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Splitterherz

Titel: Splitterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Spezial­version.«
    »Ich bin nicht sein Liebchen - und ...« Ich brach ab. Verdammt. Sollte ich tatsächlich mit alldem rausrücken, was Colin mir über Papa verraten hatte? Und wenn Paul etwas ganz anderes meinte und ich erst recht Chaos anrichtete?
    »Ellie«, tönte Pauls Stimme mahnend in mein Ohr und ich zuckte kurz zusammen. »Was hat er dir erzählt? Was hat Papa dir gesagt? Was soll das mit dem Halbblut?«
    »Sag es mir, Paul. Sag du es mir«, forderte ich.
    »Woher hast du dieses Wort?« Oje. Ich hatte vergessen, dass Paul mindestens ebenso stur sein konnte wie ich. Ich hatte ihn noch nie zu etwas zwingen können, wenn er es partout nicht wollte. Mo­ment - eine Methode müsste dennoch funktionieren. Sie war nie­derträchtig, aber extreme Situationen verlangten nun mal nach extremen Maßnahmen. Und Paul war es immer durch und durch gegangen, wenn seine kleine Schwester geweint hatte. Ich schob die Gedanken an all die Häme weg, die mich in der Schule wegen mei­ner Tränen verfolgt hatte, und schniefte erstickt. Es fiel mir nicht schwer. Seit dem Abschied von Colin und der Vorstellung, ihn nie wiederzusehen, hatte ich einen Kloß im Hals.
    Paul seufzte auf. »Ellie, Kleine, nicht doch ...«
    Ich schluchzte ein weiteres Mal. Es klang täuschend echt.
    »Das mit dem Halbblut - hab es aufgeschnappt, in einem Ge­spräch«, nuschelte ich und tat so, als würde ich mir die Nase schnäu­zen.
    »Zwischen Mama und Papa?«, hakte Paul nach.
    »Hmhm«, machte ich zustimmend.
    »Okay, Ellie - oh Gott. Na dann.« Er räusperte sich. Eine Tür klappte und die hektische Stimme klang gedämpfter. »Dann hab ich dich falsch verstanden. Es ist alles in Ordnung. Vergiss es einfach. Machst du das? Ja? Versprich es mir. Hör auf zu weinen, bitte. Alles gut bei euch auf dem Land?«
    »Paul, was soll das? Ich verstehe gar nichts mehr!«
    Doch er hatte schon aufgelegt. Ich wählte seine Nummer ein zweites Mal. Aufs Heulen musste ich mich nicht mehr konzentrie­ren. Die Tränen liefen von ganz alleine.
    »Paul...«
    »Ach, Ellie, bitte, nun hör doch auf zu weinen. Ich muss arbeiten. Du hast dich verhört.«
    »Aber Paul«, wimmerte ich. »Ich - in letzter Zeit träume ich nachts kaum mehr, und wenn, dann sind es Albträume. Das alles ist so - seltsam«, log ich. Jetzt musste er einfach anbeißen.
    »Ellie ...«, sagte Paul beruhigend. »Klar schläft man anders, wenn man in einem neuen Umfeld ist. Das ist doch normal. Erinnerst du dich noch daran - wenn wir früher im Urlaub waren, hast du die ersten Nächte kein Auge zugetan, weil alles anders als zu Hause war.« Im Hintergrund polterte es. Ein Mann fluchte. Hörte sich so ein Medizinstudium an? »Okay, Ellie, ich muss Schluss machen.«
    »Paul, ich -«
    Schon wieder aufgelegt. »Du blöder Hund«, fluchte ich und drückte die Wahlwiederholungstaste. Sofort sprang Pauls Mailbox an. Gereizt schmiss ich das Handy auf mein Bett. Hier war etwas faul.
    Paul hatte das mit meinen vermeintlich fehlenden Träumen je­denfalls nicht stutzig gemacht. Und mein Bruder hatte sich immer gesorgt, wenn mir etwas fehlte. Ich war so etwas wie seine Dauer­probepatientin für den Kinderarztkoffer gewesen.
    Und jetzt? Er schob meine angeblichen Schlafstörungen auf den Umzug und er hatte überzeugt dabei geklungen. Gleichzeitig sagte er, ich solle das mit dem Halbblut vergessen. Und das ließ nur eine Schlussfolgerung zu: Paul wusste etwas, aber er glaubte es nicht. Ja, er hatte sich sogar angehört, als sei Papa ihm peinlich. War er am Ende der Meinung, Papa habe den Verstand verloren?
    Die ganze Sache stank gewaltig. Irgendwer log. Und ich wurde den Verdacht nicht los, dass es mein eigener Vater war. Wer war nun der wahre Fall für die Psychiatrie - Papa oder Colin?
    Obwohl ich vor Unruhe mit beiden Knien wippte und meine Fin­ger schmerzhaft ineinander verhakte, legte ich mich rücklings aufs Bett und suchte nach Lösungen. Wie nur konnte ich eigenständig herausfinden, was es mit Papa auf sich hatte?
    Wenn Colin sein Patient war, musste es Unterlagen über ihn  geben - allerdings wohl kaum hier, sondern in der Klinik. Falls Colin nicht sein Patient war und das mit dem Halbblut stimmte, wurde es noch kniffliger.
    Doch ehe ich weiterdenken konnte, näherte sich das dumpf vib­rierende Motorengeräusch eines Lkws. Aufseufzend erhob ich mich, ging ans Fenster und wollte es schließen, um ungestört meine Über­legungen weiterverfolgen zu können. Doch der Transporter hielt direkt vor unserem

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