Spiel ohne Regeln (German Edition)
Pavel.«
»Meine … meine Söhne?«, stammelte er. »Du hast versprochen, dass wir Sasha und Misha zurückbekommen, wenn ich … «
»Die Vereinbarung lautete, dass du deine Söhne zurückbekommst, sobald du den Fehler korrigiert hast, der dir in dieser unglückseligen Angelegenheit letztes Jahr unterlaufen ist. Aber das hast du noch nicht, Pavel. Du hast deinen Fehler nur verschlimmert.«
»Bitte, Vor! Meine Söhne sind erst zwei und elf Jahre alt, und … «
»Ich bin kein herzloser Mensch. Du kannst einen Sohn zurückhaben. Der andere wird mit der ersten Lieferung verschifft. Um die Kosten für deine Fehler wettzumachen.«
Pavels Gesicht wurde aschfahl. »Nur einen? Aber ich … aber Marya … « Die Uhr tickte überlaut. »Welchen?«, wisperte er.
Vadim zuckte mit den Schultern. »Das ist mir einerlei. Es besteht gleich viel Nachfrage für die Organe eines Zweijährigen wie für die eines Elfjährigen.« Er lächelte nachsichtig. »Nimm dir ruhig den Abend lang Zeit, um darüber nachzudenken, Pavel! Besprich es mit deiner Frau. Teilt mir eure Entscheidung morgen früh mit.«
Reglos wie eine Statue glotzte Pavel ihn an. Zhoglo betätigte einen Knopf an seinem Gürtel, woraufhin zwei seiner Schläger erschienen und den Mann wegführten.
2
Nacktbaden. Fallschirmspringen. Auf einer Jacht anheuern. Unter dem Sternenhimmel in der Sahara zelten. Eine Rucksacktour durch Europa unternehmen. Sich ein niedliches Tattoo stechen lassen. Leidenschaftliche Liebesabenteuer mit ungezähmten, muskelbepackten Kerlen. Die Liste wurde länger und länger – all die verrückten Dinge, die Mädchen taten, bevor sie zur Ruhe kamen und den perfekten Partner fanden. Dinge, die Becca Cattrell nie geschafft hatte auszuprobieren.
Um bei der Wahrheit zu bleiben: Sie hatte nie den Mut, geschweige denn die Zeit dazu gefunden.
Becca schlug sich im Dunkeln den großen Zeh an einer Holzplanke an, die aus dem Bohlenweg herausragte. Sie wappnete sich gegen den Schmerz, der jeden Moment durch ihre Nervenbahnen schießen und ihr Gehirn attackieren würde. Diese Zeitspanne wurde durch den Alkohol in ihrem Blutkreislauf beträchtlich verlängert. Doch schließlich gelangte er dort an, und verdammt , tat das weh.
Sie hob die Flasche Cabernet an die Lippen und nahm einen weiteren Zug. Die Flasche fühlte sich verdächtig leicht an. Genau wie ihr Kopf.
Und wenn schon! Sie musste locker werden. Wenn nötig mit brachialer Gewalt. Sie war nicht länger gewillt, ihre gottgegebene Rolle der pflichtbewussten, verlässlichen, vernünftigen, tugendhaften Oberniete zu spielen. Sie würde diese Liste abarbeiten und jeden einzelnen idiotischen Punkt in die Tat umsetzen.
Und es verdammt noch mal genießen. Oh ja!
Allerdings gab es in der Abgeschiedenheit von Frakes Island nur wenige Möglichkeiten, ihrer Abenteuerlust nachzugeben. Sich mutterseelenallein einen anzuzwitschern, sich unerlaubt Zugang zum Anwesen eines Millionärs zu verschaffen und ohne Einladung nackt in seinem Pool zu baden – das war das Spektakulärste, was sie ohne große Vorausplanung tun konnte.
Das zumindest täte Kaia wahrscheinlich. Nur würde Kaia vermutlich einen Schritt weiter gehen und exotischen Sex in sechs verschiedenen Stellungen im Pool des Millionärs haben. Nur leider war Frakes Island Mitte April wie ausgestorben. Es gab weit und breit niemanden, mit dem Becca ein erotisches aquatisches Abenteuer hätte erleben können.
Sie war wirklich zu bedauern. Aber das war ja nichts Neues.
Kaia . Bei dem Gedanken an dieses Mädchen zog sich jeder Muskel in ihrem Körper zusammen. Becca erschauderte. Sie war nackt unter Marlas Frotteebademantel und hatte nur Flipflops an den Füßen, die gegen die Planken des Bohlenwegs klatschten. Sie hätte sich Jeans und ein Sweatshirt aus Marlas Feriengarderobe stibitzen sollen. Zudem machte es sie nervös, mitten in der Nacht nackt durch den Wald zu laufen. Es war zu leise für ein Stadtmädchen wie sie. Die Stille fühlte sich an wie ein Kissen, das sie erstickte.
Becca hatte nicht ein einziges brauchbares Kleidungsstück für dieses Inselabenteuer mitgebracht. Sie hatte keine Gelegenheit gehabt, heimzufahren und zu packen, bevor sie vor den Klatschreportern geflüchtet war, die vor dem Cardinal Creek Country Club auf sie gelauert hatten. Sie war gezwungen gewesen, sich durch den Dienstbotenausgang zu stehlen, bevor Marla, ihre Chefin, sie von dort aus im Eiltempo direkt zum Fähranleger gebracht hatte. Gute Reise, Becca! Komm nicht
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