil sie dafür sorgte, dass sie nie allein waren, hatte er keine Chance, sie völlig ungeniert zu verführen, und seine dezenteren Bemühungen wehrte sie jedes Mal erfolgreich ab. Streifte er ihre Finger, wenn sie ihm Papiere aushändigte, gab sie ihm nichts mehr in die Hand. Strich er unter dem Tisch ihr Bein entlang, trat sie ihm auf den Fuß.
Im Lauf der Zeit sah er sie immer weniger, da sie in der Halle den Brauprozess überwachte. Aber auch er war sehr beschäftigt, denn er arbeitete unterdessen mit Lake und Walters einen Vertrag aus, der beiden Seiten genehm war.
Gott sei Dank sah er sie an den Abenden, die er bei den Lakes verbrachte. Anfangs war die Atmosphäre beim Essen angespannt gewesen, weil seine Anwesenheit Lake nicht so recht gepasst hatte, doch nachdem sie sich bei den Verhandlungen besser kennengelernt hatten, war er viel entspannter und behandelte ihn nun wie einen Ehrengast.
Nach dem Essen zogen er und Lake sich jeden Abend zurück, um einen guten Portwein zu genießen, aber Lake trank nur wenig; zweifelsohne, weil Jarret ihn im Auge hatte. Sie ließen die Damen nur für kurze Zeit allein, um sich dann im Salon zu ihnen zu gesellen, wo man sich die Zeit meist mit Lesen oder Scharaden vertrieb. Und jeden Abend war es ihm eine Qual, Annabel zu sehen, sie aber nicht anfassen zu können.
An diesem Abend war es für ihn noch schlimmer als sonst. Er und Lake waren gut mit dem Vertrag vorangekommen. Am nächsten Tag mussten sie sich noch um ein paar Kleinigkeiten kümmern, und dann gab es für ihn keinen Grund mehr zu bleiben. Er hatte sogar schon einen Brief von seiner Großmutter bekommen, in dem sie ihn dafür schalt, dass er seine Pflichten in London vernachlässigte. Am übernächsten Tag musste er sich wahrscheinlich auf die Heimreise begeben.
Aber er wollte gar nicht weg.
Seine Miene verfinsterte sich. Das kam dabei heraus, wenn man eine Frau zu nah an sich heranließ. Sie verleitete einen nur dazu, sich Dinge zu wünschen, die sowieso keinen Bestand hatten. Sie weckte Sehnsüchte in ihm.
An diesem Abend nun trieb sie ihn also langsam zum Wahnsinn. Ihr Kleid ließ gerade so viel von ihren milchweißen Schultern unbedeckt, dass er daran erinnert wurde, wie es sich angefühlt hatte, sie zu liebkosen. Jedes Mal, wenn sie einem der Kinder ihren Kopf zuneigte und er ihren schlanken Nacken sah, packte ihn das Verlangen, sie in seine Arme zu schließen und ihren Hals zu küssen, bis ihr Puls in dem ungestümen Rhythmus schlug, der verriet, dass sie mehr für ihn empfand, als sie zu zeigen wagte.
Doch es war nicht nur das. Die Kinder waren an diesem Abend bei ihnen, weil das Kindermädchen frei hatte. Während er mit Lake eine Partie Loo spielte und Mrs. Lake ein Kissen bestickte, tollten Annabel und die Kinder im Salon umher.
Sie liebten es, wenn ihre Tante Annabel sang, und das zu Recht, denn für Kinderlieder war ihr schöner klarer Sopran hervorragend geeignet. Sie baten sie in einem fort um Lieder, zu deren Melodie sie wie die Affen herumspringen oder alberne Verrenkungen machten konnten. Selbst Geordie, der behauptete, zu alt für derlei Unsinn zu sein, drehte sich vergnügt mit den Jüngeren im Kreis und setzte sich seinen kleinen Bruder auf seine Schultern.
Die traute Familienidylle erinnerte Jarret schmerzlich an die Zeit, bevor seine Welt zusammengebrochen war. Er konnte seinen Blick nicht davon losreißen – die Kapriolen der Kinder und Annabels geduldiger, heiterer Umgang mit ihnen faszinierten ihn so sehr, dass er seinen Karten nur wenig Beachtung schenkte. Es war eigenartig, eine Frau, die er so sehr begehrte, dabei zu beobachten, wie sie für eine Hand voll kichernde Rangen das Kindermädchen spielte. Wider Erwarten fand er es bezaubernd.
Ihm kam in den Sinn, was sie wenige Tage zuvor gesagt hatte: Und wessen Kinder würde ich andernfalls hüten? Deine?
Bis dahin hatte er noch nie an eigene Kinder gedacht. Er hatte nicht das Bedürfnis, einen Erben in die Welt setzen, er brauchte keine Ehefrau, weil es jede Menge Kellnerinnen gab, mit denen er sich vergnügen konnte, und er wollte seine Lebensweise nicht einer keifenden Xanthippe zuliebe ändern, die etwas gegen seine langen Nächte und seinen Hang zum Glücksspiel hatte.
Doch die
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