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Spin

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Titel: Spin Kostenlos Bücher Online Lesen
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wegen entschieden – Sumatra war die am dichtesten beim Bogen gelegene Landmasse –, sondern auch wegen seines enorm schnellen wirtschaftlichen Wachstums und weil die jüngsten Probleme mit der New-Reformasi-Regierung in Jakarta die Stadt in eine für uns nützliche Anarchie gestürzt hatten. Ich würde die Drogenbehandlung in einem unauffälligen Hotel durchleiden, und wenn alles vorbei war – wenn ich buchstäblich generalüberholt war –, würden wir Plätze für die Überfahrt an einen Ort buchen, an dem uns kein Unheil erreichen konnte. So hatten wir es uns vorgestellt.
    Womit wir nicht gerechnet hatten, das war die Rachsucht der Regierung Chaykin und ihre Entschlossenheit, an uns ein Exempel zu statuieren – sowohl für die Geheimnisse, die wir bewahrt, als auch für die, die wir bereits enthüllt hatten.
    »Ich schätze, ich habe mich am falschen Ort ein bisschen zu auffällig benommen«, sagte Diane. »Ich hatte bei zwei verschiedenen Rantau- Kollektiven für uns gebucht, aber beide Abmachungen sind geplatzt, plötzlich wollten die Leute nicht mehr mit mir reden, und es war offensichtlich, dass wir viel zu viel Aufmerksamkeit erregten. Das Konsulat, die New Reformasi und die örtliche Polizei, alle haben sie unsere Beschreibung. Keine völlig präzise Beschreibung, aber nahe genug dran.«
    »Und deshalb hast du diesen Leuten gesagt, wer wir sind.«
    »Ich hab’s ihnen gesagt, weil sie es ohnehin schon vermutet hatten. Nicht Ibu Ina, aber mit Sicherheit Jala, ihr Ex. Das ist ein ganz gerissener Bursche. Er betreibt eine relativ respektable Reederei. Ein Großteil der Beton- und Palmölladungen, die durch den Hafen von Teluk Bayur gehen, machen dabei Station in dem einen oder anderen von Jalas Lagerhäusern. Das Rantau-gadang- Geschäfterzielt zwar weniger Gewinn, ist aber dafür steuerfrei, und diese Emigranten-Schiffe kommen auch nicht leer zurück. Außerdem hat er noch einen flotten Nebenerwerb mit Schwarzmarktrindern und -ziegen.«
    »Klingt wie jemand, der uns ohne weiteres an die New Reformasi verkaufen würde.«
    »Aber wir zahlen besser. Und bereiten ihm weniger Probleme mit den Gesetzen, solange wir nicht gefasst werden.«
    »Was hält Ina davon?«
    »Wovon? Dem Rantau gadang? Zwei ihrer Söhne und eine Tochter befinden sich in der Neuen Welt. Von Jala? Sie hält ihn für mehr oder weniger vertrauenswürdig – wenn man ihn kauft, dann bleibt er gekauft. Von uns? Sie glaubt, wir seien nicht weit vom Stand der Heiligkeit entfernt.«
    »Wegen Wun Ngo Wen?«
    »Hauptsächlich.«
    »Was für ein Glück, dass du sie gefunden hast.«
    »Es war nicht nur Glück.«
    »Trotzdem sollten wir sehen, dass wir so bald wie möglich wegkommen.«
    »Sobald es dir besser geht. Jala hat ein Schiff bereit. Die Capetown Maru. Das ist der Grund, warum ich zwischen hier und Padang hin- und hergependelt bin. Es gibt noch mehr Leute, die ich bezahlen muss.«
    Aus Ausländern mit Geld verwandelten wir uns sehr schnell in Ausländer, die früher mal Geld hatten. »Trotzdem«, sagte ich, »ich wünschte…«
    »Ja, was?« Sie strich mit einem Finger über meine Stirn, hin und her, ganz langsam.
    »Ich wünschte, ich müsste nicht alleine schlafen.«
    Sie lachte kurz auf und legte ihre Hand auf meine Brust. Auf meinen ausgemergelten Brustkorb, auf die noch immer hässliche Krokodilhaut. Nicht gerade eine Anregung für Intimes. »Es ist zu heiß zum Kuscheln.«
    »Zu heiß?«
    Ich hatte die ganze Zeit gezittert.
    »Armer Tyler.«
    Ich wollte ihr sagen, sie solle vorsichtig sein. Aber vorher machte ich noch kurz die Augen zu – und als ich sie wieder öffnete, war sie nicht mehr da.
     
    Schlimmeres würde unvermeidlich folgen, aber tatsächlich fühlte ich mich in den nächsten Tagen viel besser – das Auge des Sturms, wie Diane es genannt hatte. Es war, als hätten die marsianische Substanz und mein Körper einen vorläufigen Waffenstillstand ausgehandelt, Gelegenheit für beide Seiten, sich für die Entscheidungsschlacht zu sammeln. Ich versuchte, mir die Atempause zunutze zu machen.
    Ich aß alles, was Ina mir anbot, und von Zeit zu Zeit lief ich im Zimmer hin und her, um ein wenig Energie in meine dürren Beine zu leiten. Hätte ich mich kräftiger gefühlt, wäre mir diese Betonschachtel (in der medizinischer Bedarf aufbewahrt worden war, bevor Ina sich ein an die Klinik angrenzendes alarmgesichertes Lager hatte bauen lassen) vielleicht wie eine Gefängniszelle vorgekommen, unter den gegebenen Umständen war sie sogar

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