Splitterseelen
gegangen wie einem Zweikampf mit dem Messer. Er war sich stets unsterblich vorgekommen. Bis zu dem Tag, als er verschnürt wie ein FedEx-Paket auf dem Ritualblock lag und sein Schutzengel ihm mit einem genüsslichen Schnitt einer scharfen Klinge beibrachte, wie tödlich Täuschungen sein konnten.
„Hätte mich diese Andina nicht umbringen lassen, wenn ich für sie ein solches Ärgernis darstelle?“, fragte Jason in diesen Moment und riss Mijo damit aus seinen Gedanken.
„Oh, Süßer, sie hat es versucht. Mehrmals. Beinahe wärst du ja auch draufgegangen.“
Verständnislos starrte ihn Jason an.
„Die drei Kerle, die deine Eltern umgebracht haben. Andina hat ihnen eingeflüstert, bei euch einzubrechen.“
Er ignorierte Jasons verzweifeltes Kopfschütteln und fuhr fort: „Der Hund, der plötzlich wild geworden ist und dir an die Kehle wollte. Und andere kleinere Begebenheiten, die du wahrscheinlich nicht einmal wahrgenommen hast, weil Calael sehr aufmerksam über dich gewacht hat. Wie die defekten Bremsschläuche an deiner Karre gestern.“
„Mein Wagen ist nicht angesprungen. Ich musste ihn in die Werkstatt schieben …“ Jason stutzte. „Du willst behaupten, dass Calael dafür gesorgt hat, dass mein Wagen nicht anspringt, weil diese Andina die Bremsen manipuliert hat?“
„Der Kandidat hat zweiundzwanzig Punkte.“
Jason sank in sich zusammen und schlug die Hände vors Gesicht. Mijo beschloss ihm Zeit zu geben, bis er den Schock verdaut hatte.
„Das klingt alles total absurd“, murmelte Jason eine ganze Weile später.
„Du wirst dich mit den Tatsachen anfreunden müssen.“
„Andina will mich schlicht und ergreifend umbringen. Calael will mich opfern und ihr Dämonen wollt was?“
„Ficken!“ Mijo grinste. „Das Tribunal pennt offenbar noch. Uns bleibt also noch ein bisschen Zeit, die es zu vertreiben gilt.“
Mit einem Satz sprang Jason aus dem Bett und hastete zurück in seine Ecke.
„Wenn du mich vergewaltigen willst, nur zu! Hindern kann ich dich wohl kaum. Aber bilde dir nicht ein, ich würde freiwillig meinen Hintern hochhalten. So toll, wie du denkst, siehst du nämlich nicht aus.“
Die letzten Worte hätte Jason sich besser verkniffen, doch es war schon zu spät: Mit gewitterfinsterer Miene kam Mijo auf ihn zugestampft, packte ihn grob an den Handgelenken, zerrte ihn hoch und nagelte ihn hilflos an die Wand.
„Du bevorzugst deinen Calael, hm? Zugegeben, der hat noch schönere Augen als ich. Du solltest allerdings einen Dämon nicht einladen, böse Dinge mit dir zu veranstalten, Liebelein. Er könnte sich versucht sehen, dem Folge zu leisten.“ Jason spürte heißen Atem an seinem Hals. Mijo strich mit Lippen und Zunge über seine Haut, was ihn erschaudern ließ. Die Wärme und Nähe des kraftvollen Körpers, der sich an ihn drängte, erregten ihn, gleichgültig, wie heftig sein Verstand sich dagegen wehrte. Das Herz des Dämons schlug gleichmäßig und ruhig gegen seine Brust, in der sein eigenes Herz panisch flatterte. Mit zusammengepressten Lidern versuchte er, sich dieser unwillkommenen, wenn auch zärtlichen Attacke zu entwinden, ohne Mijo mit seinen Bewegungen noch weiter aufzuheizen.
„Nein!“, flüsterte er keuchend, als der Dämon ihm die Beine auseinanderdrängte. „Nein, ich will ni…“ Er fühlte Schweißperlen über seine Stirn und den Rücken hinabrinnen, als sich eine Zunge in seinen Mund schob und ihm das Wort abschnitt. Jason riss die Augen auf, starrte in die tiefschwarzen Iriden des Dämons, der ihn aufmerksam beobachtete, während er ihm den Kuss aufzwang. Ein überaus erregender Kuss, dennoch stöhnte er vor Angst statt vor Lust.
„Du magst es, Kleiner, das kannst du nicht leugnen“, flüsterte Mijo, als er endlich von ihm abließ. „Jetzt weißt du wenigstens, was du versäumen wirst.“
Jason bebte von Kopf bis Fuß, sobald er frei gegeben wurde und sank langsam die Wand hinab, während der Dämon sich wieder auf das Bett warf. Verdammt, das war alles zu viel! Er war verwirrt, schockiert, verstört und überfordert. Dass die Welt nicht heil und kein Ort wirklich sicher war, wusste er bereits seit zehn Jahren. Damit hatte er zu leben gelernt. Dass hier hingegen … Was Jason über die Realität zu wissen geglaubt hatte, war auf den Kopf gestellt. Sein Engel wollte ihn töten, ein Dämon wollte ihn ficken, er konnte nichts und niemandem mehr trauen. Nicht einmal seinem eigenen Körper, diesem elenden Verräter! Mit einem Laut, der zwischen
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