Spion der Liebe
eingetroffen ist. Seit Tagen versuchte sie, mich unter die Haube zu bringen. Sie darf unsere Hochzeit nicht versäumen.«
»Mit wem wollte sie dich denn verheiraten?« fragte Beau mißtrauisch.
»Mit Sandro. Aber das spielt jetzt überhaupt keine Rolle mehr.«
»Hoffentlich. Bleib bloß an meiner Seite!« warnte er. »Bevor weitere Kandidaten auftauchen …«
»Keine Bange, ich habe mich bereits entschieden – für dich, mein Liebster.«
»Wie glücklich du mich machst, mein Engel – meine süße Verführerin …«
»Wäre die Trauung doch schon vorbei …«
»Ich werde den Priester bitten, die Zeremonie möglichst kurz zu gestalten.«
»Und ich wünsche mir von dir um so längere Flitterwochen.«
»Wird dir ein ganzes Leben genügen?«
»O ja«, flüsterte sie, und ihre Augen füllten sich mit neuen Tränen.
Als er sie wieder küßte, kicherten die Damen, und die Herren applaudierten wohlwollend. Aber davon merkten Lord Rochefort und seine Braut nichts, in ihrem eigenen Paradies versunken.
Epilog
Kurz nachdem Signora Calvacanti angekommen war, wurden Serena und Beau im Salon der Castellis getraut. Der Champagner floß in Strömen. Die meisten Gäste freuten sich mit dem jungen Paar. Und die Herren, die den Earl beneideten, fügten sich bald in ihr Schicksal, weil sie erkannten, wie glücklich die Braut war.
Die Flitterwochen dauerten einen Monat. Dann marschierten die französischen Truppen auf Florenz zu, und Beau überredete seine Frau zur Heimkehr nach England, um das Baby nicht zu gefährden . Auf der Reise machten sie in Palermo Station, wo sie großes Aufsehen erregten. Alle Damen wollten die Frau sehen, die es geschafft hatte, den berüchtigten Earl von Rochefort einzufangen. Und die Herren konnten es kaum erwarten, seine Gemahlin zu inspizieren. Nur zu gut verstanden sie, warum es ihr gelungen war, sein dauerhaftes Interesse zu wecken. Danach verbrachten sie vierzehn idyllische Tage auf Menorca. Als sie London erreichten, ließ sich Serenas Zustand nicht mehr verbergen.
»Zwillinge!« rief Chelsea sofort.
»Und wer ist das?« fragte Beau lächelnd und betrachtete das Baby in den Armen seiner Stiefmutter. Seine größeren Geschwister stellten ihm seinen zwei Wochen alten Halbbruder vor. Seit ein Neugeborenes im Haus lebte, fühlten sie sich sehr erwachsen. Serena fragte, ob sie den kleinen Ian in den Arm nehmen dürfe. Zufrieden schauten sich der Herzog und sein ältester Sohn im Familienkreis um. Wie wundervoll das Leben sein konnte …
Etwas zu früh, in der ersten Februarwoche, kamen die Zwillinge zur Welt, ein Junge und ein Mädchen. Beide waren etwas schwach. Aber in der liebevollen Obhut mehrerer Kinderfrauen, die sie in Schafspelze wickelten und mit heißen Ziegeln wärmten, gediehen sie prächtig. Im Frühling hatten sich Felicity und Seth vollends erholt und bildeten den unangefochtenen Mittelpunkt im Leben ihrer Eltern.
Inzwischen zog der Earl von Rochefort das Landleben den Londoner Spielsalons und Boudoirs vor. »Das kann ich nicht erklären«, erwiderte er, wenn die Freunde über seine häuslichen Neigungen spotteten. »Aber die Ehe und die Vaterschaft sind zweifellos empfehlenswert.«
Anmerkungen
1 Als Großbritannien Anfang 1793 in die Revolutionskriege eintrat, beliefen sich die Staatsschulden auf 230,000.000 Pfund. Der Krieg wurde mit Krediten finanziert. Zum Zeitpunkt des Friedens von Amiens im Jahr 1802 waren die Schulden Großbritanniens und Irlands auf die erstaunliche Summe von 507,000.000 Pfund gestiegen, während sie 1914 beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs nur 587,000.000 betrugen.
Zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts bestanden sowohl in England als auch auf dem Kontinent Zweifel am britischen Kreditsystem, vor allem nach dem Bank Restriction Act von 1797, einem Gesetz, das die Bank von England der Verpflichtung enthob, Schuldscheine einzulösen. Dieses Gesetz wurde erst zweiundzwanzig Jahre später abgeschafft. Während der gesamten Revolutions-und der napoleonischen Kriege besaß Großbritannien eine Papierwährung.
2 Schon in alten Zeiten wurden Schwämme als Verhütungsmittel benutzt, die hauptsächlich aus den Mittelmeergebieten stammten und als Barriere gegen Spermien dienten. Manche waren mit Schnüren versehen, so daß man sie mühelos entfernen konnte.
3 Die Künstlerinnen Angelica Kauffman und Mary Cosway wurden im späten achtzehnten und im frühen neunzehnten Jahrhundert von der britischen Gesellschaft hofiert.
Angelica Kauffman, in der Schweiz
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