Spin
raus.«
Ich fand ein mattsilbernes Rechteck von der Größe eines Kartenspiels, neben einem Stapel von Manila-Umschlägen, adressiert an Personen, deren Namen ich nicht kannte. »Ist es das hier?«, fragte ich, um mich gleich darauf zu verwünschen – natürlich konnte er es nicht sehen.
»Wenn es ein Sony-Gerät ist, ja. Eine Packung mit Leerdisks müsste gleich darunter liegen.«
»Ja, ist alles hier.«
»Gut, dann unterhalten wir uns also. Bis es dunkel wird und vielleicht noch etwas länger. Und ich möchte, dass du das Gerät laufen lässt. Leg eine neue Disk ein, wenn die erste voll ist, oder eine neue Batterie, falls nötig. Kannst du das für mich tun?«
»Ja, solange ich mich nicht um Diane kümmern muss. Wann willst du anfangen?«
Er drehte den Kopf. Seine diamantgespickten Pupillen glitzerten. »Jetzt gleich wäre nicht zu früh.«
ARS MORIENDI
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Die Marsianer, so Jason, entsprachen nicht unserem Bild eines einfachen, friedlichen, pastoralen Volkes; ein Bild, dem Wuns Berichte zumindest Vorschub geleistet hatten.
Es traf zu, dass sie nicht besonders kriegerisch waren – die Fünf Republiken hatten ihre politischen Differenzen vor beinahe einem Jahrtausend beigelegt –, und »pastoral« waren sie zumindest in dem Sinne, dass sie den Großteil ihrer Ressourcen landwirtschaftlich nutzten. Aber »einfach« waren sie nicht, in keiner Weise. Sie waren Meister in der Kunst der synthetischen Biologie, ihre ganze Zivilisation war darauf gegründet. Wir hatten ihnen mit biotechnischen Mitteln einen bewohnbaren Planeten gebaut, und so war es nicht verwunderlich, dass sie von Beginn an ein profundes Verständnis für die Funktion und die potenziellen Verwendungsmöglichkeiten der DNA besaßen, das sie von Generation zu Generation weiterreichten.
Wenn ihre Großtechnologie mitunter recht plump anmutete – Wuns Raumschiff etwa war fast primitiv gewesen, eine Newtonsche Kanonenkugel –, so war dies der radikalen Beschränktheit ihrer natürlichen Ressourcen geschuldet. Der Mars war eine Welt ohne Öl und Kohle, die ein fragiles, wasser- und stickstoffarmes Ökosystem trug. Eine so üppige, ja verschwenderische industrielle Basis wie die auf der Erde hätte auf Wuns Planeten niemals existieren können. Auf dem Mars war jede Anstrengung darauf gerichtet, ausreichend Nahrungsmittel für eine streng zu begrenzende Bevölkerung zu produzieren – und die Biotechnologie diente diesem Zweck ganz ausgezeichnet.
»Hat Wun dir das erzählt?«, fragte ich Jason, während der Regen ununterbrochen weiterfiel und der Nachmittag zur Neige ging.
»Er hat sich mir anvertraut, ja. Allerdings ließ sich das meiste von dem, was er erzählte, auch aus den Archiven erschließen.« Rostfarbenes Licht, das durchs Fenster fiel, spiegelte sich in Jasons blinden Augen.
»Aber es könnte auch sein, dass er gelogen hat.«
»Ich wüsste nicht, dass er je gelogen hätte, Tyler. Er war nur etwas knausrig mit der Wahrheit.«
Die mikroskopisch kleinen Replikatoren, die Wun zur Erde gebracht hatte, waren avancierte synthetische Biologie. Sie besaßen alle Fähigkeiten, die Wun ihnen zugeschrieben hatte. Und noch weitaus mehr: Zu den uns nicht bekannten Funktionen der Replikatoren gehörte ein verborgener zweiter Subkanal, der es ihnen ermöglichte, untereinander sowie mit ihrem Ursprungsort zu kommunizieren. Wun hatte nicht verraten, ob es sich um ein konventionelles Schmalband oder um etwas Exotischeres handelte – Letzteres, vermutete Jason –, jedenfalls erforderte es einen Empfänger, der fortgeschrittener war als alles, was wir auf der Erde bauen konnten. Es erforderte, so Wun, einen biologischen Empfänger. Ein modifiziertes menschliches Nervensystem.
»Du hast dich freiwillig zur Verfügung gestellt?«
»Hätte ich gemacht – wenn ich gefragt worden wäre. Aber Wun hat sich mir nur aus einem einzigen Grund anvertraut: Weil er seit seiner Ankunft auf der Erde um sein Leben fürchtete. Er hegte keinerlei Illusionen in Bezug auf menschliche Korruptheit oder Machtpolitik. Er brauchte vor allem jemanden, dem er seinen Medikamentenbestand anvertrauen konnte für den Fall, dass ihm etwas zustoßen würde. Jemand, der dessen Möglichkeiten und Zwecke begriff. Er hat mir nie nahe gelegt, ein Empfänger zu werden. Die Modifikation funktioniert nur bei Vierten. Weißt du noch, was ich gesagt habe? Die Langlebigkeitsbehandlung ist eine Plattform, ein Sprungbrett. Sie unterstützt andere Anwendungen. Dies ist eine
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