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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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Tochter, die abgehauen ist. Was habe ich damit zu tun, fragt er sich, während er sein Handtuch nimmt und sich abtrocknet. Aber natürlich hat er sich einfühlsam und zuvorkommend verhalten. Mit Lilo gesprochen und sie beruhigt. Immer wieder wird der Name dieser Detektivin genannt, aber der Dicke hat versichert, ein Auge auf sie zu haben.
    Von draußen hört er Schritte. Er will das Handtuch verstecken. Niemand soll wissen, dass er … wobei, ein eigenes Handtuch zu verwenden, anstelle dieser widerlich kratzigen Papiertücher, was ist daran so dramatisch? Es wäre sein Albtraum, als Perverser dazustehen. Er hat einmal einen Fehler begangen, als er nicht anders konnte. Danach, als der Prozess und die Hatz vorbei waren, hat er sich vorgenommen: niemals mehr. Niemals mehr solche Ängste durchleben. Die Ängste ist er nicht losgeworden, aber er hat sich Alternativen gesucht. Alternativen, denen er an seinem Rechner zu Hause nachgeht. Er hat Geld verloren, viel Geld. Aber manchmal hat er auch gewonnen, und er hat niemandem geschadet außer sich selbst.
    Manchmal fragt er sich, ob das Mädchen sich überhaupt noch erinnert. An die Sache damals. Sie war so eine renitente Schülerin. Aber doch sehr jung. Die jungen Dinger vergessen, sie kommen schnell über so vieles hinweg. Die Eltern haben sie damals aufgehetzt, nur die Eltern. Er stellt sich vor, wie ein unsichtbarer Bindfaden von ihm zu dem Mädchen führt, nicht straff gespannt, eher locker hängend, baumelnd bei jeder Bewegung. Er hat seinen Neigungen nie wieder auch nur einen Millimeter Raum gegeben. Er hat andere Sachen gemacht. Rechtfertigung, klingelt es in seinem Kopf. Warum muss er sich immer noch rechtfertigen? Die Schritte verklingen am anderen Ende des Ganges. Jeden Abend nimmt er das Handtuch mit heim und gibt es in die Wäsche. Und jeden Morgen bringt er in der Aktentasche ein neues mit.

16. LLT3ZRUNV RKF1JZQT TEYD8WNZ EHJDQU
    »Deine drei Peiniger werden nicht mehr lange unsere Gäste sein«, sagte Hardo. Er sah noch grauer aus als am Tag zuvor. »Sergej Alexandrow, diese Ausgeburt der Hölle, steht als Zeuge nicht mehr zur Verfügung.«
    »Was heißt das denn?« Katinka griff nach Hardos Bierflasche. Ihre eigene war längst leer.
    »Alexandrow hat alles widerrufen, was er am Tag zuvor gesagt hat. Will nichts gesehen oder gehört haben. Er hat Ljubov an die Straße gebracht. Als er zurück in die Halle kam, wo die Kerle dir zugesetzt haben, hat er angeblich niemanden mehr gesehen.«
    »Das gibt’s doch nicht!«
    »Das ist so frustrierend an meinem Job«, schnaubte Hardo. »Die Kerle lügen wie die Leichtmatrosen, wir wissen es, aber wir können nichts machen. Die Russin ist auch nicht wieder aufgetaucht!«
    »Hat sie nicht längst einen deutschen Pass?«
    »Leider. Sonst könnte ich sie in die Taiga schicken.«
    »Hardo!«
    »Verflucht, weißt du, was die mit dir machen, wenn du deine Anzeige aufrechterhältst?«
    Katinkas Magen zog sich zusammen.
    »Ich bin nicht wehrlos«, sagte sie trotzig. »Übrigens habe ich ein Angebot bekommen.« Sie berichtete von Hauke von Recken und seinen Projektplänen in Libyen. »Er spinnt. Warum sollte er ausgerechnet mich dabeihaben wollen?«
    Hardo schwieg und sah durch Katinka hindurch.
    »Anja Spachtholz ist auch verschwunden«, fuhr Katinka fort. Verblüffend, dachte sie, während sie erzählte, was man an einem einzigen Tag alles erleben kann. Sie fügte gleich ihren Besuch bei Rita dazu. »Rita ist eine richtige Schönheit. Dunkelhäutig, superkurze Haare. Schlank, groß. Hat ein ausdrucksstarkes Gesicht. Wenn sie als 14-Jährige auch schon so war, dann hat sich Kaminsky wohl noch zusätzlich angestachelt gefühlt.«
    Hardos Gesicht wurde immer finsterer. Schließlich sagte er:
    »Vielleicht ist die Ausgrabung gar keine so schlechte Idee!«
    »Bist du verrückt?« Katinka starrte ihn an. »Was soll ich drei Monate in der Wüste! Außerdem kann man Libyen nicht gerade als einen Hort an Sicherheit bezeichnen.«
    »Schon gut. Ich dachte nur, es wäre besser, dich für eine Weile aus der Schusslinie zu wissen. Ohne russischen Boxklub und seine Parteigänger. Einer von ihnen macht übrigens ein mordsmäßiges Palaver wegen des Streifschusses. Aber da wird er keine Chance haben.« Er nahm eine neue Flasche Bier aus dem Kühlschrank und köpfte sie mit dem Öffner, der an seinem Schlüsselanhänger baumelte. »Eines will mir nicht in den Schädel. Typen wie Kazulé oder Kaminsky mögen eine Menge Dreck am Stecken haben.

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