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Spin

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Titel: Spin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Oh, aber wie begierig habe ich die Nachrichten über Jason Lawton in den frühen Tagen des Spins verfolgt! Und Sie waren sein Arzt. Und jetzt sind Sie hier im Hinterzimmer meiner Klinik!«
    »Ich weiß nicht, ob Diane irgendetwas davon hätte erwähnen sollen.« Ich war mir absolut sicher, dass sie es besser nicht hätte tun sollen. Unser einziger Schutz war die Anonymität, und die war jetzt gefährdet.
    Ibu Ina wirkte niedergeschlagen. »Natürlich wäre es besser gewesen, diesen Namen nicht zu erwähnen. Aber Ausländer mit rechtlichen Problemen sind in Padang gang und gäbe. Es gibt sogar einen ziemlich schrecklichen Ausdruck dafür: Dutzendware. Ausländer mit rechtlichen und gesundheitlichen Schwierigkeiten sind noch problematischer. Diane muss erfahren haben, dass Jala und ich große Bewunderer von Jason Lawton sind – es kann nur reine Verzweiflung gewesen sein, die sie bewogen hat, sich auf seinen Namen zu berufen. Und trotzdem mochte ich ihr nicht glauben, bis ich mir im Internet Fotografien angesehen habe. Ich nehme an, einer der Nachteile der Berühmtheit besteht darin, dass man ständig fotografiert wird. Jedenfalls war da ein Foto der Familie Lawton, aufgenommen in der Frühzeit des Spins, aber ich habe sie trotzdem erkannt: Sie hatte die Wahrheit gesagt! Und also musste es auch wahr sein, was sie mir über ihren kranken Freund erzählt hatte. Sie waren Arzt von Jason Lawton. Und natürlich von dem anderen, dem noch berühmteren…«
    »Ja.«
    »Dem kleinen schwarzen faltigen Mann.«
    »Ja.«
    »Von dessen Medizin Sie krank geworden sind.«
    »Dessen Medizin mich aber auch wieder gesund machen wird, hoffe ich.«
    »Genau wie bei Diane, so hat sie jedenfalls gesagt. Das finde ich interessant. Gibt es wirklich noch ein Stadium des Erwachsenseins jenseits des Erwachsenseins? Wie fühlen Sie sich?«
    »Könnte besser sein, ehrlich gesagt.«
    »Aber der Prozess ist noch nicht beendet.«
    »Nein, der Prozess ist nicht beendet.«
    »Dann sollten Sie sich ausruhen. Kann ich Ihnen irgendetwas bringen?«
    »Ich hatte Schreibhefte, Papier…«
    »In einem Bündel bei Ihrem anderen Gepäck. Ich werde es holen. Sind Sie nicht nur Arzt, sondern auch Schriftsteller?«
    »Nur zeitweilig. Ich muss einfach ein paar Gedanken zu Papier bringen.«
    »Vielleicht können Sie, wenn Sie sich besser fühlen, einige dieser Gedanken mit mir teilen.«
    »Vielleicht. Es wäre mir eine Ehre.«
    Sie erhob sich wieder. »Vor allem über den kleinen schwarzen faltigen Mann. Den Mann vom Mars.«
     
    In den folgenden Tagen schlief ich unregelmäßig, war beim Erwachen verblüfft über die vergangene Zeit, die plötzlich angebrochene Nacht oder den unerwarteten Morgen, und orientierte mich, so gut ich konnte, an den Gebetsrufen, den Verkehrsgeräuschen und an der Versorgung durch Ibu Ina, die mir Reis mit Curryeiern brachte und mich gelegentlich mit einem Schwamm wusch. Wir unterhielten uns, aber das Gesprochene rann durch mein Gedächtnis wie Sand durch ein Sieb, und an ihrem Gesichtsausdruck sah ich, dass ich mich gelegentlich wiederholte oder Dinge nicht mehr wusste, die sie mir erzählt hatte. Helligkeit, dann Dunkelheit, Helligkeit, dann Dunkelheit, und dann, plötzlich, Diane neben Ina am Bett kniend. Beide sahen mich ernst an.
    »Er ist wach«, sagte Ina. »Bitte entschuldigen Sie mich. Ich lasse Sie beide allein.«
    Dann war nur noch Diane neben mir.
    Sie trug eine weiße Bluse, einen weißen Schal über ihren dunklen Haaren, bauschige blaue Hosen. Von der Aufmachung her wäre sie in Padang nicht besonders aufgefallen, wenn sie auch zu groß und zu blass war, um wirklich als Einheimische durchzugehen. »Tyler.« Die Augen waren blau und groß. »Achtest du auch auf deine Flüssigkeitsaufnahme?«
    »Sehe ich so schlimm aus?«
    Sie streichelte meine Stirn. »Es ist nicht leicht, stimmt’s?«
    »Ich habe nicht erwartet, dass es ohne Schmerzen abgeht.«
    »Noch ein, zwei Wochen, dann ist es vorbei. Bis dahin…«
    Sie musste nichts weitersagen. Das Medikament arbeitete sich tief ins Muskelgewebe, ins Nervengewebe vor.
    »Das hier ist aber ein guter Ort. Wir haben Krampflöser, Schmerzmittel. Ina weiß, was los ist.« Sie lächelte schief. »Trotzdem… nicht unbedingt das, was wir geplant hatten.«
    Unsere ursprünglichen Pläne waren auf Anonymität gegründet, jede der Bogen-Hafenstädte hätte für zahlungsfähige Amerikaner ein sicherer Ort zum Untertauchen sein sollen. Für Padang hatten wir uns nicht nur der Bequemlichkeit

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