Splitterseelen
Ecke des Verwahrraumes. Sie entdeckte Mijo, der mit finsterem Gesicht an der Wand lehnte und Calael und Jason fixierte, die nebeneinander auf der Pritsche saßen. Jason zitterte am ganzen Leib und wiegte sich wie in Trance vor und zurück, wobei er Calaels Hand fest umklammert hielt.
„Was ist los?“, fragte Nirta.
„Superman hat nicht begriffen, dass er eben nicht Superman ist“, knurrte Mijo. „Er leidet an den Nachwirkungen des Magiekollers.“
„Ihr müsst schleunigst verschwinden“, erklärte Nirta. „Das Tribunal ist informiert, dass sie Mijo abholen sollen. Die Dämonen werden bald da sein. Und ich konnte meinen Vater fürs erste davon überzeugen, dass ihr nur auf das Eine aus seid. Für den Augenblick könnten wir einen Vorsprung gewinnen.“
„Und wie kommen wir hier raus?“, fragte Calael.
„Durch einen Spiegel.“ Nirta projizierte einen Spiegel vor ihren nicht wirklichen Körper. „Durch den könnt ihr mit den Seelensteinen gehen. Calael wird euch in mein Zimmer bringen. Andina wartet dort bereits auf uns und wird uns mit einem Trawell zum Weltenportal führen.“ Sie bemerkte wie Mijos Miene noch finsterer wurde und sein Blick zu Jason zurückglitt. Der Abschied zwischen den beiden nahte und das gerade in einem Moment, in dem es Jason nicht besonders gut ging. Mitleid keimte in Nirta auf. Sie hatte Mijo, diesen Großkotz, in den letzten Tagen besser kennengelernt und feststellen müssen, dass sie zu recht für ihn geschwärmt hatte. Und auch wenn er eine große Klappe besaß, so war seine Liebe zu Jason echt und aufrichtig. Es musste unwahrscheinlich hart für ihn sein, diesen netten Erdenjungen aufzugeben.
„Hallo? Ich will nicht ewig als Projektion in diesem Loch herumhängen.“
Calael rührte sich als erster. „Komm, Jason. Lass die blöde Decke los und …“
Jason begann zu schreien. Im Nu war Mijo zwischen ihnen, rupfte Calael die Decke aus der Hand und hängte sie Jason wieder um.
„Nimm ihm niemals – ich wiederhole: Niemals! – seine Decke fort“, sagte er warnend. Abwehrend hob Calael die Hände.
„Bitte. Von mir aus soll er mit ihr glücklich werden.“
Nirta seufzte. Ihr Bruder hatte nicht gerade ein Talent, um brenzlige Situationen zu entschärfen. Calael schien das ebenfalls bemerkt zu haben, denn er fügte hastig hinzu: „Das sollte nicht so klingen, wie es klang. Ich meinte, ich würde euch wünschen, dass ihr zusammenbleiben könnt. Und wenn er an der Decke hängt, soll er sie mitnehmen, falls …“
„Calael, bring uns einfach in Nirtas Zimmer, okay?“ Mijo legte einen Arm um Jasons zitternde Schultern und drückte ihn an sich.
„Okay.“ Calael streckte die Hand aus, die Mijo widerwillig umfasste. Ein paar Sekunden später waren sie verschwunden.
Sie standen in einem mädchenhaft eingerichteten Zimmer voller Pastelltöne, Spitzen und Schnickschnack. Jason sackte wimmernd in die Knie, kugelte sich zusammen und vergrub sich unter seiner Decke.
„Verdammt noch mal!“, fluchte Andina und lüftete eine Ecke, um nach Jason zu sehen. Mijo ließ hastig Calael los, nicht dass der noch auf die Idee kam, er würde mit ihm Händchenhalten spielen wollen. Er ließ sich neben seinem Schnuckel auf die Knie nieder.
„He, Krümel! Tief einatmen, tief ausatmen. Eins, zwei, drei. Eins, zwei, drei. Denk an den Sternenhimmel und an eine warme Dusche in unserem ganz speziellen Badebecken und bloß nicht an Zauberei. Du musst die Magiewogen in deinem Inneren zur Ruhe bringen, sonst …“
Jason kotzte.
Andina legte sich stöhnend die Hand vor Augen und Calael wandte sich mit einem resignierten „Mahlzeit!“ ab.
„Das ist auch eine Form von innerer Ruhe finden?“, fragte Mijo und stützte seinen Liebsten, als der sich krümmte, um den letzten Rest seines Mageninhalts auf Nirtas Bettvorleger zu spucken. Im Nu roch das ganze Zimmer säuerlich.
„Himmel! Ich mache gleich mit“, murmelte Calael mit deutlich grünerem Gesicht als vor fünf Minuten.
„Weichei!“, zischte Mijo.
Mitten in dieses Szenario platzte Nirta hinein, entgeistert blieb sie in der Tür stehen.
„Was ist denn hier los?“, fragte sie entgeistert und trat naserümpfend langsam näher.
„Jason ist es übel geworden. Die viele Magie und nun noch der Weg durch den Spiegel“, erklärte Andina.
„Oh je! Und einmal müssen wir noch einen Spiegel benutzen“, entfuhr es Nirta, während sie den Vorleger mit spitzen Fingern hochnahm, sich damit halb durch einen Handspiegel lehnte und
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