Spiel unter Freunden
Vordertür. Er öffnete sie mit Schwung und
erschrak.
Ein schwarzer Junge
stand auf dem Treppenabsatz, die nicht existenten Schultern unter
einer richtig guten Lederjacke hochgezogen. «Ich hätte
gern die Dame des Hauses gesprochen», sagte er zu Magozzi.
Dabei trat er von einem Fuß auf den anderen, jederzeit
bereit, das Weite zu suchen.
Er hörte zwar
nicht, dass Grace hinter ihn trat, spürte sie aber.
«Jackson! Was
machst du denn hier?» Man sah, dass der Junge sich ein wenig
entspannte. «Alles in Ordnung bei Ihnen?» Grace nickte.
«Sicher, alles in Ordnung.»
«Oh. Gut. Ich
hatte auch nur gesehen, dass diese Schrottkarre hier vorgefahren
kam und der Kerl ausstieg, und dann …» Ein
argwöhnischer Blick wanderte von Magozzis Brust zu dessen
Gesicht. «Er ist nämlich bewaffnet, wissen
Sie.»
«Schon in
Ordnung. Dazu ist er berechtigt, denn er ist ein
Cop.»
«Ach so. Na ja,
ich wollte nur mal nachsehen, wissen Sie?
Er kam mir irgendwie
komisch vor.»
«Du hast ein
gutes Gespür, Jackson. Danke, dass du aufgepasst hast.»
Der kleine Junge warf noch einen Blick auf Magozzi, kam offenbar zu
der Überzeugung, dass keine Gefahr von ihm drohte, hüpfte
vom Treppenabsatz und verschwand über den Weg.
«Was hatte das
zu bedeuten? Haben Sie Kinder aus der Nachbarschaft angestellt, Ihr
Haus zu bewachen?» Grace sah ihn ausdruckslos an.
«Nein, er ist mein Komplize bei all den Morden.» Er
hörte auf dem Weg, wie die Riegel einer nach dem anderen
einrasteten, überquerte die Straße, stieg in seinen
Wagen, startete den Motor und blieb lange genug ruhig sitzen, um
keinen Argwohn zu erwecken. Dann stieg er aus, ging wieder hinauf
an die Tür und drückte wieder auf den Knopf der
Gegensprechanlage.
Diesmal ließ sie
ihn länger warten, und zwar absichtlich, wie er annahm. Doch
schließlich wurde die Tür geöffnet, und Grace
MacBride sah ihn aufgebracht an. «Dass ich Ihnen nicht beim
ersten Mal die Tür vor der Nase zugeschlagen habe, bedeutet
nicht, dass ich es jetzt ebenso wenig tun werde.»
«Das dürfen
Sie aber nicht.»
«Tatsächlich? Und
weswegen nicht?»
«Deswegen
nicht.» Er zeigte auf die Matte unter seinen
Füßen. «Dort steht doch
‹Willkommen›.» Ihre Mundwinkel zuckten, als
könne sie es schaffen, ein Lächeln über sich zu
bringen. Doch sie behielt sich bewundernswert unter Kontrolle, wie
er fand. «Was wollen Sie denn noch,
Detective?»
«Ich glaube, ich
hab mein Handy in der Küche vergessen.»
«Ach, du meine
Güte.» Ihr dunkler Pferdeschwanz wippte, man hörte
ihre lauten Schritte auf dem Flur, und dann war sie auch schon
wieder zurück. Sein Handy hielt sie auf Armeslänge von
sich gestreckt, als hätte es eine ansteckende
Krankheit.
«Tut mir Leid.
Aber vielen Dank.» Die Tür knallte laut hinter ihm zu,
aber das störte ihn nicht.
Er trug das Handy an
der Antenne, und im Auto ließ er es in einen der
Plastikbeutel für Beweismittel gleiten, den er von einem
Stapel im Handschuhfach genommen hatte.
Charlie wartete schon
auf der anderen Seite der eichenen Schwingtür auf Grace, und
sein Stummelschwanz bewegte sich aufgeregt hin und her.
«Alles okay, Charlie», versicherte sie ihm. «Der
große böse Detective ist fort.» Damit schien
Charlie zufrieden gestellt, und er trottete zurück zu seinem
Hundeteppich auf dem Sofa, um sein abendliches Nickerchen
fortzusetzen, das Magozzi so grob unterbrochen hatte.
Grace rührte in
dem Topf mit Boeuf Bourgignon, das auf dem Herd köchelte,
legte den Löffel zur Seite und verschränkte die
Hände, damit sie nicht so zitterten. Sie fühlten sich
außerdem auch noch kalt an.
Sie ging durch
sämtliche Räume zu ebener Erde, schaltete überall
das Licht an und versuchte die Dunkelheit zu verscheuchen, die ihr
die Luft raubte. Der Bengel wurde zum Problem. Sie hätte ihm
im Park nicht beistehen dürfen. Jetzt wollte er sich
revanchieren, indem er in der Nähe blieb und sie im Auge
behielt. Aber das konnte sie nicht dulden, denn es war verdammt zu
gefährlich.
Ein heller Glockenton
ließ sie innehalten, als sie an der Bürotür
vorbeikam. Der Computer meldete das Eintreffen einer E-Mail.
Wahrscheinlich von einem ihrer Partner oder gar von allen, dachte
sie und fragte sich, ob sie wohl ebenfalls einen Anruf von den Cops
bekommen hatten. Sie betrat das Büro, bewegte ihre Maus, um
den Monitor zu aktivieren, und klickte auf ihre Mailbox. Eine neue
Nachricht.
Sie klickte sie an und
rief die Absenderzeile auf. Da stand:
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