Spiel ohne Regeln (German Edition)
diese elende Situation nun ihre Schuld war oder nicht, am Ende stand vermutlich das gleiche Ergebnis. Sie sollte schon mal ihren Lebenslauf überarbeiten, falls sie sich wieder auf Arbeitssuche begeben musste. Hurra!
Nur wer würde eine armselige Witzfigur wie sie einstellen wollen?
Zumindest würde ihr im Fall eines Rauswurfs der Spott der Freunde ihres Exverlobten Justin erspart bleiben. Diese feixenden, stinkenden, grunzenden Bastarde.
Der Pool war wunderschön und wie verzaubert, aber ihre Seele ließ sich heute Abend nicht beschwichtigen. Ihre Gedanken nagten an ihr wie ein hungriger Hund an einem Knochen. Was zur Hölle stimmte nicht mit ihr? Wo liefen ihre inneren Drähte über Kreuz? Sie war ein guter Mensch. Klug, einfühlsam, praktisch veranlagt, fleißig, selbstlos. Relativ hübsch, wenn auch keine umwerfende Schönheit. Sie gab für ihren Job, für ihre Familie alles. Wie sie es auch bei ihrem Verlobten getan hatte. Sie hatte Besseres verdient. Sie gab sich solche beschissene Mühe. Ununterbrochen.
Aber derartige Qualitäten lösten bei Männern keine Erektionen aus. Männer standen auf vollkommen andere Attribute und Talente. Männer wollten Frauen wie Kaia. Diese Schweine.
Hätte sie es nur ruhiger angehen lassen und nicht so eine öffentliche Geschichte aus der Verlobung gemacht. Aber es hatte sich so gut angefühlt, zu gut, um wahr zu sein. Es allen und jedem zu erzählen, hatte es realer gemacht. Immerhin war Justin ein toller Fang gewesen. Charmant, attraktiv. Reiche, prominente Familie. Große Pläne. Justin war ein aufstrebender Staatsanwalt mit politischen Ambitionen. Einmal hatte er zu Becca gesagt, dass sie die perfekte Politikergattin abgeben würde.
Damals hatte sie es als süßes Kompliment aufgefasst. Ihr Herz hatte wie verrückt geklopft, als sie sich ausgemalt hatte, wie sie als hingebungsvolle Politikerfrau ihren gut aussehenden Mann auf Wahlkampftour begleiten würde. Wie naiv sie gewesen war!
Sie war mehr als bereit gewesen, aus ihrer Mietwohnung in dem baufälligen alten Haus auszuziehen und sich ein echtes Zuhause aufzubauen, mit einem Garten für die Kinder, auf die sie hoffte, mit einem Minivan mit Platz für die Kindersitze, Stauraum für Kinderwagen, Reisebetten, Geländefahrräder, Skateboards, Roller.
Ihre Träumereien wirkten heute schrecklich naiv. Sich vorzustellen, dass sie bei ihrem Polterabend Hof gehalten und kichernd Päckchen mit Kamasutra-Badesalzen und Er/Sie-Handtüchern geöffnet hatte. Wie der letzte Einfaltspinsel hatte sie über ihre Traumküche und die Vorzüge von Marmorarbeitsplatten gegenüber gefliesten fabuliert, während Justin gerade seine Collegefreundin Kaia »zum Bahnhof fuhr«.
Die große, sonnengebräunte, nach Sandelholz duftende Kaia mit ihrer blonden, afrikanischen Flechtfrisur, den eintätowierten Sonnen auf den Schultern, dem außergewöhnlichen nepalesischen Schmuck, den Nasen- und Nabelpiercings.
Bereit, willig und fähig, es Justin mit dem Mund zu besorgen, während er eine belebte Innenstadtstraße in der Stadt entlangfuhr. Und das auch noch in Beccas Auto. Dumm nur, dass Justins Fahrkünste es nicht mit Kaias Fellatiotalent aufnehmen konnten. Das Ende vom Lied war, dass Beccas Auto mitten in einem viel besuchten Geschäftsviertel um einen Telefonmast gewickelt wurde. Es war reines Glück, dass er nicht jemanden umgebracht hatte. Oder sogar mehrere.
Kaia trug nun eine Halskrause und eine orthopädischeNackenstütze. Und was Justin betraf, nun ja. Der kreisrunde Zahnabdruck an seinem Schwanz war das Mindeste, was der Scheißkerl verdient hatte. Becca konnte kein Mitgefühl aufbringen.
Es sei nur ein Abschiedsintermezzo um der guten alten Zeiten willen gewesen, hatte Justin protestiert, als er wieder so weit bei klarem Verstand war, um sprechen zu können. Er hatte durchblicken lassen, dass Becca froh sein solle über seine Entscheidung, es beim Oralsex zu belassen, anstatt mit Kaia zu schlafen. Wie edelmütig von ihm, sein Vergnügen dem Respekt vor seiner Verlobten unterzuordnen. Sie sollte übersprudeln vor Dankbarkeit über seine männliche Zurückhaltung.
Nur tat sie das nicht.
Nein, sie hatte ihren Gefühlen lautstark Ausdruck verliehen. Justin war daraufhin ebenfalls wütend geworden. Er hatte mehrere hässliche Sachen gesagt, die dazu angetan waren, dass eine Frau sich mutterseelenallein auf einer nebelverhüllten Insel verkriechen wollte, fern von jedem, der wusste, was passiert war. In diesem Fall war das nur leider
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