Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)
»Es tut mir leid, was hast du gesagt?«
Er nickte in Richtung Sarg. »Ich habe dich gefragt, ob du jetzt deine Blumen reinwerfen willst. Bevor sie anfangen, das Grab zuzuschaufeln.«
Irgendwann während meiner gedanklichen Reise in die Vergangenheit hatte der Pastor aufgehört zu sprechen und die Messe beendet. Ein paar Kerle in dreckigen Overalls lehnten ein Stück entfernt auf ihren Schaufeln und warteten ungeduldig darauf, dass sie ihre schmutzige Arbeit tun konnten.
»Natürlich«, murmelte ich.
Ich trat vor. Finn hatte seine weiße Rose bereits auf den Sarg geworfen. Sie lag neben zwei anderen auf dem goldenen Holz – eine pinkfarbene von Jo-Jo und eine schwarze von Sophia. Ich umklammerte meine rote Rose. Die Dornen bohrten sich in die Spinnenrune auf meiner rechten Handfläche, durchstießen meine Haut, ließen kleine Tropfen von Blut hervorquellen, aber es war mir egal. Ich atmete tief durch und warf meine Blume zu den anderen.
Die Blütenblätter verteilten sich, als sie auf dem Sarg des alten Mannes aufkam, und küssten ihn, genau wie ich das Gesicht des alten Mannes geküsst hatte, bevor sie den Deckel über ihm geschlossen hatten.
»Auf Wiedersehen, Fletcher«, flüsterte ich.
32
Einer nach dem anderen kamen die Trauernden zu Finn, um ihm ihr Beileid auszusprechen. Ein paar kondolierten auch mir, aber die Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf Fletchers Sohn, nicht auf die Streunerin, die er von der Straße geholt hatte. So sollte es wohl auch sein, nahm ich an.
Ich wanderte zu Roslyn Philipps hinüber. Die Vampirin trug ein strenges schwarzes Kostüm, aber der dezente Schnitt konnte ihre üppigen Kurven trotzdem nicht verbergen. Auf ihrem Kopf saß ein dazu passendes Hütchen, und die leichte Brise wehte den Schleier daran gegen ihre Wangen. Ich stellte mich neben sie, und gemeinsam beobachteten wir, wie Finn sich vorbeugte, um mit einem von Rheumatismus und Arthritis tief gebeugten Zwerg zu sprechen.
»Schön, dass du gekommen bist«, sagte ich leise. »Ich weiß, dass es Finn viel bedeutet.«
Roslyn nickte. »Ich wollte für ihn da sein. Das war das Mindeste, was ich tun konnte.«
»Du meinst, nachdem du aus Versehen den Tod seines Vaters verursacht hast?«
Sie erstarrte, als hätte ich ihr eines meiner Messer in den Körper gerammt. Schockiert suchte sie meinen Blick. »Wie hast du …«
»Wie ich es rausgefunden habe?« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich gebe zu, dass es mich eine Weile gekostet hat. Die ganze Zeit, während Alexis James mich gejagt hat, habe ich einfach nicht verstanden, warum sie mich als Sündenbock ausgewählt und wie sie Fletcher überhaupt gefunden hat. Aber dann hat sie es mir in dieser Nacht im Steinbruch erzählt. Du hast sie gehört. Sie hatte die Information von einer von Gordon Giles’ Nuttenfreundinnen. Von derjenigen, deren Tochter vergewaltigt wurde und für die ich Cliff Ingles getötet habe.«
Ich starrte Roslyn an. »Gordon hatte einen ganzen Stapel Fotos von sich selbst mit Prostituierten, und die meisten von ihnen trugen den Herz-und-Pfeil-Anhänger, der das Markenzeichen deines Klubs ist. Die Nutte, die Alexis ausgequetscht hat, um an Informationen zu kommen, war eines deiner Mädchen, richtig?«
Nach einem Moment nickte Roslyn. Es war sinnlos, es zu leugnen.
»Ich nehme an, die Frau kam zu dir und bat um Urlaub, um sich um ihre Tochter kümmern zu können, die so übel zusammengeschlagen und vergewaltigt worden war. Du hast ihr von Fletcher und Finn erzählt. Hast ihr verraten, dass sie gewisse … Unfälle arrangieren können. Als Alexis Stephenson schickte, um die Nutte mitzunehmen, musste die Frau ihnen etwas geben, um ihre eigene Haut zu retten – und sie hat sich für Fletcher und Finn entschieden.«
»Ich dachte, ich hätte ihr einen Gefallen getan. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas passieren würde. Hätte ich gewusst, wie es enden würde …«, setzte Roslyn an.
»Behalt dein Gejammer für dich!«, blaffte ich. »Es ist passiert. Es ist nicht mehr rückgängig zu machen.«
Wir standen nebeneinander und beobachteten, wie ein weiterer Trauergast vor Finn trat. Roslyns gesamter Körper vermittelte ein Gefühl der Anspannung, so wie der meine Kälte ausstrahlte.
»Wirst du es Finn sagen?«, fragte sie schließlich.
Ich wartete ein paar Sekunden und ließ sie schwitzen. »Nein. Er muss es nicht wissen. Damit würde ich nur das Verhältnis zwischen euch beiden zerstören.«
»Er bedeutet mir wirklich etwas«, murmelte
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