Spielzeugsoldaten
doch...?
Julis Herz machte einen Sprung, als sich ihre Blicke trafen. Sie war nervös gewesen ja, aber dieses seltsame Gefühl in ihrer Magengegend erinnerte nur entfernt an ihre Aufregung. Ihre Nervosität wich einem unangenehmen Gefühl von D eja–vu. Sie fröstelte.
Die Frau war vor ihr neben dem Tisch stehen geblieben.
Raku war irritiert. War dies die Frau, der sie beim Sterben zusehen sollte? Nachdem sie die Akte über sie gelesen hatte, hatte sie versucht sich vorzustellen, wer hinter den Worte n steckte. Doch dies übertraf auch ihre Phanta sie. Die Journalistin war jung, viel zu jung, um zu sterben. Ihre grünen Augen strahlten lebhaft, völlig unbeeindruckt von der Situation in der sie sich befand en. Sie wirkte so unschuldig, so zerbrechlich. Es bestätigte sie in ihrer Absicht diesem Schauspiel ein schnelles Ende zu bereiten. Die Journalistin war klein, aber nicht zierlich in ihrem Körperbau, eher sportlich und ziemlich unruhig. Etwas zappelig. Raku verschränkte die Hände hinter dem Rücken und richtete sich auf. Raku, bleib ruhig! Sie ist hübsch, verdammt hübsch. Raku sah ihr an, dass sie ein behütetes Leben geführt hatte, sie fühlte es regelrecht. So viele Menschen sie auch bereits getroffen hatte, keiner von ihnen schien so unschuldig und unerfahren gewesen, was das Leben anbetraf, wie dieser hier.
„Entschuldigung, ich musste sicher gehen, dass dieser Raum nicht abgehört wird, denn ich möchte I hnen einen Rat geben, im Vertrauen.“
Juli musterte Raku. Das war Major Avis? Der arrogante Blick, die überhebliche Körperhaltung bestätigten den Verdacht. Aber sie war eine Frau! Wenn auch eine sehr beeindruckende, nic ht nur durch ihre Körpergröße. Sie erinnerte sich daran, was man von Major Avis erzählt hatte. In keiner der Geschichten konnte sie sich diese Frau vorstellen.
„Wie wäre es, wenn S ie sich vorher vorstellen? Mein Name ist Juli Quivive.“
Juli versuchte zu lächeln, doch sie bekam nur ein kaum hörbares Brummen als Antwort. Raku wusste , es waren Floskeln, aber dies war keine Zeit zur Höflichkeit. Dieses Kind, auch wenn sie kaum jünger war als Raku selbst, war sich offensichtlich nicht im Klaren darüber wie ernst die Situation war. Sie streckte Juli ihre Hand entgegen.
„Major Raku Avis. Bitte hören S ie mir zu! Ich möchte, dass S ie gehen. Ich werde S ie nicht mitnehmen. Ich möchte, dass S ie gehen! Jetzt!“
Mit jedem Wort versuchte Raku bestimmter zu klingen. Sie wusste sich nicht anders auszudrücken. Es war einfach keine Zeit für lange Diskussionen oder Erklärungen da. Es musste doch so zu begreifen sein, dass dies alles ein Fehler war. Beinahe schrie sie, denn sie hatte ihren Satz kaum beendet, da sah sie bereits in Julis Augen, dass diese junge Frau nicht auf sie hören würde. D a war etwas , das sie fesselte, wie eine ferne Erinnerung. Eine ferne, schmerzhaft schöne Erinnerung. Sie konnte ihren Blick nicht von Juli wenden.
„Wie kommen S ie dazu so etwas zu sagen?“
Es war das L etzte mit dem Juli gerechnet hatte. Man hatte die Journalisten gewarnt, dass sie für die meisten Offiziere eine Belastung darstellen würden, dass diese Männer, oder in diesem Fall diese Frau, aber ihre Zustimmung gegeben hatten, bevor man sie, die Presse, informiert hatte. Es erschien ihr völlig unsinnig, dass Major Avis jetzt, im Nachhinein, ein solches Theater machte. Es war doch sowieso nicht mehr zu ändern.
„Weil ich weiß, dass S ie nicht wissen, was S ie tun, und weil ich weiß, dass dies hier ein Fehler der Regierung war.“
Zu ihrer eigenen Verwunderung mischte sich ein Hauch von Panik in Rakus Stimme. Sie war sonst nicht besonders nachsichtig was die Fehler anderer anging und Sensibilität hatte sie vor langer Zeit abgelegt, ganz einfach weil in der Welt in der sie sich zu bewegen hatte, beides unangebracht war. Es war ein Verhalten, das in der Regel irgendwie vom Leben bestraft wurde. Jetzt aber bemerkte sie, dass sie zunehmend Mitleid empfand... und Angst und Sorge. Gott, verdammt! Raku fluchte in sich hinein, während sie Juli musterte, die noch immer verarbeitete, was sie gerade hatte hören müssen. Ich werde weich! Es fängt an! Sie haben mi ch schon damals gewarnt. S ie haben mir gesagt, dies sei kein Leben für mich. Sie haben gesagt, es sei nun genug.
„Wie bitte? “
„Ich führe eine Spezialeinheit. Wir sind diejenigen, die nur die bereits verlorenen Kämpfe zu retten versuchen. Wir gehen dahin, wo kaum einer überlebt hat und wir
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