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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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genau auf ihn zu. Als wolle der liebe Gott ihn bestrafen. Es
waren zwei Kampfjets. Bevor sie das Haus erreichten, drehten sie ruckartig nach
Norden ab. Sekunden später dröhnte ihr Lärm über die stille Villa.
    Gottfried Dandlberg schüttelte sich. Er ermittelte noch die
Koordinaten des Hauses über GPS .
Danach ließ er Clara und Brannenburg vorerst in Ruhe.

SIEBEN
    Die Tage flossen ineinander. Meist waren es Tage, an denen das
Alpenvorland mit seinen Hügeln, Bilderbuchdörfern und Seen unter bleiernen
Schleiern lag. Ende Oktober rissen sie fast eine Woche lang nicht auf, und
dazwischen regnete es beinahe unablässig in dünnen silbergrauen Schnüren.
Missmutig strömten die Menschen zur Arbeit, und diejenigen, die zu Hause
blieben, verfielen nicht selten in Schwermut.
    Clara Gray spazierte an drehfreien Tagen auf der Veranda des
Rimstinger Hauses umher, unternahm Bergwanderungen, von denen sie durchnässt
heimkehrte. Doch jeder Moment ihres Lebens war Adrian Luger gewidmet. Nein,
falsch: Jeder Moment wurde von ihm mit Beschlag belegt, jeder bewusste und
unbewusste Gedanke drehte sich um ihn. Clara liebte Adrian tief und innig. Mehr
noch: Sie brauchte ihn. Adrian führte sie an der Hand, wenn sie in ihrer neuen
Welt nicht zurechtkam. Er bot ihr Schutz, wenn sie sich angegriffen fühlte. Sie
konnte sich anlehnen, wenn ihr Stolz und ihre Selbstbeherrschung zu schwinden
begannen. Und sie wusste: Adrian wollte sich nicht nur mit ihr schmücken. Er
liebte sie.
    Dennoch, wenn sie frühstückten oder am Essenstisch saßen, wirkte sie
zerstreut. Immer weniger vermochte sie sich zu verstellen oder ihre Gefühle zu
verbergen. Einige Male war sie gefährlich nahe daran, den wahren Grund ihrer
Nervosität zu enthüllen. Adrian, das spürte sie, nahm es mit der ihm eigenen
gelassenen Großzügigkeit, er sah darüber hinweg. Er wartete, bis sie sich ihm
von sich aus offenbarte.
    »Ich habe Angst«, sagte sie dann eines Abends.
    Er stand gegen die Wand gelehnt, neigte ein wenig den Kopf zur Seite
und sah sie lange zärtlich an. Es kam ihr vor, als sehe er nur Linien und
Flächen und wolle gleich ein Porträt von ihr malen.
    »Clara. Wovor willst du Angst haben? Gebe ich dir nicht alles?«
    »Nein, nicht solche Angst. Keine Existenzangst. Keine Angst vor der
Zukunft, da fühle ich mich geborgen bei dir. Ich habe Angst vor einer Person.«
    Er öffnete die Arme und schritt auf sie zu. Beide Handflächen legten
sich federleicht unter ihr Kinn und bogen ihren Kopf behutsam zu sich. Mit
einem Gefühl ungeheurer Erleichterung und Beschütztheit ließ sie sich dankbar
gegen ihn fallen.
    »Du meinst diesen Stalker, diesen Nachtigal, wie er sich nennt?«
    Stumm nickte sie.
    Er strich mit den Fingern sanft über ihre nackten Schultern. Ein
wenig zaghaft griff sie nach vorn und schlang die Arme um ihn. Was sie in
diesem Augenblick empfand, war eine Art Dahinschmelzen, ein Versinken in ihren
Mann, als wäre ihr Körper in einen ätherischen Zustand übergewechselt. Sie hob
die Arme und presste beide Handflächen gegen seine Brust.
    Sein Atem ging schneller.
    »Du musst keine Angst haben, Liebes. Ich werde mich darum kümmern.«
Bedächtig beugte er sich hinab und küsste jedes der drei winzigen Muttermale an
ihrer linken Halsseite einzeln. »Ich kümmere mich drum. Du musst keine Angst
haben. Die Leberfleck-Connection hält.«
    * * *
    Gottfried Dandlberg kochte, wenn er an die Beleidigung dachte, die
Clara Gray ihm in Gegenwart ihres Alten zugefügt hatte. Er hatte in der Einfahrt
vor der Rimstinger Villa gewartet, bis sie endlich im Maserati angerauscht kam.
Sie ließ die Beifahrerscheibe herunter und lächelte ihn hochmütig an. Er hielt
ihr den Herbststrauß hin, den er für sie selbst gepflückt hatte. Einen
Augenblick lang schien es, als würde sie ihn annehmen. Doch dann rief sie
eiskalt: »Lassen Sie mich endlich in Ruhe!« Sie drückte die Fernbedienung, das
Tor fuhr auf, sie warf Gottfried zum Abschied einen triumphierenden Blick zu.
An der Tür wartete ihr Mann. Eng umschlungen waren sie ins Haus gegangen.
    Vorgestern war das gewesen.
    Deshalb knatterte er heute mit der Hundertfünfundzwanziger wieder
nach Brannenburg. Er stellte die Maschine in der Nähe des Friedhofs ab und ging
den Rest zu Fuß. Nach wenigen Metern blinkte das weiße Kircherl von Sankt
Margarethen vom Berg vor dem Wendelsteinmassiv herunter. Der Weg schlängelte
sich durch grüne Wiesen vorbei an herbstgefärbten Ahornbäumen empor zu dem
eleganten Haus, in

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