Splitter im Auge - Kriminalroman
holländischen Kollegen mit schnellen Schritten zur Stelle, stieß die Pistole mit dem Fuß weg und richtete seine Waffe auf den blutenden Schützen, um die Situation zu sichern, die jetzt gar nicht mehr unsicher war.
Maximilian Trampe stand vor dem Körper seines Bruders, sah auf ihn herab wie eine Statue und schien von der plötzlichen Hektik um ihn herum völlig unberührt. Die Kollegen funkten, telefonierten nach einem Notarzt oder riefen den anderen, die aus dem Haus kamen, etwas zu.
Batto suchte kurz Blickkontakt zu Erik Janssen und Gisa und ging zur Tür. Er war heute schon einmal blauäugig gewesen, das würde ihm nicht noch einmal passieren. Langsam und vorsichtig bog er um die Ecke und stand am Kopf einer Treppe, die in einen Gang führte, der mit jedem Schritt einen Meter sichtbarer wurde. Bevor er den Gang betrat, bemerkte er oberhalb des Sturzes auf der anderen Seite der Wand ein Brett. Er ging langsam weiter und sah, dass darauf zwei Monitore standen. Von dem Gang gingen an der rechten Wand zwei Türen ab, von denen die erste verschlossen war und die zweite offen stand. Dazwischen stand auf der linken Seite ein Schrank, der für Batto aussah wie ein kleiner Kühlschrank. Er ging zur ersten Tür und prüfte, ob sie geschlossen war, und sah dann durch den Spion. Auf einer Liege an der Wand saß das Mädchen, dessen Bild Renate Winkler ihm vor ein paar Tagen gezeigt hatte. Das Mädchen trug so etwas wie ein Krankenhaushemd und war am Bein angekettet. Batto öffnete die Tür, und in derselben Sekunde begann sie zu schreien.
»Polizei«, rief er, » ich bin von der Polizei!« Als sie sich nicht beruhigte, ging er langsam auf den Gang und bat Gisa, sich um sie zu kümmern. Gisa ging hinein, und er hörte, wie das Schreien abbrach.
Batto ging in den zweiten Raum und sah zwei Männer, von denen einer auf einer Stahlliege an Händen und Füßen gefesselt war. Über dem anderen, der auf dem Boden lag, kniete Erik Janssen und fühlte ihm den Puls. Dieser Mann war Steiger, den er kaum erkannte, weil sein Gesicht voller Wunden und Blutergüsse war.
»Und?«, fragte Batto.
Erik Janssen wiegte den Kopf und sagte: »Kaum, dass man es Puls nennen kann.«
Batto sah auf seinem Handy, dass er kein Netz hatte. Er rannte nach oben, so schnell er konnte.
57
Es war der erste Krankenhausaufenthalt seines Lebens, und Steiger hatte gedacht, er würde es mehr hassen, aber nach einer Woche hatte er sich an die Abhängigkeit gewöhnt – nur mit der elenden Bettpfanne konnte er sich nicht abfinden.
Auf dem Weg zurück in den Bunker musste etwas passiert sein, was sein Becken gebrochen hatte. Wahrscheinlich hatte Trampe ihn die Treppe hinuntergeworfen, etwas in der Art musste es gewesen sein, mitbekommen hatte er es nicht. Dafür, dass er bewusstlos eine Treppe hinuntergestürzt sei, habe er sich noch relativ wenig getan, hatte der Arzt gemeint. Steiger fand, so was konnte man als Trost auffassen, wenn man so gestrickt war wie Batto, ansonsten machte es die Situation kein bisschen angenehmer, sich von jugendlichen Menschen, die dabei fröhliche Sprüche machten, den Arsch abwischen lassen zu müssen.
Er sah zum Nebenbett, aber Leo, der Flaschensammler, schlief. Leo mochte das Krankenhaus, hatte nur Probleme mit dem fehlenden Stoff, doch der Turkey hatte sich bis jetzt in Grenzen gehalten.
Draußen schien die Sonne, und Steiger hätte sich Fenster bis zur Erde gewünscht, weil der Himmel allein mit der Zeit ein öder Anblick wurde, wenn man keine Welt dabei sah. Das war ihm erst in den letzten Tagen aufgefallen.
Es klopfte, und Jana, Gisa und Batto kamen herein und stellten sich um sein Bett. Sie grinsten ihn an, aber Steiger hielt das für eine Aufmerksamkeit, auf die er verzichten konnte.
Batto packte zur Begrüßung eine Flasche Traubensaft aus. »Bevor du dir verarscht vorkommst: Da ist das gute Zeug drin, dass du letztens bei mir getrunken hast, die Flasche ist nur Tarnung. Wenn die Ärzte abends weg sind, wird ja wohl mal ein Glas drin sein.« Er setzte sich auf die Bettkante. »Bei meinem letzten Besuch hab’ ich mich das noch nicht getraut, weil du kaum ansprechbar warst.«
Gisa nahm den Stuhl neben dem Bett und erzählte ein paar übliche Neuigkeiten vom ET und aus der Behörde, aber es war nichts dabei, was Steiger wirklich interessiert hätte.
»Du hast übrigens Glück gehabt«, sagte sie. »Ich hab’ letztens mal mit Detlef Fennel gesprochen, der den Fall bearbeitet. Das Zeug, das Trampe dir gespritzt
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