Spielzeugsoldaten
die Zweifel und Dämonen ihrer Entscheidung die einzigen Gegner.
~*~
Einer der Soldaten summte und lächelte dabei stumm in sich hinein. Sie waren bereits seit mehreren Stunden unterwegs und hatten vor einigen Minuten eine Nachricht vom diensthabenden Offizier in Lyddit bekommen. Etwa 100 Mann waren bei einem Hinterhalt am Fluss nahe der Stadt Giaur getötet worden, weitere 50 lagen im Lazarett , irgendwo zwischen Leben und Tod . Der Offizier war schockiert gewesen, als Raku ihm mitteilte, dass die ver sprochene Verstärkung aus einer 20 Mann starken Spezialeinheit bestand. Offensichtlich hatte die Führung wieder einmal unvollständige Informationen weiter gegeben. Si e konnte ihn nicht beruhigen. S eine letzten Worte, bevor er auflegte , waren: Wir werden alle sterben!
Der Soldat summte weiter u nd weiter und weiter.
Plötzlich, ohne das s jemand eine Veränderung in Raku bemerkt hätte, sprang sie auf, entsicherte ihre Waffe und richtete sie auf den Soldaten.
„Ein Wort noch, Exine! U nd du brauchst nicht darauf zu warten, dass ein ominischer Soldat dir den Schädel wegpustet, denn ich werde es vorher tun.“ Ihre Stimme war eiskalt, aber absolut ruhig. Der Zorn lag nur in ihren Worten.
Er verstummte ohne zu zögern und starrte seinen Offizier fragend an. Alle kannten ihre Wutausbrüche, aber dies war eine gänzlich neue Dimension.
Raku nickte zu Juli rüber, die zusammengekauert in der anderen Ecke des Lastwagens saß.
„Wir haben Gesellschaft. Ich möchte, dass ihr euch benehmt und ein wenig Rücksicht nehmt“ , versuchte sie es freundlich und fügte dann flüsternd hinzu, „Angst ist gesund, aber zu viel Angst tödlich. Das gilt sowohl für Soldaten, als auch für Zivilisten.“
„Sie ist doch selbst Schuld, hätte ja zu Hause bleiben könne“ , erwiderte ein anderer, etwas älterer Soldat herausfordernd.
Doch das verärgerte Raku nur noch mehr, sie drehte sich zu ihm und hielt ihm die Waf fe vors Gesicht.
„Möchte noch jemand einen Kommentar zu dieser Angelegenheit abgeben?“
Die Männer schüttelten den Kopf. Es war besser sie nicht weiter zu reizen.
Juli hatte die Szene halb verängstigt, halb fasziniert beobachtet. Im Grunde hatte sie all den Geschichten über Major Raku Avis nie ganz geglaubt, zumindest nicht seit sie gesehen hatte, dass dieser Major eine Frau war. Es erschien ihr einfach unmöglich, dass eine Frau in ihrem Alter bereits solche Taten vollbracht hatte. Die Erzählungen der Soldaten waren blutrünstig und abscheulich, doch Juli glaubte immer fester in Raku mehr zu sehen als eine gefühllose Kampfmaschine. Jetzt aber, da sie Rakus Wutausbruch mit eignen Augen hatte verfolgen können, begann sie zu zweifeln. Vielleicht war es doch möglich. Rakus Augen hatten vor Wut im Dunkel n gebrannt, ihre Drohung klang herzlos und für einen Augenblick hatte Juli gefürchtet, Raku würde sie in die Tat umsetzen, nu r weil ihr gerade danach war, weil sie Lust dazu hatte.
Aber warum? Ihretwegen? Nur wegen ihrer Angst? Tatsächlich hatte sie der zyn ische Gesang des Soldaten mehr sch ockiert als ihr lieb war. Er zeigte ihr einmal mehr, dass diese Einheit immer ein Himmelfahrtskommando war und das auf jedem ihrer Einsätze. Sie hatte die Männer betrachtet und versucht sich ihre Gesichter einzuprägen. Welche von ihnen würden wohl zurückkehren? Und würde sie das noch erfahren?
Sie hob ihren Blick und bemerkte, dass Raku sich ihr gegenüber gesetzt hatte und sie beobachtete. Ihr dämmerte, dass es wirklich war , wie sie vermutet hatte: Raku war nur um ihretwillen so ausgerastet. Offensichtlich hatte Rakus Versprechen von S chutz auch da s beinhaltet.
‚Das passt alles nicht zusammen’ , dachte Juli, während sie unverwandt Rakus Blick erwiderte, ‚erst wi ll sie mich loswerden und jetzt das hier.’
Raku konnte nicht mehr sagen, was in sie gefahren war. Exines Gesang hatte sie noch nie gestört, er machte es oft und sie wusste, dass es seine Art war mit seiner Nervosität umzugehen. Angst schützte sie . Bisher hatte sie ihn immer gewähren lassen, auch wenn seine Zeilen selbst sie beeindruckten. Aber sie hatte den erschütterten Blick in Julis Augen gesehen und ihre Beschützerinstinkte waren erwacht. Vor einigen Stunden in ihrer Stube hatte sie sich geschworen, dass dieser Frau nichts geschehen w ü rd e . Sie konnte damit nicht wiedergut m achen, was sie die letzten Jahre getan hatte, sie würde dadurch weder ihr Herz noch ihr Leben wiederbekommen, doch sie konnte
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