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Spin

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Titel: Spin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schutzbrillen und Stahlkappenstiefeln befolgten sie.
    Männer, die einen Brutkasten für eine neue Art Leben bauten. Hier würden die Replikatoren in einer Wiege aus flüssigem Helium heranwachsen, bis sie bereit waren, in die kalten Zonen des Universums hinausgeschossen zu werden – in gewissem Sinne unsere Erben, dazu bestimmt, länger zu leben und weiter zu reisen, als es dem Menschen gegeben war. Unser abschließender Dialog mit dem Universum. Es sei denn, E. D. würde sich durchsetzen und das ganze Projekt abblasen.
     
    An diesem Wochenende machten Molly und ich einen Strandspaziergang. Es war ein wolkenloser Samstag Ende Oktober. Wir waren erst einen halben Kilometer über den mit Zigarettenkippen übersäten Sand marschiert, als wir feststellten, dass es unangenehm warm wurde. Die Sonne brannte intensiv, das Meer reflektierte ihr Licht in funkelnden kleinen Punkten, als würden Schwärme von Diamanten vor der Küste schwimmen. Molly trug Shorts, Sandalen, ein weißes Baumwoll-T-Shirt, das auf reizvolle Weise an ihr zu kleben begann, und eine Schirmmütze.
    »Also, das hab ich nie begriffen.« Sie wischte sich mit dem Handgelenk über die Stirn und blieb stehen, wandte sich ihren Fußspuren im Sand zu.
    »Was denn, Moll?«
    »Die Sonne. Ich meine, den Sonnenschein. Dieses Licht. Es ist gefälscht, sagen alle, aber meine Güte, die Hitze ist verdammt echt.«
    »Gefälscht ist eigentlich nicht ganz korrekt. Die Sonne, die wir sehen, ist nicht die richtige Sonne, aber dieses Licht würde von dort herkommen. Es wird von den Hypothetischen kontrolliert, die Wellenlängen werden runtergesetzt und gefiltert…«
    »Ich weiß, aber ich meine die Art, wie sie über den Himmel zieht. Sonnenaufgang, Sonnenuntergang. Wenn es nur eine Projektion ist, wie kommt es, dass es überall gleich aussieht, von Kanada aus, von Südamerika aus? Wenn die Spin-Barriere nur ein paar hundert Kilometer weit oben ist?«
    Ich gab an sie weiter, was Jason mir einmal erzählt hatte: die Pseudosonne war keine auf eine Leinwand projizierte Illusion, es war eine gesteuerte Sonnenlichtkopie, die von einer 150 Millionen Kilometer entfernten Quelle aus durch die Leinwand strahlte, wie ein in einem Riesenmaßstab ablaufendes Bildberechnungsprogramm.
    »Verdammt aufwändiger Bühnenzauber«, sagte Molly.
    »Würden sie es anders machen, wären wir alle schon vor Jahren gestorben. Die Ökologie des Planeten benötigt einen Vierundzwanzigstundentag.« Wir hatten bereits einige Arten eingebüsst, die für ihre Nahrungssuche oder Paarung auf das Mondlicht angewiesen waren.
    »Aber es ist eine Lüge.«
    »Wenn du es so nennen willst.«
    »Ja, ich nenne es eine Lüge. Ich stehe hier mit dem Licht einer Lüge auf meinem Gesicht. Einer Lüge, von der man Hautkrebs bekommen kann. Aber ich begreife es immer noch nicht. Wahrscheinlich werden wir das erst können, wenn wir die Hypothetischen verstanden haben. Falls es dazu je kommt. Was ich bezweifle.« Eine Lüge, sagte Molly, während wir parallel zu einer alten, vom Salz weiß gewordenen Uferpromenade weitergingen, könne man nicht begreifen, wenn man das ihr zugrunde liegende Motiv nicht kenne. Dabei sah sie mich von der Seite an, die Augen von der Mütze beschattet, und in ihrem Blick lagen irgendwelche Botschaften, die ich nicht entschlüsseln konnte.
    Wir verbrachten den Rest des Nachmittags in meinem klimatisierten Haus, lasen ein wenig, hörten Musik. Doch Molly war rastlos, und ich hatte noch immer nicht ganz ihren Übergriff auf meinen Computer verwunden – ein anderer nicht zu entschlüsselnder Vorgang. Ich liebte Molly. Oder wenn das, was ich für sie empfand, nicht Liebe war, dann jedenfalls eine glaubwürdige Imitation, ein überzeugender Ersatz.
    Sorge machte mir, dass sie so unberechenbar war, spingeschädigt wie wir alle. Ich konnte ihr keine Geschenke machen – zwar gab es Dinge, die sie sich wünschte, aber ich erriet nie, was das sein könnte, außer sie bewunderte etwas ausdrücklich, das sie in einem Schaufenster sah. Ihre tiefsten Bedürfnisse ließ sie tief im Dunkeln, und wie die meisten verschlossenen Menschen nahm sie an, dass ich meinerseits wichtige Geheimnisse hütete.
    Wir hatten zu Abend gegessen und spülten gerade ab, als das Telefon klingelte. Molly nahm ab, während ich mir die Hände trocknete. »Hallo. Nein, er ist da. Einen Moment.« Sie hielt die Hand vor die Sprechmuschel. »Jason ist dran. Willst du mit ihm sprechen? Er klingt reichlich durchgedreht.«
    »Natürlich

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