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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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der ewig langen Bar verdrückt und genossen
dadurch ein wenig – nein, Ruhe wär das falsche Wort, Alleinsein auch – ein
wenig Zweisamkeit. Im golden-gedämpften Licht eines riesigen Kronleuchters
sahen sie sich in die Augen. Clara ahnte bereits, dass sie diese Nacht nicht
allein verbringen würde.
    Um sie herum streunten hungrig wirkende, suchende Frauen und Männer
zwischen Bar, Eingang und Tanzfläche hin und her wie Hund und Katz zwischen den
Beinen eines gedeckten Tischs. In ihr Stimmengewirr und ihr Lachen und in die DJ -Musik im Hintergrund mischten sich
das Klingen der Gläser und der Duft frisch gepresster Orangen und Limetten.
    »Ich nehm halt Schauspielunterricht«, gab Clara zurück.
»Falckenbergschule, kennst du doch, oder?«
    Der Franzi zuckte mit den Schultern und grinste locker. »Wenn die
dort Affen, Warane oder Giraffen ausbilden täten, tät ich’s bestimmt wissen.
Aber so – keine Ahnung.«
    Clara Gray lehnte sich auf ihrem Barstuhl zurück und ließ ein paar
Sekunden verstreichen. Aus den Augenwinkeln musterte sie den Franzi. Er hatte
eine sexy Ausstrahlung, ohne Zweifel. Zumindest auf seine Krokodile und
Warzenschweine – ob sie das auch so empfand, darüber war sie sich nicht im
Klaren. Sicher war sie nur, dass sie noch in dieser Nacht mit ihm schlafen
würde. Es war kalt und leer in ihrem Bett.
    Eine Hand legte sich von hinten leicht auf ihre Schulter.
    »Du bist Clara Gray, nicht?«
    Clara schwang im Drehstuhl herum und hob die Schulterblätter an. Der
hauchzarte Flaum entlang der Einbuchtung ihres Rückgrats und die Rundung ihres
straffen, schmalen Hinterteils wiesen zu Franzi hin.
    Der schluckte. Dann schlug er sich die Faust in die Handfläche.
    Vor Clara stand ein halbwüchsiges Pferdegesicht, dessen Besitzer
offensichtlich den Versuch unternahm, seine Visage mittels eines rostbraunen
Unterlippenbärtchens und sein Styling mittels einer Krawatte zu veredeln. Auf
dicken roten, sorgfältig zerzausten Haaren saß eine signalrote Baseballkappe.
    »Kennen wir uns?«, blaffte Clara ihm entgegen. Sie hatte gelernt,
sich in der Welt der Männer und des Fernsehens zu behaupten.
    »Ich kenn dich vom Fernsehen. Ich glaub, ich hab mich in dich
verliebt.« Seine Augen spuckten Feuer. Seine Lippen zitterten. »Ich heiße
Gottfried.« Er hielt ihr beide Hände hin.
    »Gaaanz langsam«, wollte Clara sagen, aber dazu kam es nicht.
    Grad, dass der Franzi sie nicht mitsamt dem Hocker umwarf.
    Er stürzte sich auf Gottfried, packte ihn an der Schulter und
schüttelte ihn, wie ein Silberrücken einen untergebenen Gorilla schüttelt. Eine
Faust landete krachend in Gottfrieds Gesicht. Der Franzi schien abzuwarten, was
passiert, und als der andere nicht umfiel, fuhr er ihm mit dem Handrücken und
aller Kraft über den Mund. Im nächsten Moment kriegte Gottfried einen scharfen
Kantenschlag in die Rippen, der ihn zusammensacken ließ. Dann knallte der
Franzi ihm die Handfläche ins Gesicht, sodass Gottfried wieder hochkam. Als
sein bärtiges Gesicht so nahe war, dass er Franzis Atem spüren konnte, zog der
an der Krawatte, bis das Gesicht vom Hals aufwärts blau anlief. Dann verpasste
Franzi ihm abwechselnd links und rechts eine Ohrfeige, als müsse er mit den
Schlägen einen Zwetschgenbaum dazu kriegen, seine Früchte abzuwerfen.
Schließlich ließ er ihn los, und Gottfried sackte heulend zu Boden und hielt
sich die Hände über den Schädel. Das Feuer in seinen Augen war erloschen, das
Pferdegesicht eingefallen, die rote Kappe lag am Boden.
    Danach hob der Franzi den Kopf und sah Clara triumphierend an.
    Clara spürte im Bauch ein deutliches Ziehen oder eher ein Reißen,
wie es die Liebe in den Eingeweiden verursacht, als sie bemerkte, dass der
Franzi für sie gekämpft hatte. Das hatte sie noch nie erlebt.
    »Wie bei deinen Waranen«, sagte sie. »Die Männchen kämpfen um die
Weibchen. Du bist toll.«
    »Intelligent eben. Wie ein Waran.«
    Noch im Jahr 2001 heirateten Clara Gray und der Weesmüller Franzi.
Clara war zwanzig Jahre alt, der Franzi neunundzwanzig. Clara behielt ihren
Künstlernamen.
    Uly Hummer hatte zugesagt, zu kommen, Dieter Smissek, der Produzent,
ebenfalls. Beide ließen sich aber entschuldigen und kamen dann doch nicht.
Ihrem Vater hatte Clara gar nicht erst erzählt, dass sie heiraten würde. Er
hätte es nicht verstanden und wäre eh nicht erschienen. Trotzdem wurde es ein
rauschendes Fest. Ein buntes Gemisch von Menschen war da, alle locker gekleidet
und entspannt. Ein paar vom

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