Spiel unter Freunden
und an ihre Stelle
trat eine weitaus schlimmere Wut, als er sie spürte, und dazu
Hass, der sich direkt gegen ihn richtete. «Ihr
Idioten.» Ihre Stimme war leise und klang gefasst, und sie
ließ die Worte nachwirken, damit er auch wusste, dass es ihr
Ernst war. «Sie kamen zu spät? Wir haben Ihnen gesagt,
dass es geschehen würde. Wir haben ihnen sogar gesagt, wo. Und
jetzt musste jemand sterben, weil Sie zu spät gekommen
sind?» Er merkte, dass er instinktiv in die Defensive ging,
und wusste auch, dass es falsch war. Aber er konnte nichts dagegen
tun. «Wir waren noch immer damit beschäftigt,
sämtliche Hebel in Bewegung zu setzen, um den Dampfer
überhaupt betreten zu dürfen, als dieser Mann ermordet
wurde. Vielleicht hätten Sie uns etwas früher rufen
sollen, um uns zu informieren, dass einer von Ihren psychisch
kranken Spielern Ihr Computerspiel als Anleitung für eine
Mordserie benutzt.
Wir waren nicht zu
spät. Sie waren es.» Meine Güte, er hörte sich
an wie ein Schuljunge, der in der Hoffnung, die Schuld jemand
anderem anhängen zu können, alle Verantwortung von sich
wies. Diese Erkenntnis machte ihn nur noch
wütender.
«Wo waren Sie
zwischen zwei und vier?» Ihr Blick wurde hart und kalt, und
das Blau ihrer Augen schien zu gefrieren. «Bei der Arbeit.
Allein. Keine Zeugen, kein Alibi. Alle anderen gingen nämlich
schon mittags. Wollen Sie mich jetzt festnehmen, Detective? Damit
Sie leichter darüber hinwegkommen, so kläglich versagt zu
haben?» Hier war wirklich alles auf den Kopf gestellt. Cops
und Zeugen wenn sie denn nicht mehr als nur eine Zeugin war
sollten eigentlich auf derselben Seite stehen, aber diese
Frau hatte ihren Groll gegen Cops schon lange entwickelt, bevor er
sie kennen gelernt hatte. Er war eben nur ihre momentane
Zielscheibe.
Er rollte die
Schultern, um die völlig verkrampften Muskeln zu lockern.
«Ich wünsche mir nichts als ein wenig Zusammenarbeit.
Wir müssen nämlich ganz dringend die Liste mit den
Registrierungen reduzieren, die richtigen Namen und Adressen
für all die Pseudonyme herausfinden, und wir haben leider
nicht die Zeit …»
«Dabei legal
vorzugehen?» Magozzi sagte nichts.
«Klären wir
doch mal, ob ich unsere Situation richtig verstehe. Sie platzen
hier spät am Abend herein, verletzen so gut wie alle meine
Bürgerrechte, ja beschuldigen mich im Grunde gar des Mordes
und dann bitten Sie mich, Ihnen zu helfen?» Magozzi war
so klug, noch immer den Mund zu halten.
«Sie sind das
Hinterletzte, Detective.»
«Vielen
Dank.»
«Verschwinden
Sie auf der Stelle aus meinem Haus!» Sein Handy zwitscherte,
als er durch die Küche ging. Er grub es aus der Tasche,
klappte es auf und knurrte ungnädig seinen Namen.
«Fehlt dir was,
mein Süßer?», hauchte ihm Gino ins Ohr.
«Ja, die
Aktienkurse sind im Keller, Indien und Pakistan haben die Bombe,
und die Heizung im Auto ist immer noch kaputt.»
«Bist du bei
MacBride?»
«Ja.»
«Wenn das
Telefon nicht vor lauter Läuten von der Gabel gefallen ist,
muss sie wohl die Klingel abgestellt haben. Sag ihr, dass wir sie
morgen sprechen wollen. Ihre Freunde haben wir eh bestellt, und
warum dann nicht alles auf einmal erledigen? Hast du irgendwas
Interessantes erfahren?»
«Nichts bis auf
meine eigene Unzulänglichkeit.» Gino lachte. «Bis
morgen dann.» Magozzi wollte das Handy schon wieder in die
Tasche stecken, spürte aber ein leichtes Schuldgefühl und
legte es stattdessen auf den Küchentresen, nachdem er es
verstohlen an seiner Jacke abgewischt hatte. Er drehte sich um und
sah MacBride in die Augen. Sie stand unter dem gewölbten
Türrahmen am Eingang zum Wohnzimmer und hielt die Arme in
geradezu klassischer Abwehrhaltung über der Brust
verschränkt. «Ihre Freunde kommen alle morgen früh
um zehn aufs Revier, um offizielle Aussagen zu machen. Sie konnte
man leider nicht erreichen.» Ihr Kopf bewegte sich so gut wie
unmerklich. «Ich hatte die Klingel
abgestellt.»
«Hat man sich
gedacht. Können Sie kommen?»
«Aber sicher,
warum denn nicht? Vergeuden wir zusammen doch noch mehr Zeit, oder
was meinen Sie? Geben wir dem Kerl die Chance, noch mehr
Unschuldige zu ermorden, bevor Sie sich entschließen, ihm das
Handwerk zu legen. Was haben Sie in Bezug auf die Mall of America
vor?»
«Ich bespreche
aktuelle Polizeimaßnahmen niemals mit
Zivilpersonen.»
«Erst recht wohl
nicht mit Verdächtigen.» Magozzi sah sie lange an,
drehte sich um und ging dann mit großen Schritten den Flur
entlang bis zur
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