Spiel der Magier
ins Tal kommen?«
»Nein. Wahrscheinlich ist ihm nie in den Sinn gekommen, danach zu fragen. Du weißt ja, wie Beltira ist.«
»Es wird uns Monate kosten, Vater«, wandte Polgara mit gerunzelter Stirn ein. »Es sind siebenhundertfünfzig Meilen bis ins Tal.«
»Aldur wünscht, daß wir dorthin gehen«, antwortete er. »Nach all den Jahren werde ich nicht anfangen, ihm ungehorsam zu sein.«
»Und in der Zwischenzeit bringt Ctuchik das Auge nach Rak Cthol.«
»Es wird ihm nichts nützen, Pol. Torak selbst könnte sich das Auge nicht gefügig machen, und er hat es über zweitausend Jahre lang versucht. Ich weiß, wo Rak Cthol ist; Ctuchik kann es nicht vor mir verbergen. Er wird mit dem Auge dort sein, wenn ich zu ihm gehen werde, um es ihm abzunehmen. Ich weiß, wie ich mit diesem Magier fertig werde.« Er sprach das Wort ›Magier‹ mit hörbarer Verachtung aus.
»Was wird Zedar in der ganzen Zeit tun?«
»Zedar hat seine eigenen Probleme. Beltira sagt, daß er Torak von dem Ort, an dem er ihn versteckt hatte, fortgebracht hat. Ich glaube, wir können darauf vertrauen, daß er Toraks Körper, so weit wie er nur kann, von Rak Cthol wegbringt. Eigentlich haben sich die Dinge ganz gut entwickelt. Ich hatte jedenfalls allmählich die Lust verloren, Zedar zu jagen.«
Ce’Nedra fand das alles etwas verwirrend. Warum waren sie alle so interessiert an den Unternehmungen zweier Angarak-Zauberer mit fremdklingenden Namen und an diesem geheimnisvollen Edelstein, den anscheinend jeder gern besitzen wollte? Für sie war ein Edelstein so gut wie jeder andere. In ihrer Kindheit war sie von solchem Luxus umgeben gewesen, daß sie schon lange aufgehört hatte, besonderen Wert auf Schmuck zu legen. Im Augenblick trug sie als einzige Schmuckstücke ein Paar winziger goldener Ohrringe in Form von Eicheln, und ihre Vorliebe für sie rührte weniger daher, daß sie aus Gold waren, als vielmehr daher, daß die geschickt ersonnenen Klöppel im Innern bei jeder Bewegung ihres Kopfes klingelten.
All das klang in ihren Ohren wie eine der alornischen Mythen, die sie vor Jahren von einem Geschichtenerzähler am Hofe ihres Vaters gehört hatte. Auch darin war ein magischer Edelstein vorgekommen, erinnerte sie sich. Er war von dem Gott der Angarakaner, Torak, gestohlen worden und von einem Zauberer und einigen alornischen Königen zurückerobert worden, die ihn auf einem Schwert befestigten, das im Thronsaal von Riva aufbewahrt wurde. Irgendwie sollte er den Westen vor einem schrecklichen Unglück schützen, das eintreten würde, wenn er verloren ginge. Komisch – der Name des Zauberers in der Legende war Belgarath, genauso wie der des alten Mannes hier.
Aber das würde bedeuten, daß er Tausende von Jahren alt war, und das war lächerlich! Er war gewiß nach dem Helden dieses alten Mythos benannt worden oder er hatte den Namen angenommen, um die Leute zu beeindrucken.
Wieder einmal wanderten ihre Augen zu Garion hinüber. Der Junge saß still in einer Ecke der Kabine, mit ernsten Augen und ebenso ernster Miene. Sie überlegte, daß es vielleicht seine Ernsthaftigkeit war, die ihre Neugier weckte und ihre Augen immer wieder zu ihm hinwandern ließ. Die Jungen, die sie gekannt hatte – Edle und die Söhne von Edlen –, hatten versucht, charmant und geistreich zu sein, aber Garion versuchte niemals zu scherzen oder kluge Dinge zu sagen, um sie zu amüsieren. Sie war sich nicht ganz sicher, was sie davon halten sollte. War er so ein Tölpel, daß er nicht wußte, was von ihm erwartet wurde? Oder vielleicht wußte er es, aber es lag ihm nicht genug an ihr, um sich die Mühe zu machen. Er könnte es wenigstens versuchen wenn auch nur ab und zu. Wie konnte sie überhaupt mit ihm umgehen, wenn er sich schlicht weigerte, sich ihretwegen zum Narren zu machen?
Sie ermahnte sich scharf, daß sie wütend auf ihn war. Er hatte gesagt, daß Königin Salmissra die schönste Frau sei, die er je gesehen habe, und es war noch viel, viel zu früh, um eine solch unverschämte Bemerkung zu verzeihen. Sie wollte ihn auf jeden Fall für diesen beleidigenden Lapsus leiden lassen. Ihre Finger spielten mit einer der Locken, die ihr Gesicht umrahmten, und ihre Augen hefteten sich auf Garions Gesicht.
Am nächsten Tag hatte der Ascheregen, der von einem riesigen Vulkanausbruch in Cthol Murgos herrührte, so weit nachgelassen, daß das Schiffsdeck wieder benutzbar wurde. Der Dschungel längs des Ufers war noch immer teilweise in dem staubigen Dunst verborgen,
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