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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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dem Claras Wohnung lag. So früh am Morgen war die Temperatur
noch frisch, und er begegnete keinem Menschen. Er stellte die prall gefüllte
Einkaufstasche kurz ab, um einer Kuh, die ihm den Kopf über den Zaun
entgegenreckte, gut gelaunt die Stirn zu kraulen.
    Er löste den Riegel am Gartentürchen und schritt entschlossen den
Plattenweg entlang. Mit der Schlüsselkopie schloss er die Haustür auf und
machte vor ihrem Wohnungseingang halt. Die Tasche stellte er wieder ab. Eine
kunstvoll geschmiedete Metalltreppe führte in die erste Etage. Nichts rührte
sich. Die obere Wohnung schien unbewohnt. Er hatte noch nie jemanden kommen
oder gehen sehen. Dass Clara in München im Sender war, hatte er dort erfragt.
    Er atmete langsam aus und stellte die an den Seiten ausgebeulte
Tasche behutsam vor ihre Tür auf den Abstreifer. Zärtlich strich er darüber und
heftete einen Zettel an. »Für Clara«, stand darauf.
    Er hörte ein Geräusch in seinem Rücken. Ein Schlüssel drehte sich im
Schloss. Langsam schwang die Haustür auf. Mit eingezogenen Schultern huschte er
unter den Treppenaufgang und machte sich flach.
    War es Clara? Sie hätte mehr Schwung gehabt.
    Er hörte ein heiseres Keuchen. Zwei Möpse hechelten durch die Tür
und führten eine alte Dame an der Leine, die sich von ihnen langsam
vorwärtsziehen ließ, bis die Hundeschnauzen an der Tasche klebten. Für den Fall
der Entdeckung hatte Gottfried mehr Respekt vor den Hunden als vor der Frau. Er
ließ sich augenblicklich einen Notfallplan einfallen: Nach einer kleinen
Plauderei würde die Frau garantiert denken: Was für ein höflicher, charmanter
junger Mann!
    * * *
    Ein markantes Gesicht, dachte Clara Gray auf der Fahrt von Rimsting
vorbei am Chiemsee über die A 8 nach Brannenburg. Es zeugt von
Charakterstärke. Charakter, davon war Clara felsenfest überzeugt, besaß Adrian
Luger in hohem Maß. Er hatte ihr angeboten, den Maserati zu nehmen. Er hätte
sich dann mit dem Porsche begnügt. Doch sie wollte in ihrem Heimatort kein
Aufsehen erregen – »Schaug dir’s o, die Schnepfn. Kaum a bisserl wos bein
Fernsehn gworn, scho dreht’s durch, die kloane Schlampn« – und wollte ihren
eigenen Golf nehmen. Er aber hatte darauf bestanden, dass sie in den
Nobelitaliener stieg.
    Sie fühlte sich wohl in seinem Haus. Doch sie sah sich noch nicht in
der Lage, zu ihm zu ziehen. Nicht allein der Altersunterschied war der Grund, weshalb
sie zögerte. Sie hätte auch ihre Freiheit aufgeben müssen. Erst wollte sie ihre
Karriere festigen, das war die Priorität Nummer eins in ihrem Leben. In ein,
zwei Jahren vielleicht wäre sie dann bereit zu mehr. Er wollte sie heiraten,
hatte ihr einen förmlichen Antrag gemacht. Romantisch bei Kerzenlicht im
Restaurant Winslet in Aschbach. »Kleines, willst du meine Frau werden? Ich
werde dich auf Händen tragen.«
    Ja, sie glaubte ihm. Er war ihr Held.
    Sein Haus besaß drei große Gesellschaftsräume. Wohn- und Esszimmer
waren auf beide Bewohner gleichermaßen zugeschnitten, das Musikzimmer mit dem
Flügel und der Hi-Fi-Anlage war Claras Reich, die Bibliothek mit all seinen
Fachbüchern das von Adrian. Jeder besaß ein eigenes Schlafzimmer mit
integriertem Bad, er zusätzlich einen Whirlpool. Grundbedingungen für das
Zusammenleben zweier erwachsener Menschen, war seine Meinung, die Clara recht
bald rückhaltlos teilte.
    Es gab im Haus eine hypermoderne Küche mit Vorratsraum, dazu etliche
technische Räume wie Bügelzimmer, Putzraum, Nähzimmer, Waschküche, ein
mittelgroßes Fitnesscenter und die Orangerie. Die kleine Personalwohnung an der
Westseite war seit zweieinhalb Jahren unbewohnt. Die Haushälterin hatte die
Reißleine gezogen, wie es Adrian ausdrückte. Seither beschäftigte er keine
Hausangestellten mehr. Nur eine Putzfrau kam mehrfach während der Woche für
einige Stunden. Eine andere Frau kümmerte sich um die Wäsche und bügelte. Bei
größeren Einladungen ließen sie eine Köchin oder einen Caterer kommen, und ein
entfernter Nachbar kümmerte sich um die Garagen und die Fahrzeuge.
    Selbstverständlich genoss Clara dieses Leben in großem Stil. Doch
nun war sie froh, wieder nach Haus zu kommen in ihre schnuckelige kleine
Wohnung, in der immerhin eine vielköpfige Hartz- IV -Familie samt Hund und Katz bequem Platz gefunden hätte.
    Eine knappe Woche war sie nun in Rimsting gewesen, nur unterbrochen
von einem Drehtag in München. Als sie jetzt Richtung Süden von der A 8
abbog und den Bergen entgegensteuerte,

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