Spiel unter Freunden
Opfer im
Versteck sind oder gar beides. Vielleicht werden Sie unter Ihrer
wahren Identität landesweit steckbrieflich gesucht. Vielleicht
haben Sie sich mit der Mafia angelegt, wir wissen es
nicht.
Und heute
erzählen Sie uns, dass Sie Nachrichten von dem Killer
erhalten. Es mag ja sein, dass Sie alle nicht an eine Verbindung
zwischen dem glauben, was heute passiert, und dem, was verdammt
nochmal vor über zehn Jahren passiert ist, als Sie im
Untergrund verschwinden mussten, aber objektiv betrachtet stecken
Sie alle, und ganz besonders Ms. MacBride, so tief in dieser Sache,
dass man schon blind sein müsste, um es nicht zu
erkennen.» Roadrunner sah nervös zu seinen Freunden
hinüber. Annie Belinsky, die neben ihm saß, legte
entweder beruhigend oder warnend ihre mollige Hand auf seinen Arm.
Er atmete viel lauter, als man es von einem so spindeldürren
Mann erwartet hätte.
«Wir wissen
jedoch», fuhr Magozzi fort, «dass Ms. MacBride in einer
Festung mit einem Waffenarsenal wohnt, das für eine kleine
Armee reichen würde, und jetzt habe ich zudem erfahren, dass
es in einer noch offenen FBI-Ermittlung eine Akte über sie
gibt, die unter Verschluss gehalten wird.» Die Gruppe hielt
gleichsam kollektiv den Atem an, als sei sie ein einziger
Organismus. «Scheiße, wie haben Sie denn das
rausgekriegt?», verlangte Harley zu wissen.
Grace starrte Magozzi
an. Ihre blauen Augen wirkten kalt und ausdruckslos, da sie wohl
die Akrobatik verbergen sollten, die ihre Gehirnzellen gerade
vollbrachten. Einen Moment später presste sie die Lippen
aufeinander. «Mist. Das Handy. Sie haben meine
Fingerabdrücke überprüfen lassen.» Magozzi
nickte. «Das FBI hatte sie gespeichert, und bis jetzt
verweigert man uns die Auskunft, weswegen das geschah.
Also, ich habe nicht
die geringste Ahnung, ob Sie in deren Fall eine Verdächtige
oder ein Opfer waren, aber langsam fängt die ganze Sache an zu
stinken. Sie sind gerade auf der Liste der Verdächtigen wie
eine Rakete aufgestiegen, und je länger Sie Informationen
zurückhalten, die uns nützlich sein könnten, desto
höher rücken Sie auf dieser Liste.» Mitch schoss
derartig abrupt von seinem Stuhl hoch, dass es sogar seine Freunde
überraschte. Aber Gino war von der Tür aus bereits drei
Schritte auf ihn zugeeilt, ohne dass jemand es mitbekommen hatte.
Derart schnell zu reagieren hatte er sich in jahrelanger
Auseinandersetzung mit unberechenbaren Kriminellen angeeignet,
deren plötzliche Bewegungen nie etwas Gutes bedeuteten.
«Wir können Ihnen nichts sagen!», rief er, und
Magozzi registrierte seine Wortwahl: Können, nicht wollen.
Gino blieb stehen, wo
er war, immer noch auf der Hut.
«Wieso
nicht?» Für einen Mann besaß Mitch geradezu
zierliche Nasenlöcher, doch sie blähten sich sichtbar
auf, als er jetzt angestrengt atmete. «Weil Graces Leben
dadurch aufs Spiel gesetzt werden könnte, deswegen!» Er
blinzelte plötzlich, wohl verwirrt vom Klang seiner eigenen
lauten Stimme.
«Setz dich
wieder, Mitch», sagte Grace MacBride beruhigend.
«Bitte.» Alle drehten sich ihr zu. Sie schienen
überrascht zu sein, dass Grace überhaupt etwas gesagt
hatte. Mitch zögerte, nahm dann aber langsam wieder Platz. Er
wirkte wie ein geprügelter Hund.
«Grace, tu es
nicht», mahnte Annie sanft. «Es ist nicht notwendig.
Das hier ist eine total andere Sache. Was damals geschah, hat
nichts mit dem zu tun, was jetzt geschieht.»
«Vielleicht
hoffen Sie ja auch nur, dass es sich so verhält», warf
Magozzi leise ein.
«Nein,
verdammt.» Harley Davidson sah ihn direkt an und
schüttelte dabei den Kopf so ungestüm, dass sein
Pferdeschwanz hin und her wedelte. «Es ist nicht das Risiko
wert.»
«Das finde ich
auch», murmelte Roadrunner in Richtung Fußboden, und
Magozzi vermutete, dass dies die trotzigste Reaktion war, zu der
dieser ganz offensichtlich schüchterne Mann fähig
war.
Grace MacBride holte
tief Luft und wollte sprechen.
«Grace!»,
zischte Annie, bevor sie etwas sagen konnte.
«Das sind Cops,
um Himmels willen! Willst du etwa Cops trauen?»
«So viel zum
Mythos vom Freund und Helfer», sagte Gino sarkastisch, und
schon fiel Annie über ihn her.
«Cops Cops
wie Sie hätten Grace fast das Leben gekostet!»
Magozzi und Gino sahen einander kurz an, sagten aber nichts. An
einer Stelle hatte sich ein Riss in der Wand aufgetan, und sie
wussten beide, dass ihnen nichts anderes übrig blieb, als
abzuwarten.
«Sie haben meine
Fingerabdrücke», sagte
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