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Splitter

Splitter

Titel: Splitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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ansehe. Zudem wollte er Zeit gewinnen und sich von mir verabschieden.«
    Er zog ein dickes Geldbündel aus der Innentasche seines Sakkos und zeigte es Marc für einen kurzen Augenblick, bevor er es wieder zurücksteckte. »Ich glaube, es hat Benny überhaupt nicht gefallen, dass ich den fehlenden Splitter unter Ihrem Verband entdeckt habe.« Haberlands Lächeln wurde breiter. »Haben Sie nicht bemerkt, wie nervös er war, als Sie nach unserem Spaziergang am See mit ihm wieder wegfuhren? Ihr Bruder hatte große Angst, ich hätte Ihrem Gedächtnis versehentlich auf die Sprünge geholfen. Aber ich wusste ja nichts von der Verschwörung.«
    Marc dachte nach, dann schüttelte er zweifelnd den Kopf. Auf einmal roch es im Zimmer nach antiseptischen Reinigungsmitteln. »Das glaube ich nicht. Denn wenn Sie damit nichts zu tun haben, woher wissen Sie dann so detailliert, was ich in den letzten Stunden erlebt habe?«
    »Stunden?«, fragte der Arzt.
    Er sah zu der kleinen Digitaluhr auf dem Schreibtisch. 11.04 Uhr. Exakt die Zeit, zu der sie ihn gestern Vormittag das erste Mal aufgesucht hatten.
    Marc blinzelte verwirrt. »Ist sie kaputt?«, fragte er mit Blick auf die Uhr. Haberland schüttelte den Kopf. Aber … das kann nicht sein, das ist …
    Er versuchte aufzustehen, doch es gelang ihm nicht, sich aus den dicken Sofakissen hochzustemmen. Seine Arme waren eingeschlafen, das Blut schien nicht mehr richtig zu zirkulieren. Er wandte den Kopf zur Tür. »Wie bin ich hierhergekommen? Und wie … », er sah an seinem nutzlosen Arm herab, den er nicht mehr willentlich bewegen konnte, « … wie konnte ich den Sturz überleben ?«
    Zehn Meter tief? Auf Stahlplatten? Ohne medizinische Versorgung?
    Haberland lächelte gutmütig. »Sie beginnen langsam die richtigen Fragen zu stellen. Sehen Sie, ich hab es Ihnen doch gesagt, Sie kommen ganz allein auf alle Antworten.«
    »Haben Sie jemals eine Geschichte gehört und sich danach gewünscht, Sie hätten das Ende niemals erfahren?«
    Auf einmal überkam Marc das Gefühl, er müsse sich imaginäre Spinnweben von der Haut reißen. Staubige Fäden, die nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen Verstand überzogen und die Wahrheit verhüllten, der er so dringend auf den Grund gehen wollte. Die Wahrheit, die sich in einer einzigen Frage konzentrierte: »Existiere ich?« Haberland lächelte erneut und faltete die Hände. Dann, kurz nachdem ein Holzscheit im Kamin in sich zusammengefallen war und glutrote Funken stoben, sagte er endlich: »Ja. Daran besteht kein Zweifel. Bei Bennys Erlebnissen musste ich allerdings etwas improvisieren. Ich habe sie aus den Gesprächen rekonstruiert, die Ihr Bruder mit Ihnen in den letzten Stunden geführt hat, und hier mag einiges verfälscht dargestellt sein. Doch all das, was ich Ihnen über Sie erzählt habe, ist Ihnen wirklich widerfahren. Sie sind real.«
    Er machte eine Pause, dann sagte er leise: »Aber ich bin es nicht.«
    Eiseskälte drang in das Zimmer, so wie gestern, als Benny vor die Veranda getreten war, um sich eine Zigarette anzuzünden.
    Die Erinnerung an seinen Bruder trieb Marc die Tränen in die Augen.
    »Wissen Sie, was man sich über die letzten Sekunden des Sterbens erzählt?«, fragte Haberland und rieb sich die vernarbten Handgelenke.
    Marc nickte. »Es heißt, vor dem geistigen Auge ziehe noch einmal das gesamte Leben vorbei, oder zumindest Teile davon. Erlebnisse, die die Psyche des Sterbenden nachhaltig beeindruckt haben. Eine bestandene Prüfung, die Hochzeit, die Geburt eines Kindes, aber auch negative Ereignisse … »
    Er stockte.
    Wie ein Unfall?
    »Natürlich hat noch nie jemand die Schwelle überschritten und ist zurückgekommen, aber viele Menschen, die wiederbelebt wurden, sagten, sie hätten sich in ihrer Nahtoderfahrung mit Menschen unterhalten, die ihnen sehr viel bedeutet haben«, fuhr Haberland fort.
    Wie Sandra, Constantin, Benny und …
    Der Professor nickte wissend, als könne er Marcs Gedanken lesen. »Forscher haben herausgefunden, dass diese letzten Momente und das gleißende Licht, auf das man sich angeblich zubewegt, letztlich nichts anderes sind als eine biochemische Störung unseres absterbenden Gehirns.« Das Feuer loderte auf, noch heller als je zuvor während ihres Gesprächs. Marcs Augen brannten. Um ihn herum schien alles gleichzeitig klarer und durchsichtig ZU werden. »Wer sind Sie?«, fragte er.
    »Ich bin nur eine Erinnerung.«
    Der Professor erhob sich aus seinem Ohrensessel, und plötzlich

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