Spiel der Herzen (German Edition)
hier – für den Fall, dass er zur Vernunft kommt und nach Hause zurückkehrt.«
»Einverstanden.« Annabels Herz raste vor Angst. Nicht auszudenken, was dem Jungen alles zustoßen konnte!
Hugh legte einen Arm um sie. »Es wird schon gut gehen, Annie. Geordie ist ein patenter Junge. Er weiß sich zu helfen.«
»Wie will er Jarret überhaupt in London finden? Und wenn er in Schwierigkeiten gerät, während er allein in der Stadt umherläuft? Ihm könnte alles Mögliche passieren!«
»Ich weiß, aber du machst dich nur verrückt, wenn du dir das Schlimmste ausmalst. Wir müssen einfach hoffen, dass er rasch bei Lord Jarret eintrifft.« Hugh gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Hab ein bisschen Vertrauen zu dem Jungen. Er ist ein helles Köpfchen.«
Das nützte ihm nun nichts, wenn er auf Kerle von der raueren Sorte traf! Annabel sah das Bild vor sich, wie George von Straßenräubern ausgeraubt und verprügelt in irgendeiner Gasse verblutete. »Ich hätte es ihm sagen sollen«, flüsterte sie. »Wenn ich es ihm gesagt hätte –«
»Was geschehen ist, ist geschehen. Wir werden ihn finden, und wenn wir ganz London auf den Kopf stellen müssen!«
Die grimmige Entschlossenheit, die aus den Worten ihres Bruders sprach, konnte Annabel kaum trösten, aber eines war sicher: Wenn sie Geordie gesund und wohlbehalten zurückbekam, ließ sie ihn nie wieder fort.
Nach der Mittagszeit kam Jarret beschwingten Schrittes ins Büro der Brauerei. Die Kapitäne der East India hatten einem Vertrag mit Plumtree über den Verkauf des Bräus von Lake Ale zugestimmt. Sie waren so beeindruckt von der Qualität von Annabels hellem Bier gewesen, dass sie eine Bestellung über zweitausend Fass in Auftrag gegeben hatten! Das war fast so viel, wie an die Russen gegangen war. Und Lakes Anteil am Gewinn genügte, um seine kleine Brauerei mindestens ein Jahr in Schwung zu halten. Annabel würde begeistert sein.
Er hielt inne. Er sollte es ihr sofort erzählen; er sollte nach Burton fahren, um den Erfolg mit ihr zu feiern!
Um sie wiederzusehen.
Er ließ sich stöhnend in seinen Schreibtischsessel sinken. Eigentlich sollte er sie sich aus dem Kopf schlagen. Seit er Burton verlassen hatte, hatte er sich in die Arbeit, in das Projekt und in seine Aufgabe vergraben, Plumtree wieder auf Vordermann zu bringen. Er hatte versucht, Annabel zu vergessen.
Aber er konnte es nicht. Wenn ihm der Geruch von frischem Hopfen in die Nase stieg, dachte er an ihren reinen, fruchtigen Duft. Wenn er den Schaum im Maischekessel sah, dachte er an ihr wunderbares Haar. Und wenn nachts das Licht gedämpft wurde und es still im Betrieb wurde, dachte er an ihre heimlichen Treffen in der kleinen Kammer hinter dem Büro von Lake Ale zurück, die allein von einem Kohlefeuer und ihrer lodernden Leidenschaft erhellt worden war.
Gott, nun wurde er schon wieder sentimental. Es wurde allmählich zum Dauerzustand. Sie fehlte ihm. Er hatte verdammt noch mal nicht damit gerechnet, dass sie ihm so sehr fehlen würde.
Croft öffnete die Tür zu seinem Büro. »Mr. Pinter ist hier. Möchten Sie ihn sprechen?«
»Natürlich.« Es brachte ihn zumindest auf andere Gedanken.
Nachdem Pinter Platz genommen hatte, kam er direkt zur Sache. »Ich habe endlich den Stallburschen gefunden, der an jenem Tag das Pferd Ihrer Mutter gesattelt hat. Er sagte, er habe Desmond nicht gesehen und auch von niemandem gehört, dass er sich in der Nähe aufgehalten habe. Aber Ihre Mutter hat offenbar etwas zu ihm gesagt, das wichtig sein könnte.«
Jarret horchte auf. »Und?«
Pinter rutschte auf seinem Stuhl herum. »Sie … äh … hat ihn wohl gebeten, Ihrem Vater nicht zu sagen, wohin sie wollte.«
Jarret stockte der Atem. Das war die Bestätigung: Mutter war nicht davongeritten, um Vater zur Rede zu stellen. Sie hatte ihm vielmehr aus dem Weg gehen wollen. Aber woher hatte Vater gewusst, wohin sie wollte? Warum war er ihr gefolgt, wo sie doch kaum noch miteinander gesprochen hatten?
»Und Desmond? Haben Sie mehr über ihn herausgefunden? Masters versucht immer noch, eine Möglichkeit zu finden, die früheren Fassungen von Großmutters Testament einzusehen.«
»Ich weiß nur, dass es seinerzeit mit seiner Mühle bergab ging.«
»Ein Motiv mehr.«
»Ja.«
»Ist Mutter möglicherweise fortgeritten, um sich mit ihm zu treffen? Vielleicht war sie so wütend auf Vater, dass sie etwas mit Desmond aushecken wollte. Sie stand ihm nicht so ablehnend gegenüber wie wir.«
»Vorstellbar ist es, aber
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