Spiel mit dem Mörder
Theater rechtzeitig wieder eröffnen lässt, bevor Zeugin der Anklage aus dem Programm genommen wird.«
»Sie sind sicher gut vorbereitet.«
»Ich möchte Ihnen danken, dass Sie mir die Chance geben, den Vole zu spielen. Mir ist bewusst, dass Sie durchaus einen weitaus berühmteren Schauspieler für den Part hätten bekommen können.«
»Sie haben kein Problem damit, in Dracos Fußstapfen zu treten?« Nein, überlegte Roarke, Michael hatte kein Problem damit, dafür war sein Ehrgeiz viel zu groß. »Wenn man bedenkt, wie es für ihn geendet hat, wäre es durchaus verständlich, wenn Sie leichte Bedenken hätten.«
»Nein. Das ist für mich okay. Das heißt, nicht unbedingt okay«, verbesserte er sich und war so anständig, ein wenig zu erröten. »Es ist schrecklich, was mit Richard passiert ist. Einfach schrecklich. Aber …«
»Die Show muss weitergehen«, führte Roarke den Satz zu Ende und wandte den Kopf. »Ah, Eliza und Areena. Ich danke Ihnen, meine Damen, dass Sie gekommen sind.«
»Ihr Anruf hat uns vor weiterer Langeweile und Grübeleien bewahrt.« Eliza küsste Roarke zur Begrüßung auf die Wangen. »Der Langeweile zwischen zwei Auftritten und den Grübeleien über Kenneth. Ich kann nach wie vor nicht glauben, was ich in den Nachrichten gehört habe.«
»Nein«, meinte Areena, »das alles ist bestimmt ein Irrtum. Es muss ein Irrtum sein.« Sie rieb sich die kalten Arme. »Es ist wirklich seltsam, wieder hier zu sein. Ich war seit … seit der Premiere nicht mehr da.«
»Kommst du damit zurecht?« Roarke nahm ihre Hand und hielt sie wärmend fest.
»Ja. Weil ich damit zurechtkommen muss. Wir alle haben keine andere Wahl. Wir müssen schließlich weitermachen.«
»Warum denn wohl auch nicht?« Carly hatte ihren Auftritt sorgfältig inszeniert. Sie hatte sich auffällig geschminkt und trug ein tief ausgeschnittenes, knapp bis auf die Oberschenkel reichendes, leuchtend blaues Kleid.
Damit wirkte sie stark, hatte sie sich gesagt. Und, verdammt, sie würde ihnen allen zeigen, was für eine starke Frau sie war.
»Im Grunde ist der verstorbene Richard Draco, dem niemand eine echte Träne nachgeweint hat, uns doch allen völlig egal.«
»Carly«, murmelte Areena tadelnd.
»Oh, heb dir die Rolle des zerbrechlichen, empfindsamen Persönchens für das Publikum auf. Schließlich hat er jedem von uns irgendwann einmal ans Bein gepisst. Und bei einigen von uns hat er es nicht einmal dabei belassen«, fügte sie mit einem boshaften Lächeln hinzu. »Wir sind nicht hier, um die nächste Gedenkfeier für Richard zu inszenieren, sondern, weil wir endlich weiterarbeiten wollen, oder etwa nicht?«
»Auch wenn er vielleicht ein Schwein war, meine Liebe«, meinte Eliza milde, »ist und bleibt er tot. Und Kenneth liegt im Krankenhaus und wird dort, weil man ihn verdächtigt, Richard umgebracht zu haben, von der Polizei bewacht.«
»Kenneth sollte eine Medaille verliehen werden, dass er die Welt von Richard Draco befreit hat.«
»Bisher haben sie ihn nicht unter Anklage gestellt.« Areena rang nervös die Hände. »Können wir jetzt vielleicht das Stück besprechen und diesem hässlichen Thema wenigstens für kurze Zeit entfliehen? Soll dies eine richtige Probe werden, Roarke?« Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar und sah sich suchend um. »Wenn ja, müsste doch auch der Regisseur dabei sein.«
»Es ist momentan ein wenig schwierig, eine richtige Probe anzusetzen«, antwortete Roarke. »Schließlich ist die Rolle des Sir Wilfred noch nicht neu besetzt.«
»Könnten wir nicht mit einem Ersatzmann proben?«, fragte Michael. »Ich habe noch nie einen ganzen Akt zusammen mit der Erstbesetzung durchgespielt. Es wäre mir eine große Hilfe, wenn ich bald die Gelegenheit dazu bekäme.«
»Aber hallo, Michael«, meinte Carly lachend. »Du verlierst wirklich keine Zeit.«
»Du hast eben selbst gesagt, dass wir hier sind, um zu arbeiten. Es gibt also keinen Grund, dass du derart schnippisch zu mir bist.«
»Vielleicht will ich einfach schnippisch sein. Du bist doch nur beleidigt, weil ich dich rausgeworfen habe, statt mich an deiner Schulter auszuweinen.«
»Ich hätte dir geholfen«, erwiderte er leise. »Oder hätte es wenigstens versucht.«
»Ich brauche deine Hilfe nicht. Ich brauche niemanden.« Ihr Gesichtsausdruck und ihre Stimme verrieten heißen Zorn. »Ich habe mit dir geschlafen. Aber das war keine große Sache. Bilde dir deshalb ja nicht ein, dass du mir was bedeutest. Nie mehr in meinem Leben wird
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