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Spin

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Titel: Spin Kostenlos Bücher Online Lesen
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– und genau die hast du gerade in Frage gestellt.«
    Er drehte wieder den Kopf, so als wollte er irgendeine unsichtbare Ablenkung abschütteln. »Weißt du, es gibt Aspekte des marsianischen Lebens, die Wun dir verheimlicht hat. E. D. hat das ja immer vermutet, und zu einem gewissen Grad war sein Verdacht durchaus begründet. Auf dem Mars wird eine Biotechnologie betrieben, von der wir nicht einmal träumen können. Vor einigen Jahrhunderten war das Vierte Alter genau das, was Wun dir geschildert hat: eine Langlebigkeitsmaßnahme und eine gesellschaftliche Institution. Aber seither hat es sich weiterentwickelt. Für Wuns Generation war das Vierte eher eine Plattform, ein biologisches Betriebssystem, das immer ausgefeiltere Anwendungen ermöglicht. Es gibt nicht nur das Vierte, es gibt 4.1, 4.2 – wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Was ich dir gegeben habe…«
    »War die traditionelle Behandlung. Die Basisvier, wenn du so willst.«
    »Aber?«
    »Ich habe sie inzwischen ergänzt.«
    »War diese Ergänzung auch etwas, das Wun vom Mars mitgebracht hat?«
    »Ja, der Zweck…«
    »Der Zweck spielt im Moment keine Rolle. Bist du absolut sicher, dass du nicht an den Folgen der ursprünglichen Behandlung leidest?«
    »So sicher man sein kann.«
    Ich stand auf.
    Jason hörte, wie ich mich zur Tür bewegte. »Ich kann es erklären«, sagte er. »Und ich brauche nach wie vor deine Hilfe. Aber kümmere dich um sie, Ty, unbedingt. Ich hoffe, sie wird wieder gesund. Doch denk dran – meine Zeit ist auch begrenzt.«
     
    Der Koffer mit den marsianischen Pharmazeutika war dort, wo ich ihn gelassen hatte, unberührt, hinter dem kaputten Wandstück im Keller des Hauses meiner Mutter. Ich trug ihn im böigen Bernsteinregen über den Rasen ins Große Haus.
    Carol war in Dianes Zimmer, verabreichte ihr Sauerstoff.
    »Wir müssen sparsam damit umgehen«, sagte ich, »es sei denn, Sie zaubern eine neue Flasche herbei.«
    »Ihre Lippen waren ein bisschen blau.«
    »Lassen Sie mal sehen.«
    Sie rückte von ihrer Tochter weg. Ich schloss das Ventil und legte die Maske beiseite. Man muss vorsichtig sein mit Sauerstoff. Er ist unentbehrlich für Patienten, die an Atemnot leiden, aber zu viel davon kann die Luftbläschen in der Lunge zum Platzen bringen. Meine Befürchtung war, dass Diane, je schlechter ihr Zustand wurde, immer höhere Dosen benötigen würde, also eine Sauerstofftherapie, die man mithilfe von Beatmungsgeräten verabreicht. Einen entsprechenden Ventilator hatten wir aber nicht.
    Wir hatten auch keine Möglichkeit, ihre Blutgase zu überwachen, doch sahen ihre Lippen relativ normal aus, als ich ihr die Maske vom Gesicht nahm. Ihr Atem allerdings ging schnell und flach, und obwohl sie einmal die Augen öffnete, blieb sie lethargisch und zeigte keine Reaktionen.
    Carol beobachtete argwöhnisch, wie ich den staubigen Koffer öffnete und eine der marsianischen Phiolen sowie eine Injektionsspritze hervorholte. »Was ist das?«
    »Das Einzige, was ihr das Leben retten kann.«
    »Ja? Bist du dir da sicher, Tyler?«
    Ich nickte.
    »Nein, ich meine, bist du dir wirklich sicher? Denn das ist das Gleiche, was du auch Jason gegeben hast, nicht wahr? Als er AMS hatte.«
    Es hatte keinen Sinn, es abzustreiten. »Ja.«
    »Ich mag seit dreißig Jahren nicht mehr praktizieren, aber ich bin nicht vollkommen ahnungslos. Ich habe ein bisschen über AMS recherchiert, nachdem du das letzte Mal hier warst. Habe in die Fachzeitschriften geguckt. Und das Interessante ist: die Krankheit ist unheilbar. Es gibt keine Zaubermedizin. Und selbst wenn es sie gäbe, könnte sie wohl kaum gleichzeitig ein Spezifikum gegen KVES sein. Ich muss also annehmen, dass du im Begriff bist, einen pharmazeutischen Wirkstoff zu verabreichen, der in irgendeinem Zusammenhang mit dem runzligen Mann steht, der in Florida gestorben ist.«
    »Ich werde mich nicht mit Ihnen streiten, Carol. Sie haben offenbar Ihre eigenen Schlüsse gezogen.«
    »Du sollst dich nicht mit mir streiten, du sollst mich beruhigen. Du sollst mir sagen, dass dieses Mittel mit Diane nicht das Gleiche anrichtet, was es mit Jason angerichtet hat.«
    »Wird es nicht«, erwiderte ich, aber ich glaube, Carol wusste, dass ich den Vorbehalt unterschlug, das unausgesprochene soweit ich es beurteilen kann.
    Sie sah mich mit festem Blick an. »Sie bedeutet dir immer noch etwas.«
    »Ja.«
    »Das versetzt mich immer wieder in Erstaunen. Die Beharrlichkeit der Liebe.«
    Ich stach die Nadel in Dianes

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