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Spiel Der Sehnsucht

Spiel Der Sehnsucht

Titel: Spiel Der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Lady Babcock - du weißt, drüben bei Symington - von Lady Westcott gehört. Lady Babcock ist die Kusine von Darcy Harrigan, dessen Schwester mit Viscount Prufrock verheiratet ist. Sie halten ein Stadthaus und erfahren so den ganzen Klatsch aus erster Hand.«
    »Und was hat Lady Babcock über Lady Westcott gesagt?« unterbrach Lucy den wirren Redefluß ihrer Schwägerin.
    Hortense machte runde Augen. »Es heißt, sie sei, naja, ziemlich streng.« Sie hielt kurz inne und fuhr dann flü-
    sternd fort: »›Schreckschraube‹ war das Wort, das Lady Babcock benutzte.«
    »Dann wird sie sich mit Graham ausgezeichnet verstehen«, bemerkte Lucy trocken, bedauerte aber sofort ihre vorschnellen Worte, als sie Hortenses verletzten Blick bemerkte.
    »Du bist so unfreundlich, Lucy. Graham ist immer gut zu dir. Er ist zu allen gut.«
    Lucy verzog das Gesicht. »Es tut mir leid. Du hast ganz recht. Ich hätte das nicht sagen sollen.« Wenigstens nicht in deiner Gegenwart, setzte sie im stillen hinzu.
    »Wird Mutter auch mitkommen?« fragte sie, um das Thema zu wechseln.
    »O ja, Graham sagt, sie muß. Wir alle müssen gehen, sogar du.«
    Sogar du. Lucy zwang sich, nicht auf diesen Hinweis zu reagieren, daß sie das unbedeutendste Mitglied der Familie sei. Sie war Grahams ledige Schwester, zu jung, um den Respekt zu erwarten, den man Älteren zollte, und zu alt, um noch vorteilhaft verheiratet zu werden. Sie besaß kein großes Vermögen, keinen eigenen Titel. Und wenn sie auch wußte, daß sie leidlich hübsch war, so reichte das doch nicht aus, die unglückliche Neigung zu kaschie-ren, stets ihre Meinung zu sagen. Doch man erwartete, daß sie zu den Fordhams mitging, um Lady Westcott die Aufwartung zu machen.
    Vermutlich sollte sie für solche Vergünstigungen dankbar sein.
    Auf jeden Fall wollte sie sich gut unterhalten, beschloß Lucy, während sie eilig ihre Neffen und Nichten zusam-mensuchte. Endlich würde sie einen Menschen kennenlernen, dessen Gedanken und Meinungen ihr neu waren.
    Es würde eine angenehme Unterbrechung des faden täglichen Einerlei sein, etwas anderes als Unterrichten, Frie-denstiften und oberflächliche Unterhaltungen.
    Bitte, laß Lady Westcott einigermaßen gescheit sein, betete Lucy.
    Denn sollte sich Lady Westcott als gescheit und witzig herausstellen und zudem noch eine Weile im Haus der Fordhams bleiben, so hätte Lucy zumindest eine Zeitlang einen Menschen, mit dem sie die anregenden Gespräche über Bücher, Ideen und Politik führen konnte, nach denen sie sich so sehnte. Einen Menschen, der ihr neue geistige Nahrung vermitteln könnte, bis sie einen Weg gefunden hatte, nach London zu entkommen.
    Das Landhaus der Fordhams, das außerhalb des Ortes Taunton lag, bestand aus einer Anhäufung von antiken Räumen und stammte noch aus der Zeit Heinrichs III.
    Die Fordhams selbst waren nicht ganz so alt, obwohl sie so aussahen. Und auch Lady Westcott sah nach uraltem Adel aus, fand Lucy, als man sie der würdevollen Dame vorstellte.
    Die Gräfinwitwe saß auf dem Ehrenplatz der Fordhams, einem riesigen Sessel aus geschnitzter englischer Eiche, gepolstert mit chinesischen Kissen. Ihr Kleid war streng geschnitten, der Stoff jedoch war aus der kostbar-sten ebenholzfarbenen Seide, die Lucy je gesehen hatte.
    So schwer die Seide war, so umfloß sie doch die Gestalt der alten Frau wie die feinste Gaze.
    Lady Westcotts einziger Schmuck bestand aus einem Paar schwarzer Jettohrringe, einer schweren goldenen Uhrkette und einem Ebenholzstock mit Kristallknauf.
    Trotz ihrer kleinen Statur und ihrer vogelhaften Züge machte sie auf Lucy einen imponierenden Eindruck. Jede andere Frau hätte in diesem Sessel, umgeben von dem enorm großen Raum, zwergenhaft gewirkt. Nicht so Lady Westcott.
    Die Gräfinwitwe begrüßte die Besucher mit ausgesuchter Höflichkeit. Lord Fordham stellte ihr zuerst Viscount Houghton vor, danach präsentierte Graham den Rest seiner Familie. Lucy war natürlich als Letzte an der Reihe. Doch aus unerfindlichen Gründen betrachtete die alte Frau gerade Lucy besonders eingehend.
    Als Lucy ihren korrekten Knicks angebracht hatte, sprach Lady Westcott sie an: »Wie alt sind Sie, Miss Drysdale?«
    Das war ziemlich direkt. »Achtundzwanzig. Weshalb wollen Sie das wissen?« fragte Lucy ebenso direkt zu-rück.
    Die Augenbrauen der Gräfinwitwe hoben sich leicht.
    Graham räusperte sich, Hortense schien einer Ohnmacht nahe, und Lucys Mutter, Lady Irene, kicherte nervös, als habe ihre vorwitzige Tochter

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